In der Tiefe des Meeres

Schlagwörter

• Nationalsozialismus

Teaser

Die Schwestern Steffi und Nelli wurden vor Beginn des Krieges von ihren Eltern nach Schweden geschickt, wo sie in zwei Pflegefamilien Aufnahme gefunden haben. Die Eltern sind kurz danach auf Grund ihres Judentums im KZ Theresienstadt interniert worden; der Kontakt der Eltern zu ihren Kindern ist auf unregelmäßige 30- Worte- Postkarten beschränkt. Das Buch schildert, wie Steffi unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen versucht ihren Lebensweg zu gehen.

Beurteilungstext

Annika Thor hat mit dem Buch " In der Tiefe des Meeres" ein ergreifendes Stück Biografie des jüdischen Mädchens Steffi vorgelegt. In lebendiger Weise taucht der Leser in das Leben des Mädchens ein, das von vielerlei schwierigen Schicksalsbedingungen geprägt ist, in dessen Rahmen aber auch schöne und gute Erfahrungen möglich werden. So die zwei gänzlich verschiedenen Freundschaften zu Maj, der Tochter der Familie, in der Steffi lebt und zu Vera, einem Mädchen aus einfachen und schwierigen Verhältnissen, das bereits in einem Haushalt in der Stadt arbeitet. Während die Beziehung zu der Klassenkameradin Maj eine echte und tiefgehende Mädchenfreundschaft ist und deren Schilderung für heutige LeserInnen meines Erachtens von Bedeutung ist in Hinblick darauf, welche Tiefe von Beziehung möglich ist, stellt die Freundschaft zu Vera die Beziehung zu einem Mädchen dar, das auf Grund seiner Herkunft gelernt hat bald sein Leben in die Hand zu nehmen und deswegen Steffi gegenüber schon andere Dinge wie Ausgehen, Tanzen und Jungen im Auge hat. Es wird von A. Thor überzeugend geschildert, wie Steffi sich schon auf die mit Veras Umgang verbundenen Verlockungen einlässt, aber eben doch die ihrem Wesen gemäßen Grenzen z.B. im Umgang mit Jungen wahrt. Eindrucksvoll auch, wie Steffi Verständnis für Vera entwickelt, als diese schwanger geworden sich mit einem Jungen einlässt, um einen Vater für ihr Kind zu haben, und zwar trotz dessen, dass sie dies nicht gut heißen kann, aber eben erkennt, dass es für Vera so richtig und wohl der einzige Weg ist. Auch wichtig und gut für heutige LeserInnen ist das positive Beispiel der Lehrerin von Steffi, die so recht eine Lehrerin ist, wie man sie seinen Kindern wünscht, indem sie Steffi weit über ihre Lehrertätigkeit hinaus fördert, ihr eine erwachsene Freundin ist. Sehr lebensvoll und feinfühlig werden von Annika Thor alle Personen gezeichnet, so dass im LeserIn sogleich ein Bild des Wesens der geschilderten Menschen entsteht. Was wiederum Voraussetzung ist dafür ist, den Konflikt Steffis authentisch zu schildern, als diese Tante Märta, ihrer Pflegemutter sagen muss, dass sie wieder aus der Pfingstgemeinde austreten wird, der auch Tante Märta angehört und in die Steffi zu schnell eingetreten war. Das dies für Steffi ein schwer zu vollziehender, aber dennoch wichtiger Schritt ist, das erlebt man mit. Alles in allem stellt das Buch ein Stück Lebensweg des Mädchens Steffi dar, ein stetes Suchen nach dem eigenen Weg. Dass dies auch mit Schwerem und Schmerzlichem für sich und die andern verbunden ist, zeigt dieses Buch auf eindrucksvolle Weise und macht es wertvoll für heutige LeserInnnen. Was die übersetzerische Leistung anbelangt, ist mir nirgends eine Holprigkeit oder unadäquate Formulierung aufgefallen, die den Leser aus der Erzählung hätte herausfallen lassen. Mithin ist sie auch gelungen.