Harte Schale, Weichtierkern

Autor*in
Travnicek, Cornelia
ISBN
978-3-407-75645-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Szyszka, Michael
Seitenanzahl
126
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Weinheim
Jahr
2022
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüre
Preis
15,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der Jugendroman von Cornelia Travnicek erzählt vom Leben und Zurechtfinden der 16-jährigen Fabienne: Frisch getrennt und mit Diagnose Asperger.

Beurteilungstext

In Cornelia Travniceks Jugendroman wird das Leben der 16-jährigen Fabienne geschildert: Als Einzelgängerin, frisch getrennt von ihrem Freund Marco, glaubt sie nun mehr wirklich allein und ohne Freunde in der Welt zu sein. Alltäglicher Kontakt und Interaktionen mit anderen Menschen fallen ihr schwer – etwas, was sie selbst beunruhigt und ihr auffällt. Ihre Mutter glaubt daran nicht und denkt, dass sie übertreibe. Fabienne entscheidet sich aber schließlich zum Psychiater zu gehen und erhält die Diagnose: Asperger.
Travnicek schildert in ihrem Tagebuchroman die Zeit bis zur Asperger-Diagnose aus der Innenperspektive von Fabienne. Der Psychotherapeut, zu dem Fabienne geht, rät ihr unter anderem dazu Tagebuch zu schreiben. Er gibt ihr unterschiedliche Aufgaben, die sie verschriftlicht. Diese geben den Lesenden damit immer mehr Einblick in ihre Persönlichkeit und damit letztendlich auch in das Krankheitsbild des Asperger-Syndroms. Fabienne hasst eigentlich das Tagebuchschreiben, verschriftet dann allerdings mehr und mehr Momente ihres Alltages und für sie bedeutsame Momente. Durch die Form des Tagebuchromans entsteht so nach und nach ein vielfältiger und multimodaler Roman: Angefangen von klassischen Tagebucheinträgen über Listen, Mind-Maps, Briefe hinzu kreativen und künstlerischen Auseinandersetzung, beispielsweise mit dem stets wiederkehrenden Oktopus – das Tier, mit dem sich Fabienne immer wieder vergleicht. Die Kritzeleien, die selbst künstlerisch eingesetzt werden, reichen von grafischen Zeichnungen über Aquarellmalereien, die wiederrum wieder an den Oktopus erinnern, bis hin zu siebdruckähnlichen Bildern. Von der Einnahme einer kompletten Doppelseite bis zu kleinen Bebilderungen haben sie eine unterschiedliche Größe, unterstreichen damit aber sehr gut den persönlichen und intimen Charakter eines Tagebuchs. Die Farben spielen dabei nicht nur in den Illustrationen, sondern auch im Text eine Rolle. Während in den Bildern lila, pinke, rote, hellgelbe und blaue Töne dominieren, werden im Text Farben dazu genutzt, um die direkte Rede unterschiedlicher Personen im Buch darzustellen. So dient das rot beispielsweise der Darstellung von Fabiennes Mutter, die mit der Asperger-Diagnose ihrer Tochter stark zu kämpfen hat. Der Oktopus, das sowohl scheue aber neugierige Tier, mit dem sich Fabienne immer wieder vergleicht, ist ein immer wiederkehrendes Motiv im Buch. So entdeckt sie im weiteren Verlauf, dass es auch kontaktfreudige Genossen unter den Oktopussen gibt. Gegen Ende des Romans gelingt es Fabienne - zum Teil durch eine Form der Selbstironie - sich selbst in gewisser Weise anzunehmen.
Insgesamt überzeugt der Roman von Travnicek vor allem durch seine Multimodalität, durch die Mischung von Text und künstlerischen Bildern sowie durch die Sprache, die tatsächlich einer Jugendlichen zu geschrieben werden kann und daher nicht künstlich wirkt. Diese Gestaltung und die Thematik machen den Roman allerdings auch zu einer komplexen und fordernden Lektüre für die Zielgruppe von etwa 14 bis 17 Jahren. Er fordert Jugendliche heraus, zunächst Interesse am Asperger-Syndrom und schließlich einen Perspektivwechsel zu vollziehen sowie Empathie zu entwickeln. Gleichzeitig kann der Roman genau diese Kompetenz bei Lesenden fördern und ist damit vor allem für das private Lesevergnügen dieser Zielgruppe zu empfehlen.



Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von juso; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 31.03.2023

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