Babel

Autor*in
de Leeuw, Jan
ISBN
978-3-7725-2278-9
Übersetzer*in
Erdorf, Rolf
Ori. Sprache
Holländisch/Niederlä
Illustrator*in
Seitenanzahl
433
Verlag
Freies Geistesleben
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Stuttgart
Jahr
2018
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
22,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Eine zerrissene Welt und zwei junge Mädchen, deren Schicksale trotz aller Unterschiede auf tragische Weise miteinander verknüpft sind. Werden sie die Grenzen, die sie trennen, überwinden können?

Beurteilungstext

Zwei Leben, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Alice ist unglaublich reich, gebildet, Enkelin und Alleinerbin des mächtigsten Mannes der Welt, Abraham Babel. Naomi kommt aus dem ärmsten Viertel der Stadt, zerrissenen Familienverhältnissen und kämpft mit den Traumata ihrer Vergangenheit. Doch die Wege der beiden jungen Frauen finden auf wundersame Weise zusammen - im höchsten und wichtigsten Gebäude der Welt, dem Turm Abraham Babels. Dort lebt Alice, gefangen in ihrem nach einem Anschlag gelähmten Körper. Durch einen Zufall steigt Naomi von der Position einer Putzfrau zur Gesellschafterin der reichen Erbin auf und wird mit der Zeit Alice‘ Vertraute und Freundin. Doch der Streit und Hass der wirklichen, zerrissenen Welt machen vor dem Turm des Babel-Imperiums nicht halt: der Kampf um Wohlstand, das Ringen der Religionen und nicht zuletzt das nie endende Spiel um Macht und Reichtum. Plötzlich werden Alice und Naomi von Konflikten und Intrigen überrollt - oder waren sie schon immer ein Teil davon?
Mit seiner poetisch sanften und gleichzeitig wortgewaltigen Sprache entführt der preisgekrönte Autor Jan de Leeuw (u.a. zweifache Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis) seine Leser*innen in eine Welt der Extreme: Geld, Religion, Macht, Sex. Keines der Themen bleibt unberührt. Dabei bedient sich de Leeuw einer Collagentechnik und mehrperspektivischen Erzählweise auf verschiedenen Zeitebenen, welche Stück für Stück die Geschichte mit ihren Intrigen enthüllt und die Spannung langsam aber stetig aufbaut. Die einzelnen Kapitel stehen dabei immer unter dem Motto einer bestimmten Tarot-Karte, die den Fortgang der Geschichte erahnen lässt. Einfühlsam und mit Witz und Scharfsinn für die Dialoge wird den Schicksalen der Charaktere nachgegangen. Ein Gesamtbild ergibt sich allerdings erst auf den letzten Seiten des Jugendromans - und lässt die Leser*innen in einer seltsamen Unruhe mit offenen Fragen zurück.
Abgesehen von de Leeuws herausragender Erzählkunst wird der Roman an vielen Stellen jedoch den Erwartungen nicht gerecht. Schon die ersten Seiten erwecken Unbehagen: Abraham Babel als der reiche Jude, der die Welt beherrscht und kontrolliert. Aufmerksame Leser*innen könnten hier Gedanken der „zionistischen Weltverschwörung“ wiederentdecken, die unreflektiert im Rahmen eines Buches für Jugendliche bedenklich erscheinen. Darüber hinaus greift de Leeuw eine Reihe verschiedener gesellschaftlich relevanter Themen auf: religiöse Konflikte, Homosexualität, Gewalt, die Schere zwischen Arm und Reich. Die Zusammenstellung der jeweiligen Handlungsstränge erscheint dabei leider willkürlich und unbeholfen. Die einzelnen Elemente werden in ihrer Fülle zwingend oberflächlich dargestellt, sodass die Gefahr entsteht, Stereotypen zu verfallen, insbesondere was die Religionen betrifft. Diese werden von de Leeuw in seiner fiktiven Welt dabei nie eindeutig benannt bzw. adressiert, sondern immer nur angedeutet. So werden allerdings leider nicht nur Fragen zu den einzelnen Thematiken evoziert und Vorbehalte aufgedeckt, sondern potentiell auch Vorurteile geschürt. Gerade die wunderbare Erzählweise de Leeuws birgt dabei die Gefahr, die Darstellungen nicht genügend zu hinterfragen.
Erzählerisch begeisternd, aber inhaltlich ernüchternd ist das Werk leider nur eingeschränkt zu empfehlen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von anre; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 01.10.2019

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