Elektrische Fische

Autor*in
Kreller, Susan
ISBN
978-3-551-58404-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
192
Verlag
Carlsen
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Hamburg
Jahr
2019
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

"Elektische Fische" ist ein tiefsinniger, trauriger, aber auch informativer und Mut machender Adoleszenzroman über Zweisprachigkeit, den Wohnortwechsel von Irland nach Deutschland, über Heimat, Heimweh und vielfältige Verlusterfahrungen aus dem Blickwinkel der etwa 14-jährigen aufgeweckten Ich-Erzählerin Emma.

Beurteilungstext

Der Adoleszenzroman profitiert augenscheinlich von der Lebenserfahrung und den Studien seiner bereits mehrfach prämierten Jugenbuchautorin Susan Kreller: Diese ist aufgewachsen in der DDR, hat über deutschsprachige Übersetzungen englischsprachiger Lyrik promoviert und lebt jetzt mit ihrer Familie in Westfalen.

Die Ich-Erzählerin Emma, Hauptfigur des Romans, ist mit ihrer jüngeren Schwester Aoife (8 Jahre) und dem älteren Bruder Dara (16 Jahre) in Dublin geboren und aufgewachsen. Ihre Mutter ist Deutsche, stammt aus einem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern, ist nach der Wende nach Irland gezogen und hat dort einen Iren geheiratet. Ihre drei Kinder wachsen zweisprachig auf, gehen in Dublin in eine deutsche Schule. Weil sich der irische Vater als Trinker erweist, lässt sich die Mutter scheiden und zieht aus Geldmangel mit ihren Kindern zu ihren Eltern in das Heimatdorf Velgow nahe der Ostsee. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Familie keinen direkten Kontakt nach Deutschland, so dass die Kinder nun erstmals ihre Großeltern in Deutschland kennenlernen.

Die eigentliche Erzählzeit umfasst den überschaubaren Zeitraum von Januar bis September, wird allerdings durch zahlreiche Rückblenden und eine knappe Vorausschau des besseren Verständnisses wegen erweitert. Eine beherrschende Handlungsmaxime für Emma und eigentlich alle wichtigen Protagonisten scheint zu sein: "It's going arseways" (S.53), also: es geht arschwärts.

So beschließt Emma gleich nach ihrer Ankunft im trostlosen Örtchen Velgow, zu ihren irischen Großeltern zurückzukehren, sobald sie einen realistischen Fluchtplan geschmiedet hat. Das gilt fast noch mehr für die kleine Schwester, die am ersten Schultag von ihren neuen Mitschülern statt ihres schwer auszusprechenden Vornamens Aoife nur Affe genannt wird und sich deshalb seitdem weigert, auch nur einen Ton von sich zu geben.

Zum Glück freundet sich Emma bald mit dem gleichaltrigen Klassenkemeraden Levin an, ein krasser Außenseiter, weil seine Mutter unter einer schweren schizophrenen Psychose leidet, die Levin und die weiteren Familienmitglieder (Vater und Bruder) ständig auf Trab hält.

Bei dieser überschaubaren Figurenkonstellation und in dieser kurzen Handlungszeit erfährt der Leser/die Leserin, dennoch enorm viel Interessantes, Informatives, Kluges, Trauriges und Hoffnungsvolles. Das betrifft etwa vielfältige Unterschiede der Lebensweise in Irland und in Deutschland, das betrifft speziell die Lebenssituation in einem kleinen, aussterbenden Dorf in Mecklenburg-Vorpommern, das betrifft aufschlussreiche Hinweise auf englische und vor allem deutsche Formulierungen und das betrifft grundsätzliche Überlegungen zu den Aspekten Heimat, Heimweh, Erinnerungen. Ein 8-seitiges Glossar stellt entsprechende Informationen breit gefächert hilfreich am Romanende dar.

All dies hat die Autorin in einer anspruchsvollen und häufig bildreichen Sprache formuliert, die gleichwohl gut lesbar ist und häufig Tiefsinniges verlauten lässt, z.B.: "Heimweh ist etwas sehr Einsames." (S. 130) Ausgehend von der anfänglichen Trostlosigkeit der Situation entwickeln die Protagonisten allmählich durch gegenseitige Hilfsbereitschaft, Sympathie und sogar zarte Liebesgefühle Stabilität, Zuversicht und neuen Lebensmut. Dabei helfen nicht zuletzt mehrfach orientierende Verweise auf die Songs verschiedenster englischsprachiger Bands um die Jahrhundertwende. Wegen der Sprach- und durchaus auch übertragbar auf die gegenwärtige Flüchtlingsproblematik kann dieser Roman sinnvoll im Unterricht der Mittelstufe in den Fächern Deutsch, Religion und Werte und Normen eingesetzt werden - und eignet natürlich ebenso für die private Lektüre!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von KS; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 02.04.2020

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