Eliana - Samba im Blut

Autor*in
Kofmehl, Damaris
ISBN
978-3-7655-3744-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
268
Verlag
Brunnen Verlag
Gattung
Ort
Basel und Gießen
Jahr
2003
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
10,00 €
Bewertung
nicht empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die 16-jährige Eliana lebt in einem Armenviertel der brasilianischen Hafenstadt Porto. Sie ist zum dritten Mal in der Schule sitzengeblieben, arbeitet und hat einen Selbstmordversuch überlebt. Sie bricht die Schule ab. Über eine Kollegin bekommt sie als Zwanzigjährige das Angebot, in einer professionellen Samba-Truppe in Italien zu tanzen. Sie wird eine erfolgreiche Tänzerin und verbringt ihr Leben auch privat zunehmend in Bars und Nachtclubs, hat Freunde aus dem gleichen Milieu. Als einige Jahre später ihr Vater, ein Alkoholiker, stirbt, bekommt sie Kontakt zur Heilsarmee. Fast von einem Tag zum anderen ändert sie ihr Leben. Sie arbeitet an einem Projekt für Jugendliche aus einer Favela mit und schließt Freundschaft mit Margaret, einer britischen Heilsarmee-Offizierin, deren Werdegang in einem zweiten Handlungsstrang geschildert wird. Weil sie sich von Gott berufen fühlt, macht auch Eliana eine Ausbildung zur Heilsarmee-Offizierin und lebt heute verheiratet in Rio de Janeiro und arbeitet in einem sozialen Projekt in einer Favela.

Beurteilungstext

Die Autorin vermittelt den Eindruck, als ob ihre Erzählung ein Tatsachenbericht über das Leben von Eliana sei. Einige Fotos von Eliana als Samba-Tänzerin und als Heilsarmee-Offizierin im Anhang des Buches unterstreichen diesen Eindruck. Die sehr einseitige Darstellung der Geschehnisse lässt mich jedoch an ihrer Authentizität zweifeln. Für wahrscheinlicher halte ich, dass allenfalls die Rahmenhandlung der wirklichen Biographie Elianas entspricht. Damaris Kofmehl gibt im Buch keinen persönlichen Bezug ihrer Person zur Heilsarmee an. Sie gibt eine kurze Information zu einem Verein, den sie mit ihrem Mann 2002 gegründet habe, der ebenfalls mit Straßenkindern in Sao Paulo und North Carolina arbeite. Sie selbst lebt in Sao Paulo.
Frau Kofmehl befürwortet in ihrem Buch eine eng gefasste Moralvorstellung, die gebunden ist an den Glauben an Gott. Sie nennt “Transvestiten, Schwule, Lesben, Prostituierte, Drogenhändler und Kriminelle” in einem Atemzug (S.166), lehnt Alkoholgenuss und wechselnde Partner ab. Die Menschen aus dem Nachtclub-Milieu werden nahezu durchweg negativ dargestellt, als schwache, unmoralische Persönlichkeiten. Sie suggeriert, dass die professionellen Samba-Tänzerinnen zumeist lesbisch seien - ebenso wie die Mitglieder von Elianas früherer Mädchen-Fußballmannschaft -, was sie verurteilt. Die Identifikationsfigur Margaret ist folgender Ansicht: “Und von allen Göttern aller Religionen gab es nur einen einzigen Gott, der sich jemals für das Schicksal der Menschen interessiert hatte: den Gott Abrahams ...., den Gott aller Götter ...” (S.41). Diese Darstellungen finde ich erschreckend einseitig und intolerant. Unter dem Deckmantel des Christentums soll hier eine fundamentalistische Weltanschauung vermittelt werden, die in krassem Gegensatz steht zu einer liberalen und demokratischen Denkweise, wie sie meiner Meinung nach Kindern und Jugendlichen in einer multikulturellen Gesellschaft vermittelt werden sollte. Eliana fühlt sich im Laufe eines Gespräches mit Margaret von Gott berührt (S.184) und schwebt fortan auf Wolke Sieben. Während ihr Dasein der vergangenen Jahre fast durchweg als unglücklich und innerlich leer dargestellt wurde, sieht sie von einer Sekunde auf die andere wieder einen Sinn in ihrem Leben. Auch anderen Personen in der Erzählung geht es ähnlich. Die Autorin suggeriert: “Wenn du nur an den einen wahren Gott glaubst und die Spielregeln der Heilsarmee befolgst, dann wirst du glücklich werden.” Dies ist wohl doch etwas simpel gestrickt und erinnert eher an eine religiöse Sekte denn an christliche Lehren. Eliana und Margaret leben nach ihren religiösen Vorstellungen und arbeiten auf sozialem Gebiet. Wie ihr Lebensstil finanziert wird, wird im Buch nicht erwähnt. Auch dies ist eine einseitige Darstellung. Die Autorin zeigt an manchen Stellen Doppelmoral. Während sie alkoholische oder sexuelle Exzesse und die Menschen aus dem Machtclub-Milieu streng verurteilt, ebenso wie die Plünderung eines Zuges durch die Favela-Bevölkerung, wird die Zusammenarbeit mit dem Chef der Favela als legitim hingestellt. Dass diese Menschen immer auch Gewalttäter sind, scheint hier nicht mehr so wichtig zu sein.
Unter der tendenziösen Darstellung des Geschehens leidet auch die erzählerische Qualität des Buches. Der moralische Zeigefinger, die Werbung für die Heilsarmee und die zielorientierte selektive Wahrnehmung der Autorin sind ständig präsent und stören den Lesegenuss ganz erheblich. Die Personen, auch Eliana, wirken unglaubwürdig, die Handlung konstruiert.
Insgesamt kann ich “Eliana - Samba im Blut” aufgrund der im Buch vermittelten Wertvorstellungen und auch aufgrund des mäßigen Erzählstils nicht empfehlen.

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Diese Rezension wurde verfasst von Spra.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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