... aber wo ist die Geschichte?

Autor*in
Coppo, Marianna
ISBN
978-3-95939-217-4
Übersetzer*in
Schimming, Ulrike
Ori. Sprache
Italienisch
Illustrator*in
Coppo, Marianna
Seitenanzahl
48
Verlag
Bohem Press
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)
Ort
Zürich
Jahr
2023
Lesealter
4-5 Jahre0-3 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Vorlesen
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die erste Abbildung zeigt vier Fantasietiere, die aufgereiht in einer (ab-)wartenden Haltung versammelt sind, wobei eines die Buchseite zu einem kleinen rosa Hasen hin überschritten hat. Dieser taucht bereits unterhalb der Titelangabe auf und hat einen Buntstift in der Hand, während auf dem Boden verstreute Stifte auf noch zu erwartende Aktivitäten hindeuten.

Beurteilungstext

Der - im ganzen Bilderbuch sehr spärlich gehaltene - Text hebt an mit dem Satz „Es war einmal eine weiße Seite“. Schon beim nächsten Umblättern folgt: „Doch sie blieb nicht lange weiß“. Und unter diesem Satz sind zwei Tiere zu sehen. Neben einem rosa Hasen steht ein etwas ratlos dreinblickendes braunes Wesen mit roter Brille. Die auf der gegenüberliegenden Seite versammelten Tiere - in der Mitte ein grauer Bär - scheinen ebenso unschlüssig zu sein. Alle Figuren sind in deckenden hellen Temperafarben ohne die Verwendung von Konturen gemalt, was auf eine Nähe zu den Kleinkindern vertrauten „Kuscheltieren“ hindeutet. Ihre ausdrucksvolle Gestik und die sehr fein mit kleinen schwarzen Punkten gestaltete Mimik lassen Rückschlüsse auf die jeweilige innere Verfassung zu.

Auf der nächsten Seite tauchen drei Fragen auf. Es scheint nicht klar zu sein, wie, wann und warum sich die Figuren an ihrem jetzigen Ort befinden. Das Tier mit Brille ist besser informiert: Offensichtlich befinden sie sich in einem Buch und müssen jetzt – wie es sich für eine solche Umgebung gehört - auf eine Geschichte warten. Und da stehen sie nun und blicken alle in eine Richtung, aus der möglicherweise das Gesuchte kommen könnte. Auch die Aufforderung des kleinen Hasen zum Spielen trifft auf die abwehrende Haltung der Vier, die ihr beständiges Ausharren weiter sprachlich kommentieren. Durch die Verwendung von dünn geschriebenen Großbuchstaben sind ihre Äußerungen typographisch vom eigentlichen Text abgehoben. Es handelt sich um Ausrufe, Fragen und kurze Dialoge, die oberhalb des denkenden oder sprechenden Tieres angesiedelt sind. Auf diese Weise werden sie - ähnlich wie in einem Comic - den Zuhörenden bzw. Lesenden sehr lebendig nahegebracht.

Bald schon wendet sich der Hase gelangweilt von den Wartenden ab und fängt an, selbst aktiv zu werden. Und durch seine Kreativität verändert sich etwas: ein Baum entsteht, große blaue Vögel flattern um diesen herum, ein neu aufgetauchtes rotes Tier knabbert am Grün des Baumes und setzt sich in eine Schaukel. Wolke, Eichhörnchen und Baumhaus - sogar ein Ballon mit Pinguinen - gesellen sich hinzu. Bald wirkt sich die neu geschaffene bunte Welt unmittelbar auf die Wartenden aus: der Bär wird von Vogelkot getroffen, aus der nun schwarz gewordenen Wolke kommen Blitze und Regen. Das bringt die Tiere in Bewegung. In der Darstellung sichtbar gemacht an ihrem Wechsel auf die andere Bildseite kommt es zu gemeinsamen Aktivitäten: sie spielen zusammen; die heitere Stimmung wird durch herumfliegende Noten angedeutet. Als ein Storch mit der Geschichte in der Umhängetasche verspätet eintrifft, brauchen sie diese nicht mehr. Sie haben längst ihre eigene gefunden, die sie ihm nun erzählen wollen, wieder beginnend mit dem Satz „Es war einmal eine weiße Seite …“. Die grafische Gestaltung unterstreicht die neue Gemeinsamkeit: Alle Tiere haben sich um ein Lagerfeuer herum versammelt, das genau im Mittelfalz beider Buchseiten angesiedelt ist.

Die Autorin und Illustratorin gestaltet durchgehend keinen Hintergrund, sondern entwickelt ihre Geschichte in einem Weißraum, der sich durch die Aktivität des Hasen allmählich mit Leben und Farbigkeit füllt. Dies kann durchaus „gelesen“ werden als eine Aufforderung, selbst - auch sprachlich - kreativ zu werden. Und noch eine weitere Dimension ist in dem Bilderbuch angelegt: Den Figuren wird nach anfänglicher Ratlosigkeit bewusst, dass sie sich selbst in einem Buch befinden. Damit wird auf eine spielerische Weise der fiktionale Charakter dieses Mediums - ja die Konstruiertheit der Figuren - zur Sprache gebracht. Das Bewusstmachen dieser Ebene ist angewiesen auf die Unterstützung der begleitenden Vorleseperson und sollte für Kinder des empfohlenen Alters von 3 Jahren sehr behutsam angebahnt werden.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von anei; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 22.12.2023

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