Krieg - Stell dir vor, er wäre hier

Autor*in
Teller, Janne
ISBN
978-3-423-62557-9
Übersetzer*in
Engeler, Sigrid C.
Ori. Sprache
Dänischen
Illustrator*in
Jensen, Helle Vibeke
Seitenanzahl
57
Verlag
dtv
Gattung
Ort
München
Jahr
2013
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
5,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Nach dem (fiktiven) Zusammenbruch der westlichen Gesellschaft in Deutschland, in dem nun Krieg herrscht, befindet sich deine Familie in einer verzweifelten Situation: Der Vater konnte gerade noch nach Ägypten flüchten, wo es eine wohlgeordnete und sichere muslimisch geprägte Gesellschaft gibt, die aber Flüchtlinge nicht gerne aufnimmt. Nach langem Kampf gelingt es euch, auch nach Ägypten zu flüchten - ihr kommt dort einigermaßen zurecht, aber ist es wirklich eure Heimat geworden?

Beurteilungstext

Janne Teller hat diesen Text bereits vor über 12 Jahren in Dänemark als Essay veröffentlicht, als in den öffentlichen Debatten verstärkt rassistische Haltungen deutlich wurden und auch entsprechende Übergriffe zunahmen. 2004 (in Dänemark) und 2011 wurde er dann mit den interessanten, kongenial stimmigen Illustrationen von Helle Vibeke Jensen und in der Gestaltung eines Reisepasses herausgegeben. Diese Gestaltung fehlt der 2013 erschienenen Taschenbuchausgabe, was diese aber für die Schullektüre mit 5 € günstiger macht. Jensens Illustrationen sind kleine Kunstwerke, in denen fotorealistische Hintergrundbilder mit aquarellartigen Zeichnungen und arabischen Schriftzeichen in Montagetechnik ineinander ""gewebt"" scheinen.
Teller hat selbst einen sog. ""Migrationshintergrund"" - sie stammt aus einer österreichisch-deutschen Flüchtlingsfamilie. Auch auf diesem Hintergrund wird ihr Anliegen nachvollziehbar: Sie schrieb den Text, weil sich die meisten Dänen (und ich würde hinzufügen auch die Deutschen und andere Westeuropäer) nicht in die Perspektive eines Menschen hineinversetzen können, der von einem Tag auf den anderen seine Heimat verlassen muss, weil er in dieser nicht mehr leben kann: Sei es weil durch Krieg oder Bürgerkrieg ein normales Leben unmöglich geworden ist, sei es, weil die Ernten zerstört sind und man schlicht hungern muss oder sei es, weil die Familie aus ethnischen oder politischen Gründen verfolgt und vom Tod bedroht ist. Der Text soll eine ""Einladung an die Vorstellungskraft"" der Westeuropäer sein (Nachwort v. J. Teller, S. 54/55).
Es ist ein politischer Text. Denn auch wenn es um die Imagination des Lesers geht und es natürlich ein fiktives Szenario ist, das unter den gegebenen internationalen politisch-ökonomischen Kräfteverhältnisse unrealistisch anmutet, wird der Leser doch durch Tellers Schreibkunst zu einer Positionierung, wenn schon nicht gezwungen, so doch geführt. Es beginnt schon mit der Eingangsfrage, der man sich nicht entziehen kann: ""Wenn bei uns Krieg wäre, wohin würdest du gehen?"" Weiter geht es in der Ich-Perspektive eines Jungen, der vom Leben in Ruinen berichtet, von der kranken Mutter, dem verschwundenen großen Bruder und den verletzten Geschwistern. Der Vater hat das Land verlassen und Aufnahme in einem sicheren Land gefunden, aber die Familie kann nicht nachkommen. Als sie schließlich nach langer Zeit in Lagern doch Aufnahme in diesem fremden Land finden, leben sie dort am Rande der Illegalität und unter sehr ärmlichen Bedingungen als Kuchenbäcker. Der Text schließt mit der offenen Frage danach, was eigentlich Heimat bzw. Fremde ist.
Der Perspektivwechsel ist gelungen und trägt die Geschichte.
Ich wünsche diesem schmalen Büchlein viele Leserinnen und Leser und empfehle ihn für den Politik- sowie den Deutschunterricht. Er bietet vielfältige Gesprächsanlässe zu politischen Themen wie Flüchtlinge in Europa, Krieg und Verfolgung, Asylpolitik, aber auch zu prinzipiellen Überlegungen wie Fremdheit, Heimat, Religion usw.


Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ASR.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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