Der zweite Kopf des Richard Westlake

Autor*in
Mulligan, Andy
ISBN
978-3-499-21679-4
Übersetzer*in
Gutzschhahn, Uwe
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
416
Verlag
Rowohlt
Gattung
Fantastik
Ort
Reinbek
Jahr
2014
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
9,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Andy Mulligans zweites Werk lockt den Leser mit einer fantastischen Ausgangssituation und erzählt die abenteuerliche Geschichte des Jungen Richard Westlake mit seinem zweiten Kopf namens Rikki, die sich mit universellen Themen für junge Heranwachsende wie dem Erwachsenwerden oder Trauer einfühlsam und authentisch auseinandersetzt.

Beurteilungstext

Der Jugendroman “Der zweite Kopf des Richard Westlake” des britischen Autors Andy Mulligan erzählt die Geschichte des gleichnamigen Protagonisten. Richard Westlake ist eigentlich ein normaler 11-jähriger Junge, der bei seinen Eltern in Großbritannien aufwächst und leidenschaftlich Fußball spielt und sich für Flugzeuge interessiert. Jedoch leidet er still am Tod seines geliebten Großvaters, für den er sich zum Teil die Schuld gibt, und als Symptom dieser Trauer wächst Richard eines nachts ein zweiter Kopf aus dem Hals. Die konsultierten Ärzte und Psychologen sind sich in ihrer Diagnose einig: Richard teilt sich seinen Körper fortan mit einer zweiten Persönlichkeit auf seiner Schulter, die sich Rikki tauft, ihm aufs Haar gleicht und all seine innigsten Geheimnisse und Erinnerungen kennt. Aber so ähnlich sie auch aussehen mögen, umso verschiedener könnten die beiden Charaktere nicht sein. Richard ist höflich, zurückhaltend und versucht mit allen gut auszukommen. Rikki hingegen hat keine Scheu, seine Gefühle und Meinungen zu äußern und macht auch keinen Hehl daraus, sein Missfallen kundzutun. Dieser Umstand könnte nicht unpassender kommen, denn schließlich möchte Richard seine Fußballmannschaft zur Meisterschaft führen und ein begehrtes Stipendium für eine renommierte Schule ergattern. Doch Rikki bringt Richards Welt ziemlich durcheinander mit seinen Hasstiraden gegenüber Eltern, Lehrern, Mitschülern und einigen Verschwörungstheorien hinsichtlich der vermeintlich zwielichtigen Absichten der Ärzte und Wissenschaftler, die ein Auge auf das ungleiche Gespann geworfen haben. Zu allem Überfluss kündigt Rikki einige Veränderungen an und verlangt von Richard, dass dieser nicht mehr in der Vergangenheit verweilt und seinem Großvater nachtrauert, sondern stattdessen endlich erwachsen wird.

Wer hinter diesem Roman ein ausuferndes Werk der Phantastik erwartet, wird sicherlich enttäuscht werden: Das einzig fantastische Element - Rikki, der zweite Kopf - wird konsequent wissenschaftlich dargestellt und abgehandelt, wodurch jegliche Phantastik in den Hintergrund rückt. Dieser Aspekt tut dem Lesevergnügen jedoch keinen Abbruch, sondern vielmehr dient der zweite Kopf sowieso nur als metaphorischer Rahmen, um die innere Zerrissenheit eines jungen Menschen in Bezug auf Themen wie das Erwachsenwerden, Freundschaft, Trauer oder Toleranz anhand der zwei gegensätzlichen Blickwinkel von Richard und Rikki sinnbildlich zu veranschaulichen. Aufgrund der zwei Persönlichkeiten ergibt sich eine interessante Herangehensweise an derartige Themenkomplexe und der Leser wird dazu ermutigt, das Geschehen zu hinterfragen und sich eine eigene Meinung darüber zu bilden, welche Ansicht der beiden Charaktere er eher vertritt: Mag man seine Freunde beispielsweise mit all ihren Ecken und Kanten oder soll man sich nur mit den coolen abgeben? Darf man langwierig trauern oder soll man stets nach vorne blicken? Des weiteren wird durch die Wahl der personalen Erzählperspektive eine konsequente Spannung innerhalb der Handlung aufrecht erhalten, da man als Leser auf diese Weise nur Einblick in die Gefühlswelt der Protagonisten Richard und Rikki erhält.

Hinsichtlich des Schreibstils ist der Roman recht eingängig und die Sprache ist in Anbetracht des Gros der Hauptcharaktere in Form von Schulkindern von etwa elf Jahren im Wesentlichen authentisch gehalten. Jedoch gibt es einige Passagen, in denen einzelne Charaktere aufgrund ihrer Ausdrucksweise und ihres Habitus wider ihres zugestandenen Alters agieren, wodurch diese Szenen aufgesetzt wirken und den Leser mitunter aus seiner Illusion reißen können. In Bezug auf die auftretende Verwendung von zum Teil derben Kraftausdrücken, wie beispielsweise in einer Szene zu einem Streit in der Schule zwischen Rikki und einem noch jüngeren Schüler, eignet sich das Buch tendenziell eher für eine Zielgruppe ab 11 Jahren, was sich ebenfalls mit dem Alter des Protagonisten deckt. Des Weiteren fällt die Länge der einzelnen Kapitel verhältnismäßig kompakt aus, was in Kombination mit dem eingängigen Schreibstil einen angenehmen Lesefluss eröffnet. Dies könnte auch förderlich in Bezug auf eine mögliche schulische Unterrichtsgestaltung hinsichtlich einer Diskussionsführung und des Lesepensums sein, da der Text leicht verständlich und gut einzuteilen ist.

Abschließend lässt sich für “Der zweite Kopf des Richard Westlake” eine allgemeine Empfehlung und darüber hinaus auch eine Empfehlung für die Nutzung im Schulunterricht aussprechen, da der Roman universelle Themen behandelt, die jeden Heranwachsenden - ob nun früher oder später - betreffen können und auch werden. Aufgrund der zwei unterschiedlichen Blickwinkel auf die genannten Themen ergeben sich ideale Ansatzpunkte für Gruppendiskussionen oder die Ausarbeitung von Aufsätzen beispielsweise im Deutsch- oder Ethikunterricht, in denen die Schüler das Für und Wider der einzelnen Standpunkte bzw. Verhaltensweisen reflektieren und ihre eigene Meinung hinsichtlich derartiger Sachverhalte herausbilden können. Anhand der genannten inhaltlichen und stilistischen Aspekte richtet das Buch tendenziell an eine Leserschaft von 11 bis 13 Jahren.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von gre; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 29.03.2015

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