Hannah Gold - Zeit der Engel

Autor*in
Hesse, Karen
ISBN
978-3-7725-1479-1
Übersetzer*in
Riekert, Eva
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
274
Verlag
Freies Geistesleben
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2002
Lesealter
12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die 14jährige Hannah lebt mit ihren jüngeren Schwestern und ihrer Tante im Bostoner Westend. Als die Grippeepedemie die Stadt erfasst, erkrankt sie auch, gerät in der Ferne in eine fremde Welt und lernt die Welt neu zu sehen.

Beurteilungstext

Drei Monate im Herbst 1918 verändern Hannahs Leben, das bis dahin zwar nicht immer einfach war, aber doch in wohlgeordneten Bahnen verlief. Seit ihre Eltern im fernen Europa in den kriegerischen Auseinandersetzungen feststecken, lebt sie mit ihren beiden jüngeren Schwestern Eve und Libbie bei ihrer Tante Rosa im armen jüdischen Viertel im Bostoner Westend. Tante Rosa arbeitet in der Fabrik und auch Hannah muss zum Lebensunterhalt beitragen, indem sie Zeitungen verkauft. Trotz dem einfachen, schlichten Leben fühlt sie sich im Viertel wohl, sie kennt jeden und jede Ecke. Sie ist ein sensibles und kluges Mädchen, das gerne zeichnet und über vieles nachdenkt. Sie glaubt auch Engel zu sehen, die über der Stadt schweben.
Mit ihnen zusammen lebt noch eine Freundin von Tante Rosa, Vashti, eine jüdische Heilkundige, vor der sich Hannah wegen ihrer kühlen, pragmatischen und abweisenden Haltung etwas fürchtet.
Im September 1918 bricht in Boston eine Grippeepedemie aus, von der auch Hannahs nähere Umgebung nicht verschont bleibt. Der Vater ihres Freundes Harry stirbt, viele kleine Kinder sterben und schließlich sogar Tante Rosa. Vashti schickt Hannah aufs Land, damit sie ihr nicht im Weg ist und verspricht die kleinen Schwestern zu beschützen und zu retten. Schweren Herzens macht Hannah sich auf und schon im Zug erkrankt sie ebenfalls heftig an Grippe. Nach einer scheinbar endlosen Zeit erwacht sie aus ihren Fieberträumen, umsorgt von freundlichen Schwestern, auf einem Krankenlager irgendwo weit weg von Boston und ohne Stimme. Sie erinnert sich an die Begegenung mit einem Mädchen mit schwarzem Haar, veilchenblauen Augen und barfuß am Fluss und im Zug - vielleicht einer der Engel, die sie sonst gezeichnet hat?
Da taucht der freundliche alte Onkel Klaus auf, dessen Medizin ‘Apfelessig’ Hannah auf dem Weg zur Genesung sehr gut hilft. Er ist Deutscher und Kriegsgegener, was Hannah irritiert - hatte sie bisher doch nur gehört, dass die Deutschen die Bösen und die Feinde sind. Er ist es auch, der Hannah dann bei sich aufnimmt, als ihr Bett für dringendere Fälle gebraucht wird. Körperlich noch sehr geschwächt und seelisch voller Qualen wegen der Ungewissheit, was mit ihren Schwestern und den Eltern ist, kommt sie auf Klaus Gerhards Farm, der dort allein mit seinen Tieren lebt, seit seine Mutter, “die Chefin” gestorben ist. Hannah traut sich zunächst kaum etwas zu essen, denn sie befürchtet es sei nicht koscher. Sie weiß auch nicht, wie er zu ihrem jüdischen Glauben steht, sie hat so allerlei Negatives gehört. Aber Klaus Gerhard schafft es mit seiner zurückhaltenden, freundlichen Fürsorglichkeit Hannahs Vertrauen zu gewinnen und ihr auf dem Weg zur völligen Gesundung die entscheidenden Anstöße zu geben - sie lernt ihre Stimme wieder zu benutzen! Und sie lernt bei ihm auch, hinter die Fassade der Menschen und der vorgefertigten Meinungen und Vorurteile zu schauen. Sie beginnt sich bei ihm behütet und sicher zu fühlen, aber gleichzeitig vergeht sie vor Sehnsucht nach ihrer Familie. Das schwarzhaarige Mädchen und die Engel sind ihr hier auch so nah wie zu Hause in Boston, vielleicht sogar noch näher... Aber sie will und muss nach Boston aufbrechen, dorthin gehört sie, da ist ihr Zuhause. Dort findet sie zunächst weder ihre Schwestern, noch Harry oder die anderen vertrauten Familien, sondern nur Ovadiah, der durch den Tod seiner Familie wahnsinnig geworden ist. Sie kümmert sich trotz ihrer alten Abneigung um ihn und findet so auch zu sich selbst und ihrem eigenen inneren Reichtum. Ihre Schwestern sind wohlbehalten, Harry lebt und liebt sie, ihre Eltern werden nun endlich am Ende dieses Krieges zurückkehren und sie ist verbunden mit Klaus, der eine Zeichnung von sich, Hannah und dem Mädchen mit den veilchenblauen Augen angefertigt und dazu geschrieben hat: “Sie hält die Flügel schützend über beide; Einen über dich und einen über mich. So sind wir uns nah.” (S. 267)
Dieser ebenso spannende wie berührende Roman bringt Jugendlichen eine Welt nahe, die scheinbar historisch und geografisch fern ist. Aber in der Person der Hannah, ihrer freundlichen Nachdenklichkeit, ihrer besonderen Empfindsamkeit und ihrer Fähigkeit, Dinge zu sehen, die nicht alle sehen können, trifft die Autorin die Fragen unserer Zeit und die Welt junger Mädchen und Frauen heute sehr genau. Brauchen wir nicht auch heute solche Engelserfahrungen?
Sehr empfehlenswert.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ASR.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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