Das Reich der Tränen

Autor*in
Wilk, Janine
ISBN
978-3-522-18389-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
KIMMERLE, MICHAEL
Seitenanzahl
124
Verlag
Thienemann
Gattung
Fantastik
Ort
Stuttgart
Jahr
2014
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wird Mia von ihrer Mutter misshandelt, flüchtet sie sich in eine Fantasiewelt in das Land Diadala, in dem die böse Königin Zenoide herrscht. Diese hält ihren Freund, den Drachen Goldiur gefangen. Entschlossen macht Mia sich auf den Weg, ihn zu befreien.

Beurteilungstext

Die kleine Mia lebt mit ihren Eltern und ihrem Hund Goldie in der Stadt. Der Vater hat eine eigene Firma, die ihn sehr einspannt und im Moment nicht richtig läuft. Die Mutter ist nicht berufstätig, dennoch immer mit irgendetwas beschäftigt, was sie aber scheinbar nicht wirklich ausfüllt und zufrieden stellt. Mia hat Angst vor den ständig wechselnden Launen ihrer Mutter, die von jetzt auf gleich von Sanftmütigkeit zu brutalen Wutausbrüchen wechseln können. Nie kann sie der Mutter etwas recht machen. Die Ausbrüche der Mutter verletzen Mia nicht nur verbal, sie wird auch handgreiflich ihrer Tochter gegenüber. Mia ist eine schwache Leserin, daher muss sie mit ihrer Mutter üben. Jedes Mal, wenn sie einen Fehler macht, wird sie von ihrer Mutter mit einer Ohrfeige bestraft, was die Lernbereitschaft steigern soll. Von Mias Vater kann sie keine Hilfe erwarten, er meidet jede Konfrontation mit seiner Frau. Um den Schmerz und die Gemeinheiten ertragen zu können, flüchtet Mia in eine Fantasiewelt und in das Land Diadala. Dort herrscht die böse Königin Zenoide, die Mias geliebten Kometendrachen Goldiur gefangen genommen hat. Mia macht sich auf, um ihren Drachen zu befreien. Aber die Burg der Königin Zenoide ist eine uneinnehmbare Festung, die nur mit einem speziellen Schlüssel zu öffnen ist, der aus vier besonderen Teilen besteht. Mia macht sich auf eine abenteuerliche und spannende Reise, diese vier Teile zu suchen. Dabei begegnet sie Menschen, die ihr helfen und denen sie hilft, sie muss Rätsel lösen und Aufgaben erfüllen, bis sie am Ziel ihrer Reise angekommen ist. Geschickt und feinfühlig verknüpft die Autorin Mias Leben in der Realität mit ihrer Traumwelt, in der sie zu ihrem Schutz eintaucht. Einige der Charaktere, die im Reich der Tränen auftreten, sind Karikaturen, der Menschen und Tiere, die Mia aus ihrem tatsächlichen Leben kennt. So ist zum Beispiel der Kometendrache Goldiur das Gegenstück zu ihrem Hund Goldi.
Das Buch ist eine Mischung aus Märchen, Fantasie und Realität. Geschrieben ist es aus der Sicht von Mia. Fantastische Illustrationen nehmen der Geschichte etwas den Schrecken. Janine Wilk verwendet einen sehr bildhaften Schreibstil. Durch ihre Art die Figuren in den verschiedenen Welten zu präsentieren, vermag sie es den Leser an dieses Buch bis zum Schluss zu fesseln. Aus der ängstlichen unsicheren Mia in der realen Welt wird Mia zu einem tapferen, mutigen Mädchen in ihrer Fantasie. Sie stellt sich ihren Ängsten, bekommt Hilfe und merkt, dass Sie nicht alleine ist, wenn sie sich jemanden anvertraut. Außerdem stellt Die Autorin unaufdringlich aber klar heraus, dass die Fantasie nur bis zu einer bestimmten Grenze hilfreich ist. Feinfühlig und poetisch beschreibt sie die Ängste von Mia, ihre tiefe Traurigkeit und Verzweiflung. Jedes Kapitel wird mit einem passenden Zitat aus bekannten Kinderbüchern wie „Die Unendliche Geschichte“, „Momo“oder „Der kleine Prinz“ eingeleitet.
Während Mia in der Fantasiewelt Menschen findet, die ihr helfen und sie weiterbringen, stößt sie in ihrer Welt auf Erwachsene, die ihr zwar manchmal zuhören aber hilflos, überfordert und gefangen in ihrer eigenen Situation sind. Die Kraft ihrer Fantasiewelt ist das Einzige, was Mia als Schutz und Trost bleibt. Selbst ihre geliebte Oma entschuldigt das Verhalten ihrer Tochter damit, dass auch sie keine schöne Kindheit gehabt habe. Der Autorin Janine Wilk ist ein vielschichtiges, aufrüttelndes Buch zu diesem Thema gelungen. Sensibel zeigt sie die Ängste der Kinder, ihre Ohnmacht und die Tatsache, dass sie selbst dann die Schuld bei sich suchen, wenn sie von ihren Eltern misshandelt werden. Gnadenlos zeigt die Autorin das bewusste Wegschauen der Erwachsenen, aber auch die Überforderung und Hilflosigkeit.
Das Cover überzeugt mit seiner Gestaltung und stellt einen Bezug zum Inhalt her. Zu sehen ist Mia mit dem magischen Schlüssel in der Hand. Sie läuft durch ein Feld mit überdimensionalen Mohnblumen. Dominierend sind die Farben grün und rot. Die Geschichte wird mit einem Prolog eingeleitet. Daran schließen sich 6 Kapitel die alle mit „Tränen...“ (z.B. „Tränen der Müdigkeit“) beginnen und mit einer Bleistiftzeichnung versehen sind. Den Abschluss bildet das Nachwort, das auf keinen Fall weggelassen werden sollte. Denn hier erfährt der Leser, dass die Autorin durch die Erzählung von einer Freundin zu diesem Buch inspiriert wurde, die in ihrer Kindheit ähnliches erleben musste. Abschließend finden sich noch Telefonnummern und Adressen, die Kindern in einer ähnlichen Situation wie Mia weiterhelfen. Aufgrund der Thematik ist „Das Reich der Tränen“ eine sehr ernst zunehmende und traurige Geschichte, die den Leser bewusst macht, welchen Leidensdruck Kinder haben, die Opfer häuslicher Gewalt werden und wie wichtig die Fantasie eines Kindes ist. Auf eine beeindruckende Weise verpackt Janine Wilk Mias traurige Kindheit und ihre Flucht in die Fantasie zu einem abenteuerlichen Märchen. Sie regt zum Nachdenken an, lässt hellhörig werden und beschäftigt den Leser noch im Nachhinein. Allerdings bleibt das Ende der realen Welt etwas zu offen. Es ist ein anspruchsvolles Buch, das auch von Erwachsenen gelesen werden kann.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ka.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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