Grüner wird's nicht. Der Sommer in dem ich die Welt rettete

Autor*in
Sutcliffe, William
ISBN
978-3-8458-5006-1
Übersetzer*in
Flegler, Leena
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
320
Verlag
arsEdition
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2023
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüre
Preis
15,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

„Nicht noch so ein Weltretterbuch über Klimaaktivist*innen“, könnte man denken, wenn man den Untertitel liest. Das Buch macht zwar Klimaaktivismus zum Thema, zeigt aber auch ganz andere Facetten etwa über kleinbürgerliche Denkweisen und die Notwendigkeiten von Protestbewegungen auf, die den Büchermarkt gut ergänzen.

Beurteilungstext

„Grüner wird’s nicht.“ – ein Spruch, der eher mit genervten Autofahrer*innen in Verbindung gebracht wird, wird hier neu kontextualisiert, denn Grün ist gleichzeitig auch die Farbe von vielen Umwelt- und Protestbewegungen, die sich für den Natur- und Klimaschutz einsetzen. Genau solche Aktivist*innen haben sich im Abrisshaus gegenüber dem Haus von Lukes Familie eingenistet, von den Anwohner*innen der Straße kritisch beäugt. Einerseits ist ihnen die Lebensweise in einer Kommune fremd und weit weg von den Idealen einer kleinbürgerlichen Familie, andererseits wollen die Aktivist*innen, genau wie die anderen Anwohner*innen gegen den Abriss des Hauses demonstrieren, weil dieses einer neuen Landebahn für den anliegenden Flughafen weichen soll. Es liegt also eine äußerst ambivalente Situation vor, die sich zuspitzt, als Rose, die große Schwester des 13-jährigen Ich-Erzählers Luke, in eben jene Kommune zieht, um sich dem Klimaschutz zu widmen. Doch auch ihren Vater scheinen die Vorstellungen der Kommune zu faszinieren, bis schließlich auch er dort einzieht. Gemeinsam wird ein Plan geschmiedet, wie man das Haus vor den Abrissfahrzeugen schützen kann. Unter anderem wird ein Baumhaus errichtet, das schlussendlich mit Luke und Sky die entscheidende Aufmerksamkeit bringt, um etwas in der Welt zu verändern.
Der englische Autor William Sutcliffe, der unter anderem mit seinem Jugendroman „Auf der richtigen Seite“ in Deutschland viel Aufmerksamkeit erfahren hat, spannt einen großen (politischen) Bogen und macht an einem Beispiel das (idealisierte) Zusammenspiel von Kleinbürger*innen, die gern ihre Straße erhalten wollen, und Klimaaktivist*innen konkret. Dabei erzählt er aus der Perspektive von Luke, der sich selbst wohl nicht als Klimaktivist bezeichnen würde. Dieser ist mehr oder weniger so in die Sache „reingerutscht“ und hat gemeinsam mit Sky, einem Mädchen aus der Kommune, einen wichtigen Posten auf dem Baumhaus. Luke scheint am Anfang des Buches teilnahmslos und ohne wirkliche Interessen, entwickelt aber im Laufe der Geschichte eine Leidenschaft für das Projekt. Als dann die Barrikaden durchbrochen und die Protestbewegungen von der Polizei zurückgedrängt werden, ist Luke es, der mit Sky im Baumhaus Stellung bezieht und viel mediale Aufmerksamkeit erreicht, indem beide im Baumhaus ausharren, während die Abrissbagger ihre Arbeit am Haus tun. So bekommen beide Kinder ein Podium für eine flammende Rede zur Sache:
„Für die ältere Generation ist das hier wahrscheinlich bloß eine Ideologie – und ja, eine Nachrichtenmeldung. Aber für uns geht es um unsere Existenz. […] Wenn sich nicht bald etwas Entscheidendes ändert, dürfte die Welt, wenn wir erst in eurem Alter sind, im Jahr 2050 oder 2070, von Leuten eurer Generation zerstört worden sein, nur weil ihr nicht auf eure schnellen Autos verzichten wolltet und auf Wochenendtrips nach Paris und in Plastik verpacktes Obst aus Neuseeland. Und wir müssen dann damit leben. Ihr könne euch nicht vorstellen, wie sich das für uns anfühlt.“ (S. 277)
Das Zitat zeigt deutlich einen Generationskonflikt, der sich auch in den unterschiedlichen Lebenskonzepten (Kleinbürger*innen & Kommunenbewohnenden) niederschlägt. Allerdings gibt es auch Grenzfiguren wie Lukes Vater, der die Ideen für sich auch annehmen kann oder aber Sky, die auch die Schattenseiten des Lebens in der Kommune deutlich macht. So wird immer wieder relativiert und bestimmte Klischees und Vorurteile werden im Buch wieder gebrochen. Trotz allem ist es eine exemplarische Geschichte zum Klimaaktivismus, die auch sehr deutlich macht, dass die Aktivis*tinnen durchaus wissen, dass sie so etwas wie die Baupläne nicht aufhalten können, aber dennoch um die mediale Aufmerksamkeit ringen, um für ihre Sache zu werben. (Ironischerweise sind es am Ende wirtschaftliche Aspekte, die die Pläne scheitern lassen.)
Sprachlich wechselt Sutcliffe zwischen stark dialogischen Sequenzen und erlebter Rede oder inneren Monologen von Luke. Neben dem Klimaaktivismus und dem Protest wird aber auch Lukes Familie genauer beleuchtet, auch wenn die weiblichen Figuren (die Schwester und die Mutter) eher blass bleiben. Gleichzeitig wird von der Freundschaft zwischen Luke und Sky berichtet, die sich mit der Zeit entwickelt. Zunächst findet Luke Sky nur nervig und aufdringlich, vor allen Dingen, weil sie das „Spießerleben“ so genießt, wie das Fernsehen oder das Essen.
Das kontrastive Gegenüberstellen von Kommune und Kleinbürger*innen sorgt auch für humorvolle Szenen, etwas wenn Lukes Vater ein Totem aus Müll schweißt oder die Aktivisten plötzlich bei der Gemeindeversammlung auftauchen. So wird das Buch nicht zu schwer oder gar deprimierend, ob der Aussichtslosigkeit des Vorhabens. Es gibt Hoffnung, dass Sich-engagieren doch etwas bewirken kann. Man muss ja nicht gleich die ganze Welt retten.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Alexandra Ritter; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 22.06.2023

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