Das Ausgleichskind

Autor*in
Boie, Kirsten
ISBN
978-3-7373-5797-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
192
Verlag
FISCHER KJB Sauerländer Duden
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2023
Lesealter
10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüre
Preis
13,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Margret ist ein „Ausgleichskind“, denn sie gleicht die Spannungen in ihrer Familie aus, kompensiert den Streit und den Frust der Mutter über die Rebellionen der großen Schwester. Kann das gut gehen?
Kirsten Boies Kinderroman „Das Ausgleichskind“ erschien erstmalig im Jahr 1990. Nun (2023) hat ihn der Sauerländer Verlag neu aufgelegt. Ohne Frage: Das Thema ist noch immer aktuell, wenngleich sich der zeithistorische bzw. gesellschaftliche Kontext geändert hat.

Beurteilungstext

Auf den Umstand, dass sich die Bedingungen des Aufwachsens von Kindern gegenüber 1990 stark geändert haben, weist die Grand Dame der Kinderliteratur Kirsten Boie in einem Vorwort hin, das in dieser Neuauflage ergänzt wurde. Das betrifft vor allem die Weiterentwicklung der Medien: „Als ich neulich dieses Buch, das über dreißig Jahre alt ist, in die Hand genommen habe, war ich verblüfft, was sich in unserem Alltag in der Zwischenzeit so geändert hat. Schallplatten, ach du je!“ (S. 5), so heißt es. Doch Boie kommt zu dem Schluss:
„Auch wenn wir inzwischen nicht mehr mit DM bezahlen, sondern mit Euro, unsere Musik streamen und die Bundeshauptstadt schon lange nicht mehr Bonn ist, sondern Berlin. Die wirklich wichtigen Dinge nämlich, das weiß ja jeder, ändern sich nicht so schnell.“ (S. 6)
Und damit hat sie natürlich vollkommen recht, wie die auch heute noch spannende und psychologisch feinfühlige Erzählung zeigt, die vom Blick ins Innere der kindlichen Protagonistin Margret getragen ist. Die Bezeichnung „Ausgleichskind“ stammt von ihrem Kindergartenfreund Akki, der damit treffend Margrets Rolle in der Familie beschreibt. Krampfhaft versuchen die Eltern, vor allem die Mutter, gesellschaftliche Standards und Normen zu erfüllen und sind bedacht auf das, was andere von ihnen denken. Besonders treibt die Mutter der Konkurrenzkampf mit der verschwägerten Familie um Status, Geld und Ansehen um und sie fiebert um die Beförderung ihres Mannes, der in einer Versicherung arbeitet. Margrets ältere Schwester Marthe hat gegen diese Strukturen rebelliert und nach einem (falschen) Schwangerschaftsverdacht die Familie verlassen, um als Au-Pair-Mädchen nach England zu gehen. Für die Mutter ist Marthes Schulabbruch schier unerträglich und sie schweigt die Existenz ihrer älteren Tochter von nun an tot. Stattdessen konzentriert sie sich auf den schulischen Erfolg der jüngeren Tochter und Protagonistin und setzt diese massiv unter Druck, vor allem was das Klavierspiel betrifft. So nimmt es nicht wunder, dass Margret diesem Druck auf Dauer nicht standhält. Als sie die Rolle beim schulischen Klavier-Vorspiel nicht bekommt, traut sie sich nicht, dies ihrer Mutter zu sagen, und dann erhält sie auch noch einen Brief ihrer großen Schwester. Margret beginnt sich, gegen ihren Status als „Ausgleichskind“ zu wehren und engagiert sich mit ihren Freund*innen für ein Umweltprojekt, womit sie auf völliges Unverständnis der Eltern stößt. Am Ende gelingt die Aussprache mit der Mutter und diese meldet sich selbst zum Klavierunterricht an.
Boies Text ist eine Paradestück des modernen realistischen Kinderromans, der Komik und psychologische Glaubwürdigkeit und Tiefenschärfe in sich vereint. Auch nach 30 Jahren hat er an Lesenswürdigkeit nichts eingebüßt, denn wenn sich die Figuren auch keine WhatsApp-Nachrichten schreiben, ihre Persönlichkeitsstrukturen und inneren Konflikte sind auch heute noch aktuell.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Kirsten Kumschlies; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 23.06.2023

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