Ginger und die Bibliothek der magischen Pflanzen
- Autor*in
- Allert, Judith
- ISBN
- 978-3-423-76460-5
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Prechtel, Florentine
- Seitenanzahl
- 329
- Verlag
- dtv
- Gattung
- Buch (gebunden)Erzählung/RomanFantastik
- Ort
- München
- Jahr
- 2023
- Lesealter
- 10-11 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- BüchereiFreizeitlektüre
- Preis
- 14,00 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Die ungefähr 12-jährige Ginger entdeckt, dass sie magische Fähigkeiten hat: Sie ist eine „Flüsterin“, sie kann Pflanzen zum Leben erwecken und sogar besondere Pflanzen erschaffen. Nachdem ihre Eltern, ebenfalls Flüsterer, verschwunden sind, macht sie sich auf eine gefährliche Reise, denn es gilt, die Welt der magischen Pflanzen vor bedrohlichen Mächten zu bewahren.
Beurteilungstext
Auf ihrer Reise begegnet Ginger verschiedenen Wesen, die wie sie mit der Pflanzenmagie verbunden sind, und erfährt, wie wichtig diese für das Leben der Menschen sind. Wenn die magischen Pflanzen verdorren, dann verlieren die Menschen Fantasie und Kreativität. Und genau das ist gerade die große Gefahr: Irgendeine unbekannte Macht schickt Menschen in beiger Kleidung, farb- und lieblos, um die magischen Pflanzen zu zerstören. Schwärme von Krähen, gesteuert durch elektronische Kästchen, unterstützen die beigen Menschen dabei.
Am Ende gelingt es Ginger und ihrem neu gewonnen Freund Carl, der auch Flüsterer werden könnte, die Krähen von ihrer Programmierung zu befreien und für das Erste so die Gefahr zurückzudrängen. In der „Bibliothek der magischen Pflanzen“, eine Art Samenbank für gefährdete magische Pflanzen, trifft sie zusammen mit dem Rat der Vier, Personifikationen der vier Elemente, die sich noch nicht erklären können, welche Macht hinter den beigen Menschen und den programmierten Krähen steckt und wohin Gingers Eltern verschwunden sind. Das offene Ende deutet auf den Folgeband hin, der 2024 erscheinen soll.
Die Autorin verarbeitet bekannte Motive und Handlungselemente vor allem aus Michael Endes fantastischen Romanen: Wie in „Momo“ schwärmen fahle Wesen aus, deren Ziel es ist, den Menschen die Zeit für alles Schöne zu nehmen. Und wie in „Die unendliche Geschichte“ sind eine magische Welt und die fiktive Realität so verzahnt, dass die Zerstörung der magischen Welt den Menschen den Zugang zum Schönen, zur Fantasie und zur Kreativität nehmen würde. Aber auch ein Motiv aus Kästners „Emil und die Detektive“ und „Die Konferenz der Tiere“ ist zu entdecken: Pariser Kinder schließen sich in der zentralen Episode des Buches zusammen und schaffen gemeinsam die Grundlage dafür, die Macht der beigen Menschen zurückzudrängen. Diese große Kindergruppe erinnert an die Verfolgung von Herrn Grundeis durch Emil und Berliner Kinder, aber auch an die Kinder, die mit den Tieren gemeinsam versuchen, die Erwachsenen zur Vernunft zu bringen. Das funktioniert nur, weil die Kinder anscheinend immun sind gegen den schädigenden Einfluss und verzweifeln, weil ihre Eltern nicht mehr ansprechbar sind für sie, ja sogar vergessen, wer sie oder ihre Kinder sind. Kinder sind immun gegen diese Einflüsse: Vielleicht, weil sie dem wahren Sein näher sind als die Erwachsenen, wie die Romantik es sah?
Diese philosophischen Grundlagen sind nicht wirklich plausibel. Die Kritik an gesellschaftlichen Entwicklungen wird eingebettet in eine mystische Weltvorstellung, die die Menschen selbst quasi entlastet von jeder Verantwortung für die Fehlentwicklungen wie Profitgier oder gesellschaftliche Kälte. Auch die Einbindung der magischen bzw. fantastischen Welt in die fiktive Realität ist nicht schlüssig. Ginger lebt vor ihrer Reise bei angeblichen Pflegeeltern, wo sie das Haus nie verlassen darf – was drumherum ist und ob sie vorher in gesellschaftliche Bezüge eingebunden war, zur Schule ging oder Freunde hatte, bleibt völlig offen. Bei Carl, dem Pariser Jungen, den sie als Verbündeten gewinnt, ist es hingegen deutlich: Er hatte eine mehr oder weniger normale Kindheit mit Kindergarten und Schule, wo er gemobbt wurde, weil er Pflanzen liebte. Hier klafft die Figurengestaltung sehr auseinander.
Lesen lässt das Buch sich gut, und so ist es trotz der Kritik am künstlich entwickelten und etwas diffusen weltanschaulichen Hintergrund recht gutes Lesefutter. Das liegt sehr an den atmosphärisch dichten Schilderungen der Pflanzenwelt, den sympathischen magischen Wesen, die Ginger begleiten, und dem gekonnten Spannungsaufbau.
Die schwarz-weißen Illustrationen, als Vignetten oder Ranken und Rahmen im Text verteilt, sind zart und poetisch. Die letzten Seiten weisen doppelseitige Illustrationen auf, die unter anderem magische Pflanzen und Insekten oder andere Wesen darstellen. Vor- und Nachsatzblätter zeigen Figuren aus dem Buch.