Heldenspiel

Autor*in
Anand, Paro
ISBN
978-3-596-85354-0
Übersetzer*in
Ohnemus, Günter
Ori. Sprache
Indisches Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
220
Verlag
FISCHER Schatzinsel
Gattung
Ort
Frankfurt
Jahr
2009
Lesealter
16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,95 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der Roman spielt in der Region um Kaschmir, das an der Grenze zwischen Indien und Pakistan liegt und deshalb von beiden Staaten beansprucht und umkämpft wird. Der ca. 14jährige Aftab hat sich Akram, dem Führer einer Terrororganisation, die Kaschmir gewaltsam gegen die indische Armee verteidigt, angeschlossen, und fühlt seither, wie es ist, gebraucht zu werden, ein Ziel zu haben und tapfer für die Freiheit seines Landes und die Verwirklichung seiner “Sache” einzustehen.

Beurteilungstext

“Kann ein Terrorist unschuldig sein?” - Dies ist die Frage, die der Rücken des Buches aufwirft und der im Roman nachgegangen werden soll.
Ein personaler Erzähler versetzt sich jeweils in die verschiedenen Figuren: Aftab ist die Hauptfigur: Ein Jugendlicher, der nach Sinn in seinem Leben sucht und Anerkennung finden will. Sein großes Vorbild ist Akram, der Anführer einer kleinen Terrororganisation, der genau weiß, wie Jugendliche wie Aftab gewonnen werden können. Für Akram würde Aftab alles tun: Aftab steht völlig hinter der “Sache”, die Akram vertritt und für die er mit seinem Leben eintritt; für die er alle bisherigen Werte und seine Freunde aufgibt. Die Autorin gibt eindrucksvolle Einblicke in die Psyche eines orientierungslosen Jugendlichen, der plötzlich Halt gefunden hat und der, obwohl ihn starke Zweifel plagen, bis zum Äußersten geht.
Auch die Gedankengänge Akrams und die von Aftabs Schwester, die(wie Aftab völlig überrascht herausfindet) ebenfalls mit Akram verbündet ist und sich sogar als seine Frau betrachtet, werden dargestellt.
Ebenso die von Major Ramneeq, der der indischen Polizei angehört und der - damit beauftragt, den Terror in seiner Region zu stoppen - Akram und seine Verbündeten jagt. Ihm zu Hilfe möchte Aftabs ehemals bester Freund Angad eilen, der die Veränderungen seines Freundes und verdächtige Verhaltensweisen bemerkt hat und Aftab mehrmals eindringlich dazu überreden will, sein Leben wieder in normale Bahnen zu lenken. Irgendwann jedoch wird das Misstrauen Angads zu groß und er muss dafür bezahlen.
Häufige Andeutungen auf spätere schlimme Ereignisse geben der Erzählung eine Spannung, die es dem Leser schwer macht, das Buch aus der Hand zu legen.

Einerseits behandelt dieses Buch eine außergewöhnliche Thematik, die gerade in der heutigen Zeit sehr aktuell ist: Wie werden ganz normale junge Menschen aus gutem Hause zu Terroristen? Warum tun Menschen so etwas? Sie beschreibt eindrucksvoll die Psyche solcher Personen und lässt den Leser dadurch teilweise Verständnis für Aftab und seine Kameraden entwickeln. Andererseits möchte man als Leser gerade dieses Verständnis nicht aufbringen: Selbst der Terrorchef Akram wird in dem Roman zu einem traumatisierten Verfolgten, der schon als Kind selbst zum Opfer wurde.
Insgesamt ist der Roman sehr psychologisch; von den politischen Hintergründen erfährt der Leser bis auf ein Nachwort, das man besser vor der Lektüre lesen sollte, nicht viel. Die Lebenswelt des Buches ist ein starker Kontrast zum friedlichen, antiautoritären, demokratischen Deutschland. Dadurch wird die Geschichte auch zur Warnung vor dem Terrorismus: So artikuliert Aftabs Schwester, die am Schluss Akrams Baby in den Armen hält, den Originaltitel des Buches: “No guns at my son’s funeral” und meint damit, dass sie alles dafür tun wird, damit ihr eigener Sohn niemals in die Fußstapfen seines Vaters treten wird. Alles, was sie sich wünscht, ist Frieden.
Andererseits birgt der Roman jedoch, gerade durch die personale Darstellungsweise, die den Leser mit allen Figuren, und v.a. mit den kämpfenden, mitfühlen lässt, die Gefahr, dass Terroristen zu “harmlos” und “bemitleidenswert” dargestellt werden. Gerade Jugendliche, die noch auf der Suche nach dem richtigen Weg sind, könnten - obwohl der Weg sich im Roman nicht als der richtige herausstellt - davon geblendet werden. Für eine Schullektüre ist das Buch deshalb nicht unbedingt geeignet; es sei denn, der Lehrer hat eine sehr reife Klasse vor sich, die sich erstens von der gewaltsamen Realität des Buches nicht erschrecken lässt, und die sich zweitens nicht völlig mit den Figuren identifiziert, sondern Reflexionsvermögen besitzt und Distanz herstellen kann.

Der Roman ist deshalb erst für Jugendliche ab 16 Jahren geeignet und ist insgesamt, trotz guter Sprache und Übersetzung, trotz mutiger Thematik und hohem Niveau, insgesamt nur für Jugendliche mit den oben genannten Eigenschaften geeignet - und damit nur bedingt empfehlenswert.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von CJB.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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