Die DDR

Autor*in
Vinke, Hermann
ISBN
978-3-473-55116-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
256
Verlag
Ravensburger
Gattung
Ort
Ravensburg
Jahr
2008
Lesealter
12-13 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
19,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die DDR wird beginnend beim Kommunistischen Manifest und endend mit der Biografie Angela Merkels und einem Ausblick in jeweils 1- oder 2-seitigen Artikeln, wohlsortiert nach Chronologie und Zusammenhängen, dargestellt. Eine Fülle von Biografien von Thälmann über Janka, Mielke, Schalck bis zu Gauck informiert über alle Aspekte dieses Staates ebenso wie historische Exkurse über z.B. die FDJ, den 17. Juni, die Wettrüstung etc.
Als Schulbuch ebenso gut geeignet wie zum Nachschlagen.

Beurteilungstext

Vor 18 Jahren fiel die Mauer. Von den Schülern, die gerade für eine Studie der Freien Universität Berlin (FU) befragt wurden, konnten 40 Prozent nicht sagen, wann die Mauer gebaut wurde. Mehr als die Hälfte wusste nichts von der Todesstrafe in der DDR.
Wenn man in Betracht zieht, dass die derzeitige Schülergeneration fast vollständig erst nach dem Mauerfall geboren wurde, darf man sich nicht wundern, dass diese nachwachsende Generation so wenig über die DDR weiß - in Westdeutschland war das ja weit gehend auch schon vorher so. Die Lehrer werden sicherlich einiges zu erzählen haben, aber ein kompetentes Schulbuch über diesen 40-jährigen Abschnitt in der deutschen Geschichte hat es bislang noch nicht gegeben. Vinkes Dokumentation füllt diese Lücke hervorragend aus. Sie ist als preisgünstiges Schulbuch ebenso gut geeignet wie zum Nachschlagen für Jedermann.

Die DDR wird beginnend beim Kommunistischen Manifest und endend mit der Biografie Angela Merkels und einem Ausblick in jeweils ein- oder zweiseitigen Artikeln, wohlsortiert nach Chronologie und Zusammenhän-gen, dargestellt. Eine Fülle von Biografien informiert über Politiker wie Thälmann, Mielke, Honecker, Schalck, Gauck bis Gysi, über Künstler wie Janka, Becher, Christa Wolf, Gisela May und über Oppositionelle wie Havemann, Schorlemmer, und viele andere wie den jungen Grenzpolizisten, dessen Bild 1961 um die Welt ging und dessen traurige Geschich-te Vinke erzählt (S.107, 108). Alle Aspekte dieses Staates wie die Jugendweihe werden ebenso wie historische Exkurse über z.B. die FDJ, den 17. Juni, die Wettrüstung gut verständlich in den kurzen Darstellungen sichtbar.

Hermann Vinke kann schreiben, das weiß ich schon seit "Das kurze Leben der Sophie Scholl" (1980, 1985 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet). Hier hat er sich stark zurückgenommen und in einem knappen Stil mit kurzen Sätzen ein kompetentes, kritisches und konse-quentes Sachbuch geschrieben. Der klaren Sprache entspricht auch die Aufmachung: Alle Artikel umfassen exakt eine oder zwei Seiten, sind mit informativen Bildern, überwiegend Fotos, versehen. Die Kapiteleinteilung der ersten Doppelseite findet ihre Entsprechung auf ganzseitigen Farbfotos mit der eingeblendeten Überschrift.

Die unglaubliche Menge der meist nur eine Seite umfassenden Biografien beschränkt sich nicht auf Deutsche, sondern erfasst auch diejenigen wie Gorbatschow, die den Verlauf der Geschichte nachhaltig beeinflussten; sie sind alle ockergelb unterlegt, somit leicht auffindbar, und die historischen Fixpunkte sind rötlich unterlegt. So, gemeinsam mit der Druckerschwärze, ist die schwarz-rot-goldene Fahne Deutschlands allgegenwärtig.

Sicher werden einzelne Passagen, in denen Vinke gern Zeitzeugen zu Wor-te kommen lässt, Widerspruch herausfordern, wenn z.B. die Doppelseite über den Alltag in der DDR mit Erinnerungen an die Hungerzeiten nach dem Krieg beginnt, die genauso auf der westlichen Seite beschrieben sein könnten, und mit einer harschen Kritik an der HO und dem Hinweis auf Privilegien für SED-Funktionäre und Angehörige der Intelligenz endet. (S.62f)

Trotz der 249 Seiten muss natürlich einiges wegfallen, die Frage ist nur, was lässt Vinke aus? Mir fällt dazu nicht Wesentliches ein, nur, dass er an manchen Stellen doch recht flapsig wird, dann auch nicht vor Floskeln scheut ("Regine Hildebrand... ist Hunderttausende von Kilometern unter-wegs, um an den Brennpunkten zu sein", S.243)./ ( " ...handelt Kohl so, als ließen sich die riesigen wirtschaftlichen und ökologischen Altlasten des SED-Regimes mit Geld aus der Portokasse beseitigen", S.229) Oder er deutet nur an, was eigentlich einer Erörterung wert wäre ("Jürgen Fuchs stirbt 1999 an einer seltenen Form der Leukämie, der auch andere ehemalig Oppositionelle ... erliegen", S.241). Unter dem Stichwort Juden in der DDR sucht man allerdings vergeblich.

Wichtig sind die Kernpunkte des Buches: Wie der Neubeginn nach dem Ende des zweiten Weltkrieges den Weg in die Diktatur einschließt, wie die Blockade Berlins zu Stande kam, wie der 13. Augusts 1961 abgelaufen ist, wie es zum Mauerfall kam und wie die Fragwürdigkeiten der Einverleibung des Staates durch Helmut Kohl und die Treuhand heute zu beurteilen sind. Denn Vinke endet nicht mit dem Fall der Mauer, sondern bezieht die Geschichte "danach" in ihrer unterschiedlichen Beurteilung durch "Ossis" und "Wessis" mit ein (S.244f).

Daneben gibt es Amüsantes: welch Hokuspokus um Adolf Hennecke entstand, was Bückware war.

Ausführlich wird die Stasi beschrieben, die Protestwelle der Intellektuellen nach Biermanns Ausbürgerung wird nüchtern geschildert. Dass die DDR regelrechten Menschenhandel betrieb und sich immer mehr einmauerte, bis der Unmut im Jahre 1989 alles Vorhergehende in den Schatten stellte. Das Jahr 1989 wird nicht losgelöst als überraschendes Ereignis geschildert, sondern in den internationalen Zusammenhang gestellt. Schließlich konstatiert Vinke, dass noch immer nicht alles so rosig aussieht, wie Kohl es schon gleich nach der Wende prophezeite

Die Beschränkung der einzelnen Themenblöcke auf ein oder zwei Seiten dient vor allem der Übersichtlichkeit, weniger dem kontinuierlichen Lesefluss. Aber ich gehe davon aus, dass dieses Buch auch im Dialog mit Erwachsenen, seien es Lehrer, Eltern oder andere, gelesen wird, und mehr dem Auffüllen von Wissen dient, dem Nachschauen, wie das denn nun wirklich war, welche Zusammenhänge bestehen oder was denn nun an diesem Gerücht oder jener Anekdote wahr ist. Und das macht dieses Buch zu einem Standardwerk. Es sollte in keiner Bibliothek, in keinem Klassenzimmer mindestens der Mittelstufe fehlen.

Nur am Rande die Anmerkungen: Totschlag heißt es, nicht Todschlag (S.237) und die Angabe (des Macherner Kommandostandbunkers) von 35 mal 41 Quadratmetern verstehe ich nicht (S.214), ebenso S.246 müsste durchgesehen werden.

Die letzten Seiten enthalten gut nutzbare Hinweise auf Gedenkstätten und Museen, ein ausführliches, wenn auch sehr klein gedrucktes Register zum schnellen Nachschlagen und ein weiterführendes Literaturverzeichnis, das besonders neuere Literatur und Biografien umfasst.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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