Der Wind trägt die Worte - Geschichte und Geschichten der Juden - Von den Anfängen bis zum ausgehenden Mittelalter

Autor*in
Lewin, Waldtraut
ISBN
978-3-570-13482-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
765
Verlag
Gattung
Ort
München
Jahr
2012
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
24,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Auf gut 700 Seiten beschreibt Lewin die ersten fünfeinhalb Tausend Jahre jüdischer Geschichte, von den ersten, archäologisch gesicherten Funden bis zum Golem in Prag. Lebendig geschrieben, mit ebensolchen fiktiven Einschüben, beginnt man zu verstehen, was das Judentum ausmacht. Im Anhang werden die jüdischen Feiertage leicht verständlich beschrieben, ein Glossar klärt die vielen Begriffe.

Beurteilungstext

Ungewöhnlich ist schon das Lexikonformat des ersten von zwei Bänden - und das im Zeitalter Googles. Fern aber ist die Sprache Lewins der eines Sachbuches. Obwohl sie sachkundig schreibt, fabuliert sie gerne, macht historische und sagenhafte Gestalten lebendig, lässt den Leser die Absurditäten der ewig währenden Verfolgungsgeschichte empathisch nachvollziehen. Um so nicht in den Geruch der Unseriosität zu gelangen, sieht der Leser drei unterschiedliche Schrifttypen im fortlaufenden Text: Die nüchterne GROTESK präsentiert die Fakten (ohne trocken zu werden), die SERIFENSCHRIFT berichtet, interpretiert, erklärt, und KURSIV werden Geschichten erzählt, die illustrieren, Abstraktes anschaulich machen: so hätte es sein können, dort, wo es keine konkreten Überlieferungen mehr gibt. So kann der Leser leicht nachvollziehen, was der Autorin vorschwebte: Eine lebendige Geschichte vor sich zu haben. Das Erzähltemperament der Autorin ist kaum zu bremsen gewesen, im Nachwort beschreibt sie, dass sie Material für mindestens 500 weitere Seiten gehabt hätte und nur praktische Erwägungen sie hindern konnten, das alles aufzunehmen. Ich glaube ihr sofort.
Das Prägende der jüdischen Geschichte, des jüdischen Volkes ist, ohne Land zu leben und dennoch die Identität nicht zu verlieren. Möglich war das nur durch das Zusammentreffen einer neuen Religion und zweier frühzeitigen Exile: der Vertreibung nach Babel und der nach Ägypten. Beide Male kehrte das ursprüngliche Nomadenvolk zurück, geführt von charismatischen Persönlichkeiten - gleichsam Übungen für die 2000-jährige Diaspora nach der Zerstörung Jerusalems im Jahre 72.
Dass ein solches Volk eigene Überlebenstrategien und -fähigkeiten entwickeln musste, versteht sich von selbst. Genau diese führten dann wiederum zu Verfolgungen, Vertreibungen, Vernichtungsversuchen und neuen Flucht- und Überlebensstrategien. Und selbstverständlich nimmt die Entwicklung der Religion einen breiten Raum in diesem Buch ein - wohl dosiert und der jeweils beschriebenen Zeit entsprechend.
Vielerlei biografische Skizzen machen die jüdische Geschichte leicht lesbar und bleiben als Leuchttürme innerhalb der Entwicklung haften.
Lewin überfordert nicht das Gedächtnis: Immer wieder verweist sie auf schon Beschriebenes, Rückblicke fassen zusammen und nach rund 700 Seiten der Lektüre fasst sie die gesamte Zeit nochmals auf wenigen Seiten zusammen, gerafft, nüchtern, klar. Dem Leser fällt alles wieder ein, was unter dem Berg von Seiten verschütt zu gehen drohte.
Band 2 wird dann aber noch mal so lang, dick und schwer werden, und ich bin gespannt, wie die Autorin mit der Nazizeit und dem Drama im heutigen Israel verfährt.
Manchmal allerdings vergaloppiert Waldtraut Lewin sich und den Lektoren ist entgangen, dass z.B. Portugal nicht in der Nordwest-, sondern in der Südwestecke Europas liegt - aber das sind Kleinigkeiten. Ein fantastisches Geschichtsbuch auch schon für junge Leser. Mindestens in jeder Schulbibliothek sollte ein Exemplar greifbar sein.
cjh12.05

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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