Etwas bleibt

Autor*in
Barth-Grözinger, Inge
ISBN
978-3-551-35622-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
446
Verlag
Carlsen
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2010
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
8,95 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Erich Levi erlebt die Machtergreifung der Nationalsozialisten als Gymnasiast in Schwaben. Als Juden sind er und seine Familie von Tag zu Tag unerträglicherer Anfeindung und Bedrohung ausgesetzt. Erichs Eltern werden stiller, sein Bruder ängstlicher, er selbst verliert Freunde. 1938 wandert die Familie gerade noch rechtzeitig nach Amerika aus.

Beurteilungstext

Der Band greift das Thema des Nationalsozialismus auf und macht es anhand von realen Charakteren und Vorfällen begreifbar für Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren. Die Geschichte der Familie Levi ist teilweise aktenkundig, den Schüler Erich Levi hat es am Gymnasium von Ellwangen gegeben. Die Autorin füllt den Raum zwischen den Fragmenten aus zum Roman.
Allerdings verliert man manches Mal aus dem Blick, ob es sich um eine Art nacherzähltes Tagebuch oder einen Roman handelt. Auf über 400 Seiten schildert Inge Barth-Grötzinger teilweise tagesgenau die maliziöse Willkür, die die jüdische Familie zwischen 1933 und 1938 zu ertragen hat. So verstörend und unfassbar es immer wieder aufs Neue ist, sich das Ausmaß der Verfolgung und die unzähligen Schikanen ab Machtergreifung bis zum Völkermord vorzustellen, so wirkungslos ist es doch, dieses Ausmaß anhand einer möglichst großen Fülle von Vorfällen darzustellen: die Aussage ertrinkt in der Masse der Ereignisse, die sich in ihrer Art gleichen. Obwohl dies erschütternd als Tatsache ist, lähmt es den Roman: es ergibt sich kein Spannungsbogen.
Vor allem Jugendliche, die nicht ausführlich zum Nationalsozialismus informiert sind und für die solch ein Roman eine erste Berührung mit dem Thema sein kann, schreckt dies vielleicht ab. Der Leser ermüdet und möchte irgendwann vielleicht dieses Buch nicht weiterlesen.
Das liegt zum Teil jedoch auch an einer zutage tretenden stilistischen Unsicherheit. Die Autorin wechselt anscheinend unbewusst die Perspektive: Meistens lässt sie Erich als personalen Erzähler auftreten, aus seiner Perspektive werden die Ereignisse geschildert. Unmotiviert wirkt es dann, wenn die Perspektive des Schülers durchbrochen wird, indem sprunghaft die Eltern mit "Julius" oder "Melanie" benannt werden - das stimmt mit der Perspektive und der damit verbundenen Anrede der Eltern (sonst "der Vater", "die Mutter") nicht überein.
Auch wirkt die Sprache über große Strecken nicht dem Intellekt und fortschreitenden Alter des Erzählers oder der Zielgruppe von jugendlichen Lesern angepasst. Oft scheint das Buch für wesentlich jüngere Leser geschrieben, der Stil fast dem eines Vorlesebuchs gleich.
Das kleine Glossar v.a. von Begriffen, die zum Verständnis jüdischer religöser Handlungen und Traditionen wichtig sind, ist sehr begrüßenswert. Schön wäre es, wenn es um die etymologische Erklärung ergänzt würde.
Eine Zeittafel vom Versailler Vertrag bis zum Ende des 2. Weltkriegs wäre eine gute Ergänzung, damit auch Jugendliche mit geringeren geschichtlichen Vorkenntnissen das Geschehen besser verstehen können. Hier ist die Logik des Buches nicht ersichtlich: der Roman scheint sich stilistisch an jüngere Leser zu wenden als die vorausgesetzte politisch-geschichtliche Bildung vermuten lässt.
Insgesamt ein ambitionierter Roman, jedoch kann man kritisch anmerken, dass er durch seinen Hang zur Detailbeschreibung Gefahr läuft, seine Leser zu verlieren. Das wäre schade, da es politische Bildung bei Jugendlichen wesentlich unterstützen kann, wenn durch historische Romane das erdrückende Thema in verkraftbarer Form personalisiert wird.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von EHU.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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