Der König in der Kiste

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Teaser

“Es war einmal ein König..., der war immer unzufrieden.” Er ließ sich eine überdimensional große Kiste anfertigen und alles, was ihm nicht passte, hatte in der Kiste zu verschwinden. Nur: Wie weit lässt sich das treiben?

Beurteilungstext

Es fing damit an, dass an einem Morgen der Hahn “falsch” krähte, der Kaffee nur lauwarm war, der Löffel in der Tasse steckte und den König am rechten Auge pikste, der Kammerdiener über den Hund fiel und dabei dem König den Kaffee über den Purpurmantel schüttete. Das war vielleicht ein bisschen viel Ärger, aber der König “pflegte” diesen Ärger auch, bis er riesengroß war und schließlich in die Idee von der großen Kiste mündete. NUN war er in seinem Element, der König! Er beförderte alle und alles in die Kiste: Menschen, weil sie schiefe Daumen, O-Beine, Mundgeruch, Heuschnupfen, kurze, lange oder rote Nasen hatten, Tiere, Gegenstände und zuguterletzt eine nette Frau, die er EIGENTLICH zu seiner Königin hatte machen wollen, alle Minister und Berater, Bäume, Flüsse, Wolken, Sonne, Mond und Sterne. Zum Schluss sitzt er in grauer Ödnis auf der Kiste - und ist “so unzufrieden wie noch nie in seinem Leben” - bis er schließlich selbst in die Kiste steigt, aus der es klingt und singt und nach Leben duftet! Krone und Mantel, die Insignien seiner Macht lässt er draußen.
Dieses außergewöhnliche Bilderbuch erzählt ein Märchen (?) von Macht, Machtmissbrauch und deren Folgen. Es transportiert somit eine hochbrisante politische Botschaft in Form eines absurden Gleichnisses. Der unzufriedene König ist ein ALLEINHERRSCHER. Seine Minister und Berater sind nur Handlanger und Vollzugsgehilfen. Die Idealvortellung des Königs von allem Lebendigen ist eine stromlinienförmige Gleichschaltung nach seinen Ideen. Was in diese (enge) Kategorie nicht passt, kommt in die Kiste - ohne Pardon und ohne Mitleid! Erst als die Welt radikal “aufgeräumt” ist, merkt der König, was er sich SELBST angetan hat. Den vergleichsweise freundlichen Schluss, der Einsicht und Selbstkritik voraussetzt, gibt es (leider) auch nur im Märchen!
Die sprachliche und bildnerische Umsetzung dieses Märchens ist von
faszinierender Souveränität. Die einzelnen Szenen werden in knapper, farbiger Sprache beschrieben. Dominierend sind jedoch die Illustrationen in (zwar) freundlichen, fast pastelligen Farben (bis auf die kühl-blaue Kiste!), aber von massiver Präsenz im Detail: Da scheinen schräge Türme, Mauern und Hauswände fast zu kippen, drohende Draufsichten demonstrieren die Macht des (eher kleinwüchsigen) Königs und originelle “Untertanen” zeigen die Vielfalt des Lebens (auf zwei aufklappbaren Seiten im Mittelteil). Überzeugend weiß die Illustratorin auch die Ödnis der “aufgeräumten Welt” und die Einsamkeit des Königs in ihr zu Papier zu bringen und damit die Botschaft des Buches zu verdeutlichen: Allmächtige Weltbeherrscher leben sehr einsam, weil sie selbst sich von der vielgestaltigen Welt entfernt haben.
Ein Bilderbuch der Sonderklasse, nicht nur für Kinder im “Märchenalter”, sondern für Menschen aller Altersstufen.