Krieg - Stell dir vor, er wäre hier

Autor*in
Teller, Janne
ISBN
978-3-446-23689-9
Übersetzer*in
Engeler, Sigrid
Ori. Sprache
Dänisch
Illustrator*in
Jensen, Helle Vibeke
Seitenanzahl
64
Verlag
Hanser
Gattung
Ort
München
Jahr
2011
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
6,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Du kannst dich nicht entziehen. Fordert Janne Teller zunächst noch, dass du dir etwas vorstellen sollst, so schreibt sie später so, als wären es Tatsachen - und sie spricht dich immer an: "… Deine kleine Schwester wurde von Granatsplittern am Kopf verletzt …" Die gesellschaftliche Situation wird verändert: Du bist vor dem Krieg geflohen und lebst in einem fremden Land in einem Lager.

Beurteilungstext

Janne Teller vertauscht nicht einfach existierende Situationen, sie schafft neue. Damit entfällt ein pädagogischer Zeigefinger ("Hilf doch mal den Menschen, die bei uns leben. Stell dir vor, du wärst in ihrer Lage."), und sie kann uns in diese Situation werfen. Die Häuser sind zerstört, Wasserrohre geplatzt, es gibt keinen Strom. Heckenschützen lauern, du hast Angst und Hunger. Du frierst. Deine Mutter wird den nächsten Winter im Keller nicht überleben. Es gibt Andeutungen, wie es dazu kommen konnte, man darf nicht mehr Demokrat sein, eine Gleichschaltungspolizei holt auch Kinder ab und foltert sie offensichtlich.
Es gibt keine Alternative zur Flucht. Aber wohin soll man fliehen, wenn kein Land eine weitere fünfköpfige Familie aufnehmen will? Und woher das Geld nehmen für die Fluchthelfer?
Die Autorin macht deutlich, warum die fremden Länder keine "dekadenten Menschen aus dem Norden aufnehmen" wollen. Jeden dieser Gründe können wir gut verstehen, nachvollziehen. Wir haben ähnliche Vorbehalte gegen die Menschen aus anderem Kulturkreis, die geflohen sind aus ähnlichen Situationen. Hier sind nun "wir" es, die im Norden Afrikas (Ägypten) um Asyl nachsuchen, in einer fremden Welt, in der wir nicht einmal die Sprache sprechen, in einem Lager, in dem man die französischen Flüchtlinge von den Deutschen trennen muss. "‚Ihr sollt eure Feindschaft nicht in unser Land mitbringen', sagen die ägyptischen Lagerangestellten."
Janne Teller moralisiert nicht. Sie zwingt uns hinein in eine andere Tatsachen-Welt. Sie benutzt dazu eine eindringliche Sprache, verzichtet weitgehend auf Fremdwörter, spricht immer wieder den Leser direkt an. Der Druck ist sehr leserfreundlich und kommt auch ansonsten lesefaulen Kindern und Jugendlichen entgegen.

Die Illustrationen sind innovativ. Helle Vibeke Jensen arbeitet mit Rapporten, benutzt mehrfach das Symbol für ein Zielfernrohr: "Wir haben dich im Fadenkreuz! Du wirst uns nicht entkommen!" scheint es zu sagen. Hier die angeordneten Maschinenpistolen, dort die grauen Menschen inmitten von großen Sandwich-Türmen, dann Mensch mit Rucksack (etwas Kleidung zum Wechseln, eine Lieblingssache) angeordnet zu Reisepässen - die Anordnung der Wiederholungen, die einige Male vor leicht unscharfen Hintergrundbildern gesetzt sind, zeigen, was sich immer und immer wieder im Kopf abspielt.

Ein ganz ungewöhnliches Format des Buchs, denn es ist in der Größe wie der Farbe nach dem Reisepass nachempfunden. Damit musst du nun ausreisen, wenn es denn - was wir alle nicht hoffen - einmal so weit sein sollte.

Ein ganz wichtiges Buch ist Janne Teller wieder gelungen mit der Behandlung eines Themas, das - mit der veränderten Perspektive - unser eigenes Verhalten nachhaltig verändern kann, wird. Und es ist eins der ganz wenigen, dass wirklich für jedes Alter geeignet ist.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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