Das Netz der Schattenspiele

Autor*in
Isau, Ralf
ISBN
978-3-551-35502-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
700
Verlag
Carlsen
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2006
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
6,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Heimlich verschafft sich Stella Zugang zum PC ihres Vaters; der hat gerade ein neues Computerspiel entwickelt, das noch kein Sicherheitssystem gegen das Internetsystem hat. Das weiß Stella nicht. Sie startet das Spiel und setzt damit den gefährlichen Cyberwurm frei ..

Beurteilungstext

Ein faszinierendes Buch, das mit der Idee eines globalen Datenkills spielt. Zweifellos ist der Autor ein großartiger Fachmann auf seinem Gebiet, der es auch noch versteht, seine Ideen in eine atemberaubende Geschichte zu verpacken - dafür ist er mittlerweile aus vielen Romanen bekannt. Dabei geht er allerdings öfter an die Grenzen des Verständnisses beim Leser. Nur wer ausgesprochen gute Kenntnisse von Computer und Erfahrungen mit Internet und Cyberspace hat, vermag über lange Passagen hinweg der Bedeutung des Geschehens zu folgen. ("Ich habe die Mail mit einem 128-Bit-Key ver-schlüsselt und in ein harmlos erscheinendes ICMP-Paket eingebunden, das an meinen Rechner im TU-Institut abgegangen ist. Erst dort wird es in eine richtige E-Mail verwandelt und über eine anonyme Remailer-Kette des Cypherpunk-Typs II an deine Mutter weitergeleitet". - "Im Gegensatz zu der von Ihnen angeführten Positronen-Emissions-Tomographie sind für unser NARS keinerlei radioaktive ‚Kontrastmittel' notwendig. Ohne Frage haben Sie schon einmal etwas von SQUIDS gehört, den supraleitenden Quanten-Interferenz-Geräten [...]")
Der Einstieg in die Sprache ist schwierig, da sie viele Fachbegriffe enthält, von denen allerdings gerade die simpelsten - an teilweise recht unpassender Stelle in der Handlung - erklärt werden (etwa, was booten bedeutet oder was eine Maus ist); manchmal ist auch an anderer Stelle die Sprache gestelzt, soll bewusst witzig sein ("Stella führte einen verzweifelten Kampf gegen Pickel und Mitesser. Manchmal gelang es ihr zwar, den gegnerischen General Akne in ein Rückzugsgefecht zu verwickeln, aber immer wenn es den Anschein hatte, der Gegner sei durch massiven Einsatz chemischer Kampfstoffe endlich in die Knie gezwungen, zeigte der Spiegel neue Kriegsschauplätze"). Im Verlauf des Romans verlieren sich aber gottlob solche Entgleisungen.
Die Handlung ist überaus spannend und faszinierend. Mit ihrem unerlaubten Computer-Spiel beschwört Stella eine Katastrophe herauf. Der Cyberworm, Figur des Spiels, verselbständigt sich und verursacht Fehler in Computeranlagen auf der ganzen Welt, beschwört Katastrophen herauf, die für einige tödlich enden. Der Vergleich mit einem Todesbazillus, der sich durch Gentechnik verselbständigt, liegt auf der Hand. Das Problem beschäftigt schließlich den BND, die CIA, die UN und die NASA - Dimensionen, denen der jugendliche Leser vielleicht nicht immer ganz zu folgen vermag, auch wenn diese brisant aktuell sind. So viel wird aber immerhin klar: Das Internet als Gedächtnis der Menschheit ist bedroht, da das gesamte Wissen nur noch auf Datenspeichern existiert - der Preis für unsere heutige Wissenschaftsgläubigkeit.
Hervorragend gelingt es Isau, die neuartige Bedrohung, die I-Bombe (Informationsbombe), lebendig werden zu lassen, die alle mit Hilfe vom Computern erzeugten und gespeicherten Informationen auf der Welt zerstören wird. Mit der Abhängigkeit von Elektronik und der Vernichtung allen zusammengetragenen geistigen Wissens verbindet der Autor durchweg philosophische Fragen, die sich auf Martin Heidegger und Maurice Jean-Jacques Merleau-Ponty stützen und auch insofern einen erfahrenen, bewanderten Leser voraussetzen. Immer wieder bewegt ihn das Problem der Realität, ob diese objektiv vorhanden ist oder eher so, wie Gehirn und Körper sie anbieten.
Das Reich der Phantasie, das Stella jedesmal im Kampf gegen den Cyberworm betritt, heißt Illúsion und erinnert stark an Phantásien in der "Unendlichen Geschichte"; in Sesa Mina findet Stella eine Führerin, die wiederum an Kassiopeia in "Momo" denken lässt. Wenn auch dem Werk märchenhafte Elemente abgehen, so ist es doch mit diesen großen Vorbildern in eine Reihe zu stellen - verbindet es doch spannende Unterhaltung mit Fantasy-Elemente und einer gehörigen Portion Gesellschaftskritik. Erstklassig!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von avn.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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