Gigaguhl und das Riesen-Glück

Autor*in
Rühle, Alex
ISBN
978-3-423-76286-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Yelin, Barbara
Seitenanzahl
32
Verlag
dtv junior
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
München
Jahr
2020
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Nick und Nina leben in der Stadt. Es gibt Ausflüge in die Berge und den nahen Wald. Mutter warnt vor wilden Tieren und bösen Zwergen. Sie fürchten sich nicht. Sie wollen entdecken. Sie finden Bekanntes, ein Einhorn, später dunkle Hohlräume. Sie ahnen schon, sie könnten sich verlaufen haben. Sie finden die Nasenhöhle des Riesen Gigaguhl, der einen Jahrhundertschlaf schläft und inzwischen von Bäumen überwuchert und von der Stadt überbaut ist. Alles muss unbedingt bewahrt werden, wenn er aufsteht.

Beurteilungstext

Der Riese Gigaguhl gibt im Nebentitel schon den Hinweis auf ein Riesen-Glück, das die Kinder Nick und Nina erleben werden. Als sie sich gegen den Rat der Mutter doch in unbekannte Gebiete nahe ihrer Stadt begeben, wissen sie noch nicht, dass sie sich verlaufen und versteigen werden. Es könnte gefährlich für sie werden, weiterzugehen, doch sie riskieren es trotzdem und rutschen durch eine Doppelröhre, die sie im Berg oben entdeckt haben. Rutschen kennt jedes Kind und zu Anfang wird es die meisten Überwindung gekostet haben, zum ersten Mal alleine durch eine solche hindurch zu rutschen. Die Erfahrung, dass unten der Ausgang ins Freie kommen muss, bestätigt sich jedes Mal. Doch dieses Mal ist es ein Riese, mit dem sie es zu tun haben. Dem Leser und Vorleser wurde er bereits vorgestellt. Er ist so groß, dass er Stürme niesen kann und in Ozeanen mit den Walen spielen. Er schläft aber seit Jahrhunderten. Viele Tiere aus aller Welt haben auf ihm, unter und in seinen Körperhöhlen ein zu Hause gefunden. Auch ein Einhorn, das es ja eigentlich nicht gibt. Die Kinder, die ohne Bedenken in seine Nasenröhren geraten, sehen sogar die Orte im Gehirn, in denen Lachen, Farben, Erinnerungen, Gedanken oder z.B. Vergessenes einen festen Ort haben. Alles ist mit Brücken oder Seilen miteinander verbunden. Sie finden ihre Entdeckung spannend und rutschen ohne Bedenken die Röhren hinab. Ein kleiner Niessturm weckt ihn auf, denn die Kinder haben ein wenig in seiner Nase gekitzelt. Überrascht will er aufstehen und sich die beiden ansehen, doch die haben sofort die Gefahr für die über ihn gebaute Stadt erkannt. Er ruft alle Tiere zusammen, die gemeinsam seine Wiesendecke anheben und dadurch die Stadt auf ihrem Platz lassen.
Das Bild der Stadt erschreckt ihn, er will dahin, wo es leiser sein wird. Er macht sich mit Siebenmeilenschuhen auf den Weg fort.
Von nun an teilen die beiden Kinder aber mit den LeserInnen ein Geheimnis. Die Menschen der Stadt wissen bis jetzt nichts darüber, warum in der Stadt alles durcheinander geruckelt wurde. Nur die, die dieses Wissen verschweigen können, sind eingeweiht, dass bei dichtem Nebel Gigaguhl zu Nick und Nina zurückkehrt und sie bei Nacht eine Reise mit ihm machen dürfen, wohin sie auch wollen. Zum Geburtstag sogar „einmal rings um den Äquator“:
„Und so haben sie mit ihrem Freund sich heimlich, Stück für Stück, nachts die ganze Welt erobert. So was nennt man Riesen-Glück.“

Dieser und alle Verse sind in wechselnden trochäischen Formen verfasst und lassen Raum zum Mitdenken. Es ist nicht sofort die Lösung vorhanden, wie es in ihnen weitergehen könnte. Daher macht es sicher auch beim Vorlesen Spaß, weil die Spannung aufrecht erhalten bleibt. Die erzählende Form bleibt erhalten und der Beginn der Strophen wechselt ständig. Die wörtliche Rede ist einbezogen und macht es zusätzlich variabler, den Gedanken, Gesprächen und dem Erzähle durch den Stimmeinsatz noch mehr Varianten zu verleihen.
Alex Rühle hat die Verse so selbstverständlich und dazu in lebendig wechselnder Sprache verfasst, dass sowohl kleine Kinder sie erfassen können und neue Begriffe hinzu lernen , als auch etwas ältere Kinder ihren Spaß an den Formulierungen finden.
Da passen die schönen kräftig farbigen Bilder von Barbara Yelin. Sie zeigen Nähe detailreich und Ferne nachvollziehbar angedeutet. Die Haare des Riesen als Wald, in dem sich das Einhorn versteckt ist blau verfremdet, doch der Eingang ins Ohr ist wieder erkennbar hautfarben. Der vom Riesen- eher als von den Kindern - gefürchtete Zwerg lauert neugierig, als sie an die Gehirnzentren kommen. Sie sind für Kinder schnell erkennbar, denn sie erinnern an Spielfeldmarkierungen, die auch in andere Ebenen schicken, wenn man sie betritt. Der Riese als Landschaft ist nicht bedrohlich gezeichnet, auch wenn die Kinder kleiner als Spielfiguren in seiner Hand wirken. Er ist in die Landschaft integriert und taucht auf, wie es auch in Erdentstehungsmythen vorkommen könnte. Yelin setzt ihn liebevoll in viele doppelseitige Bilder, manchmal sind Details herausgehoben, die mit der Dramatik und Poesie der Verse korrespondieren. Wunderbar auch - etwas aus der Reihe fallend - die Doppelseite mit dem Chaos der Stadt, nachdem der Riese aufgestanden ist. Auf allen Bildern gibt es viel zu suchen, zu finden oder gedanklich selbst zu erfassen.
In der Stadt ist die Welt bereits bald wieder wie sie war. Er gehört für die Kinder nun dazu. Gigaguhl ist guter Absicht und möchte eher seine Ruhe zurück haben, als neu zu gestalten. Vermutlich hat er weiterhin mit der Wetterlage zu tun. Wie sollten sonst der Wind, der Sturm, der Nebel entstehen? Er kann sich in einer Nacht um den Äquator bewegen. Er hat wohl auch mit dem Klima der Welt zu tun. Hoffentlich können die beiden unbekümmerten neugierigen Kinder auch noch schweigen, wenn sie demnächst aus „Ulan Bator“ zurückkehren. Wer weiß schon, wo das ist, ob es den Ort gibt und welche fremden Orte nachts sonst noch alle zu entdecken sein werden?

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von stoni; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 04.07.2020

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