Agnes und der Traumschlüssel

Schlagwörter

• Familie
• Freundschaft

Teaser

Was muss das für ein Gefühl sein, wenn man auf einem fremden Friedhof seinen eigenen Namen entdeckt? Wen wundert es, dass man hier Nachforschungen anstellt, am Ende ein Familiengeheimnis entdeckt und noch dazu einen verlässlichen Freund gewinnen kann?

Beurteilungstext

Da die elfjährige Agnes den Nachbarhund täglich ausführen darf, lernt sie die Straßen des kleinen verschlafenen Ortes kennen. Ihre Mutter, sie ist Journalistin, ist mit ihr hierhergezogen, da ihr Mann sie wegen einer anderen Frau verlassen hat. Agnes will mit ihrem Vater nicht telefonieren, sie ist ihm böse, da sie die Umstände nicht begreifen kann oder begreifen will. Eines Tages entdeckt sie am Friedhof das Grab eines kleinen Mädchens, das ihren Namen trägt, am gleichen Tag wie sie geboren ist und nur 24 Stunden gelebt hat. Dies war allerdings im Jahr 1938. Trotzdem will Agnes dieses rätselhafte kurze Leben des Säuglings verstehen und Nachforschungen anstellen.
Hilfe bekommt sie vom gleichaltrigen Sohn des Chefredakteurs der ortsansässigen Zeitung. Auch er lebt nicht freiwillig hier. Seine Mutter ist vor einem Jahr gestorben und so sind sie in die Provinz gezogen um Abstand zu gewinnen.
Irgendwie verbindet das.
Ihre gemeinsame Suche findet auf zwei Ebenen statt:
Da ist die ganz reale und sachliche Suche im Internet und im Archiv der Zeitung. Hier finden sie historische Spuren, die sie zu einer alten und jetzt unbewohnten Villa führen.
Die andere Ebene ist die phantastische. Eine Wahrsagerin spielt eine wichtige Rolle und Agnes Träume können die Spuren in der realen Welt verifizieren.
Phantastik und Realität vermischen sich zu einer glaubhaften Mischung, an deren Ende tatsächlich die Lösung des Familiengeheimnisses und ein alter Schatz stehen.
Die Autorin, bekannt und beliebt von ihren phantasievollen Büchern über die haarigen Monster aus der Unterwelt, hat eine spannende und märchenhafte Geschichte geschrieben. Ihren eher nüchternen und sachlichen Schreibstil verwendet sie für die reale Welt. Doch sobald Agnes den Friedhof betritt wird die Sprache lebendig, beschreibt alltägliche Situationen in bildhaften und zarten Tönen, die nicht kitschig, sondern ebenfalls glaubhaft klingen. So vermischen sich Realität und Phantastik auch in der Sprache.
Damit zieht die Autorin nicht nur die angesprochene Altersgruppe in ihren Bann. Ihre Frage, die sie in ihrem Kinderbuch nachgeht, ist eine Frage, die nicht an ein bestimmtes Alter gebunden ist: Wer sind meine Vorfahren? Wo komme ich her? Was haben sie mir materiell und vor allem an ideellen Werten mitgegeben?
Interessant ist, dass bereits 1981 die große schwedische Autorin Maria Gripe einen Jugendroman mit dem Titel "Agnes Cecilia - en sällsam historia" mit ähnlichem Inhalt publiziert hat. Ob die heutige finnische Autorin dieses Buch kennt, weiß man nicht. Jedoch dieser ältere Roman ist auch heute noch lesenswert - falls man ihn im Antiquariat findet.
Die Illustratorin hat zu diesem realistischen und doch behutsamen finnischen Buch ausdrucksstarke Zeichnungen von Personen und Gegenständen gefunden. Sie sprechen für sich und erzählen weit über die Geschichte hinaus.
Elina Kritzokat hat eine ansprechende Sprache für ihre Übersetzung gefunden: Kindgerecht aber doch so, dass sie auch erwachsenen Leser:innen Freude an der Sprache schenken kann.