Ich war ein Glückskind

Autor*in
Charles, Marion
ISBN
978-3-570-40222-1
Übersetzer*in
Braun, Anne
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
222
Verlag
Gattung
Ort
München
Jahr
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
9,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Als 11-Jährige wird Marion Czarlinski 1939 mit einem Kindertransport nach Großbritannien gebracht und überlebt so den Holocaust. Anhand von Briefen und Tagebuchaufzeichnungen erzählt sie ihre Geschichte.

Beurteilungstext

Marion stammt aus einer wohlhabenden Berliner Unternehmerfamilie und wächst als behütetes Einzelkind auf. Ihr Vater hat im Ersten Weltkrieg gekämpft und ist Träger des Eisernen Kreuzes. Die Familie praktiziert den jüdischen Glauben nicht, stellt jedes Jahr einen Weihnachtsbaum auf und glaubt nicht, dass sie von der Verfolgung durch die Nazis betroffen sein wird. Erst nachdem Firma und Haus enteignet werden, bemühen sich die Eltern 1939 um Ausreise. Doch sie finden kein Land, das bereit ist, die Familie aufzunehmen. Nur Marion können sie retten, indem sie das 11-jährige Mädchen allein nach Großbritannien schicken, in das Land, gegen das der Vater wenige Jahre zuvor als Soldat gekämpft hat. Marion lebt dort in verschiedenen Gastfamilien, ist eine sehr gute Schülerin und heiratet 1945 einen anderen Flüchtling.

Marion Charles’ Buch setzt sich aus drei Textarten zusammen: Aus ihren Tagebucheintragungen von 1937 bis 1945, aus dem Briefverkehr zwischen ihr und ihren Eltern aus dieser Zeit und aus ihren aktuellen Kommentaren zu diesen Texten. Die Leser lernen eine tapfere Marion kennen, die von ihren Eltern eingeschärft bekommen hat, die Zeit in Großbritannien als Chance zu sehen - und Marion nutzt ihre Chance. Sie lebt und sie kümmert sich um ihre Bildung. Doch menschlich steht Marion allein da. Keine ihrer Gastfamilien bringt ihr menschliche Wärme entgegen, eine ihrer Gastmütter ist sogar Antisemitin. Marion vertraut ihre Erlebnisse ihrem Tagebuch an. Ihren Eltern dagegen schreibt sie fröhliche Briefe, in denen sie von einem schönen neuen Leben erzählt. Die Briefe von den Eltern sind ganz ähnlicher Machart. Es gehe allen gut und Marion solle sich keine Sorgen machen. In Wirklichkeit werden etliche von Marions Freunden und Angehörigen verschleppt und ermordet, ihr Vater stirbt, und die Mutter überlebt nur, weil eine Freundin sie unter falschem Namen versteckt.

Marion Charles’ Zeitzeugenbericht hat einen ganz besonderen Charakter. Marion ist ein Opfer. Nicht nur in Deutschland, wo ihr Leben bedroht ist. Auch in Großbritannien ist sie hilflos ausgeliefert. Sie hat kein Geld, andere treffen Entscheidungen für sie - und nicht immer in ihrem Interesse. Als Leser hat man unweigerlich Mitleid mit diesem Kind. Doch Marion will sich nicht als Opfer sehen; das unterstreicht sie auch mit dem fast schon provokanten Titel des Buches. Sie weiß, dass es anderen viel schlechter ergangen ist. Sie betont die positiven Seiten ihres neuen Lebens. Selbst in ihrem Tagebuch äußert sie nur sehr zurückhaltend Kritik. Doch es ist noch etwas anderes, was auffällt: Marion äußert nicht nur kaum Kritik, sie zeigt auch kaum Gefühle. Nach außen nicht, weil sie dort auf Unverständnis trifft, aber auch nicht in ihrem Tagebuch, und letzten Endes auch nicht in ihren Kommentaren.

Marion Charles’ Texte sind gut verständlich und leicht zu lesen. Bisweilen zweifelt man ein bisschen, dass insbesondere die frühen Tagebucheintragungen in ihrer originalen Form verwendet worden sind. Auch für ein Kind, das gerne schreibt, sind 10 wohl formulierte Buchseiten, am 10. Geburtstag geschrieben, ziemlich viel. Die drei Texttypen sind durch Überschriften und verschiedene Schriftarten deutlich von einander abgegrenzt. Illustriert ist das Buch mit einigen Familienfotos der Autorin.

“Ich war ein Glückskind” ist ein sehr aufschlussreicher Zeitzeugenbericht und ein sehr empfehlenswertes Buch.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Spra.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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