In der Tiefe des Meeres

Autor*in
Thor, Annika
ISBN
978-3-551-35264-4
Übersetzer*in
Kutsch, Angelika
Ori. Sprache
Schwedisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
204
Verlag
Carlsen
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2003
Lesealter
14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
6,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Steffi und Nelli leben schon einige Jahre bei ihren Pflegefamilien in Schweden. Während Steffi nun in der Stadt in die Oberschule geht, bleibt Nelli auf der Insel zurück. Steffi kämpft um ihren Schulplatz, das Stipendium und eine gute Ausbildung. Als dann die ersehnte Postkarte mit den erlaubten 30 Wörtern vom Vater aus dem Konzentrationslager Theresienstadt kommt, bringt sie eine schreckliche Nachricht: Ihre Mutter ist an Typhus im Lager gestorben. Kurz danach die Nachricht, dass ihr Vater “abgereist” sei - was nichts Gutes bedeuten kann. Obwohl sich die Pflegeeltern liebevoll um die Mädchen kümmern, wird ihnen bewusst, dass nichts mehr so werden wird wie früher ...

Beurteilungstext

“In der Tiefe des Meeres” ist der dritte Band von insgesamt vier, in denen die Geschichte der beiden Schwestern Nelli und Steffi erzählt wird. Sie sind in Wien in einer großbürgerlichen, intellektuellen jüdischen Familie aufgewachsen. Als die Nazis Österreich annektieren und der Antisemitismus zur staatstragenden Ideologie geworden ist, schicken ihre Eltern sie zu Pflegefamilien nach Schweden. Dort werden sie in christlichen Familien auf einer kleinen Insel untergebracht, die sie zwar liebevoll aufnehmen und versuchen sie zu integrieren, aber trotzdem leiden die beiden sehr unter dieser Trennung von den Eltern und der zunehmenden Sorge um sie.
Mittlerweile ist das Jahr 1943 angebrochen, der Krieg ist bereits im 4 Jahr und auch in diesen Teil der Welt dringt er vor: Fischerboote laufen auf Minen auf und die Menschen trauern um die tote Besatzung. Man hört die Nachrichten von der Niederlage der Deutschen bei Stalingrad und macht sich über sie lustig.
Steffi ist mittlerweile Gymnasiastin in Göteborg, während Nelli auf der Insel zurückgeblieben ist. Die sensible Steffi macht in der Stadt nicht nur ihre ersten negativen Erfahrungen mit jungen Männern, sondern gerät auch in eine tiefe Unsicherheit ob ihr Übertritt zur Pfingstkirche und deren strengen Glaubenssätzen wirklich ihrer Überzeugung entspricht. Neben den zunehmenden Sorgen um die Eltern - die mittlerweile im Konzentrationslager Theresienstadt sind - leidet sie auch unter der Entfremdung von Nelli, deren scheinbar unbekümmertes Verhalten, ihr scheinbares Desinteresse am Schicksal der Eltern und ihr nachlässige Haltung schulischen Dingen gegenüber sie sehr stört. Durch die Bekanntschaft mit einigen Mädchen ihres Alters, die ebenfalls aus den von den Nazis besetzten Gebieten von ihren Eltern nach Schweden gebracht wurden, wird sie erneut in Konflikte mit ihrer Identität gestürzt - denn von diesen wird sie als “Verräterin” an ihrem jüdischen Glauben angesehen. Trotz all dieser Konflikte und Sorgen, weiß sie sich aber auch getragen von der Liebe ihrer Pflegeeltern und ihrer leiblichen Eltern. Diesen gegenüber empfindet sie nicht nur Sorge und Liebe, sondern auch Schuldgefühle. Sie ist ja mittlerweile kein Kind mehr und denkt, dass sie mehr hätte tun müssen, z.B. versuchen, dass sie auch nach Schweden ausreisen können. Diese schweren Schuldgefühle und die Sorge um ihr Leben bestimmen, trotz der vielen kleinen Freuden, ihren Alltag. Als dann die Nachricht vom Tod der Mutter in Theresienstadt kommt, stürzt Steffi in einen Abgrund aus Schmerz, Trauer und Verzweiflung. Jetzt zeigt sich aber auch, dass ihre Pflegemutter sie wirklich liebt und ihr etwas Trost geben kann. Als auch von ihrem Vater keine Nachricht mehr ankommt, weiß Steffi, dass sie nie mehr eine Familie werden können, dass sie nun selbst sehen muss, wohin ihr Weg sie führen wird. Sie ist erwachsen geworden. Der Tod der Mutter und das Verschwinden des Vaters bringt die beiden Schwestern auch wieder näher zusammen und sie wissen, dass sie füreinander da sein müssen.
A. Thor erzählt diese Geschichte sehr einfühlsam, mit einem feinen Gespür für die Gedankenwelt und die Gefühle ihrer Protagonistin. Das Zurechtkommenmüssen in einer völlig fremden Welt, einer fremden Sprache, fremden Religion ist eine schwere Aufgabe für dieses Kind, diese Jugendliche. Vor allem überzeugt die Darstellung der sehr komplizierten und erst sehr langsam sich entwickelnden Beziehung Steffis (Tochter einer Opernsängerin) zu ihrer Pflegemutter, der einfachen Frau eines Fischers, die ihre tiefe Traurigkeit über den Tod ihres einzigen Kindes nur durch den festen Glauben an den christlichen Gott überwinden konnte.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ASR.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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