Bartleby, der Schreiber

Autor*in
Melville, Herman
ISBN
978-3-942787-37-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Poulin, Stéphane
Seitenanzahl
56
Verlag
Jacoby & Stuart
Gattung
Ort
Berlin
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Herman Melvilles bekannte Erzählung wird in dieser Prunkausgabe mit großformatigen Bildern versehen und fast einem Film gleich zugänglich gemacht. Ein besonderes Lektüreereignis.

Beurteilungstext

Diese bekannte Erzählung des Moby-Dick-Autoren Herman Melville erzählt die skurrile Geschichte des Kopisten Bartleby, der in einer Anwaltskanzlei tätig wird, dort stoisch seinen Dienst tut, dann aber mehr und mehr aus den Bahnen seiner scheinbar verabsolutierten Routine auszubrechen beginnt. Es beginnt damit, dass er seinem Chef - dem Ich-Erzähler - Zusatzarbeiten wie das Korrekturlesen verweigert, schließlich seinen Lebenskreis mehr und mehr verengend sich auf seinen Arbeitsplatz reduziert, in der Kanzlei wohnt, das Essen verweigert und schließlich auch jede andere normale Interaktion. Auch wenn sich der Ich-Erzähler aus Menschenliebe und Mitleid dagegen wehrt, wird Bartleby doch im Laufe der Handlung ins Gefängnis gebracht, wo er schließlich auch physisch an Lebensverweigerung stirbt. Der psychische Tod, so der entstandene Eindruck, hat bereits sehr viel früher stattgefunden.
Die seltsame Geschichte beginnt in der tristen Ödnis eines New Yorker Bürohauses und beginnt erst ganz subtil in der Verweigerung eines einzelnen die vorgefertigten Bahnen der mechanisierten Gesellschaft zu durchbrechen. Die unerhörte Handlung ist deshalb so eindrücklich, weil sie die Ausweglosigkeit der Anpassung vor Augen führt. Bartleby versucht nicht aktiv anders zu sein, er verweigert schlicht das Leben als einzigen Ausweg. Er reduziert sich selbst auf die Pflichterfüllung, die zusehends als fadenscheinige und sinnleere Tätigkeit überflüssig wird und ihn überflüssig macht. Damit formuliert Melville eine starke Kritik an einer Gesellschaft, in der Produktivität zum Maßstab für die Beurteilung des Einzelnen wird.
Die vorliegende Ausgabe präsentiert den Text auf 56 großformatigen Seiten. Dem zweispaltigen Text sind teils ganzseitige, teils doppelseitenfüllende und teils vigniettenartige Bilder von Stephane Poulin beigefügt, die die Handlung in Szene setzen und dabei besonders die psychologische Dimension der Handlung betreffen. In hyperrealistischen Bildern wird die Handlung abgebildet, jedoch zum Teil gerad in der Detailartigkeit überzeichnet und manchmal fast schon in karikaturistischen Zügen gehalten. Dann verlassen die Bilder auch die realistische Ebene der Handlung und zeigen eine Metaphorik, die die unterschwellige Verzweiflung und Hilflosigkeit in Szene setzt. So entsteht Nähe in der Betrachtung und absolute Betroffenheit. Die Bilder sind faszinierende Beigaben, die die Geschichte in neuem Licht zeigen. Absolut faszinierend und sehr zu empfehlen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von mr.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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