John Marr und andere Matrosen
- Autor*in
- Melville, Herman
- ISBN
- 978-3-86648-149-7
- Übersetzer*in
- Pechmann, Alexander
- Ori. Sprache
- Amerikanisch
- Illustrator*in
- Cloetta, Pascal
- Seitenanzahl
- 184
- Ort
- Hamburg
- Jahr
- 2013
- Lesealter
- 16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Bücherei
- Preis
- 24,00 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Die Meisten werden Melville nicht anders kennen, denn als Schöpfer seines Opus Magnum - „Moby Dick“. Doch die Wenigsten wissen: Gerade dieser mächtige Roman von 1851 beendete seine publizistische Karriere. Die vernichtenden Kritik, die sich seiner Veröffentlichung anschloss, machte Melville so erfolglos, dass er das Publizieren fast vollständig aufgab. Erst kurz vor seinem Tod, im Jahre 1888, fand er den Mut zu einem erneuten Versuch, der Gedichtsammlung: "John Marr und andere Matrosen".
Beurteilungstext
Drei Jahre vor seinem Tod verlegte er anonym, zu Selbstkosten und in einer Auflage von gerade einmal 25(!) Stück dieses Lyrik-Bändchens, eine Hommage an die sterbende Seefahrt.
Diese Gedichtsammlung liegt nun in neuer Übersetzung vor. Nach Rainer G. Schmidts Anlauf aus dem Jahre 2006, versucht Alexander Pechmanns Übertragung von „John Marr“ die Auslotung von Melvilles Spätwerk fortzuführen. Dabei wurden weder Mühen noch Kosten gescheut: Der Gedichtband liegt in blau-türkis gebundenem Leinen mit Schmuckschuber vor, ist hochwertig illustriert durch Pascal Cloéttas Tuschezeichnungen, glänzt mit einem 70-seitigem Anhang der amerikanischen Originaltexte und einem feinsinnigem Nachwort samt Glossar. Doch die Qualität der Übersetzung ist schwer einzuschätzen: Liegt es an der Übertragung A. Pechmanns oder an H. Melvilles Original, dass das Versmaß und die Reime oft gestelzt und altbacken wirken?
Trotz dieser formalen Abstriche – die jedem Leser bei der Lektüre auffallen müssen – punktet der Gedichtband v.a. durch die inhaltliche Qualität der Texte: Die atmosphärische Dichte von „John Marrs“ Seemanns-Geschichten in Versen pulsiert vor einzigartiger Lebendigkeit und Erfindungsreichtum. Prosa- und Lyrikpassagen, lyrische Skizzen und durchkomponierte Balladen schließen sich zu einem Textteppich, der die Liebe zu Licht und Wind, zu Seevögeln und Segelschiffen, zum Leben alter Seebären und junger Matrosen in nuce transportiert.
Mehr noch als in „Moby Dick“ und „Billy Bud“ offenbart sich Herman Melville hier als uneingeschränkter Dichter des Meeres: Die Seefahrerei und alles was damit zusammenhängt wird für ihn zur Metapher des Lebens. Während Melville seine Liebe zur Lyrik im „Moby Dick“ und „Billy Bud“ noch hinter lyrischer Stilmitteln und metrisch rhythmisierte Syntax innerhalb seiner Prosa verstecken musste – und damit die literarische Öffentlichkeit in Amerika so sehr befremdete, das sie ihn in den Feuilletons sprichwörtlich zerrupften – lässt er diesem Trieb im „John Marr“ uneingeschränkt freien Lauf.
In 20 lyrischen Miniaturen – von durchaus unterschiedlicher Qualität – wird ein (melancholisches) Loblied der Seefahrt gesungen: Zu alt, um selbst noch zur See zu fahren, haben die „lyrischen Ichs“ Melvilles sich im Inland Amerikas niedergelassen. Doch in der neuen Umgebung werden sie nicht heimisch; mit den abgestumpften Landmenschen, denen das Meer nur „viel Wasser“ bedeutet, verbindet sie nichts. Und so erwachen die Kameraden von einst in den Erinnerungen der Seemänner noch einmal zum Leben. Ihre Stimmen künden von vergangenen Zeiten voll Ehre und Mut, aber auch von Tod, Vergänglichkeit und unausweichlichem Schicksal.
Eins ist klar: Ein Matrose kann nie zur Landratte werden - „Sturm ist Leben! - Lasst es stürmen!“ - ist das Motto des Gedichtbandes. Er erzählt von der Sehnsucht nach Abenteuer, dem Leben im Augenblick und der Liebe zum Meer. Kurz und gut – Pechmanns Übersetzung bietet eine gute Möglichkeit Melville neu zu entdecken.