Zwei und Dieselbe - Wie viel von mir bin ich

Autor*in
Pearson, Mary E.
ISBN
978-3-596-85337-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
331
Verlag
FISCHER Schatzinsel
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Frankfurt
Jahr
2009
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die 17-jährige Jenna erwacht nach einem Jahr aus dem Koma. Auf der Suche nach ihrer Identität stößt sie auf Ungeheuerliches: Sie lebt seit dem Unfall in einem nachgebildeten Körper.

Beurteilungstext

Als Jenna aus dem Koma erwacht, merkt sie, dass sie alles aus ihrer Vergangenheit vergessen hat: Sie erkennt weder ihre Eltern, noch die Umgebung oder bisweilen auch nicht die richtigen Worte um auszudrücken, was ihr fehlt. Doch neben diesen sachlichen Dingen, die sie erst neu erlernen und wiedererkennen muss, spürt sie emotionale Unsicherheiten: Die Menschen, die ihre Familie sein sollen, entziehen sich ihr, rücken ab, auch wenn sie alles andere ihres Alltags regeln.
Ihr Vater, ein berühmter Mediziner, ist selten zu Hause. Jenna ahnt, dass er die Schlüsselfigur zum Geheimnis ihres jetzigen Lebens ist. Sie stellt Nachforschungen an und entdeckt, dass bei dem Unfall so viel ihres alten Selbst zerstört worden ist, dass sie eigentlich gar nicht leben können dürfte. Mit der Zeit erkennt sie ihre ganze, furchtbare Situation: Ihre Eltern haben ihren Körper mithilfe eines speziellen Mittels und der Computertechnik nachgebildet und halten ihn auch nur durch diese neuen technischen Errungenschaften am Leben.
Wegen der Gefahr entdeckt zu werden, haben die Eltern ihre Heimat verlassen und leben nun mit Jenna und der Großmutter in einer anderen Gegend.
Als sich Jenna zudem noch verliebt, ist das Gefühlschaos komplett: Sie stellt ihre ganze Erscheinung, ihre Gedanken und Gefühle und die der anderen in Frage. Ihre Großmutter wird für sie zur wichtigsten Stütze. Sie unterstützt sie bei ihrem Versuch, gegen die Eltern zu rebellieren und nicht länger alles mit sich machen zu lassen. Die digitale Notkopie von ihr und ihren Freunden wird zerstört, Jennas Leben ist nun - trotz aller technischen Finessen - der Endlichkeit ausgeliefert. Erst dann ist es für die Eltern und Jenna wieder möglich sich tatsächlich anzunähern.

Liest man zunächst nur den hinteren Klappentext, so denkt man an einen klassischen Krimi und mutmaßt: Bestimmt sind Jennas Eltern gar nicht ihre wirklichen und ein Verbrechen steht hinter all diesen Unsicherheiten Jennas.
Mit zunehmender Lesedauer ändert sich dieser Eindruck und man befindet sich inmitten eines spannenden Science-Fiction Abenteuers: Da ist ein Körper, zusammengehalten durch ein Gel, das die Eigenschaft besitzt, Organfunktionen zu übernehmen. Man liest von einem Rechner im Kleiderschrank, der eine Kopie der Spezies beinhaltet, damit sich diese im Zweifelsfall von der Schuldfrage beim Autounfall befreien kann.
Diese surrealen Inhalte sind jedoch nur zu einem Bruchteil das, worüber das Buch erzählen will. Sie spielen eher eine Nebenrolle. Hauptthema ist die Entwicklung des Mädchens Jenna Fox, eines Mädchens, das bis zum Unfall als "Prinzesschen" ihrer Eltern lebte und das in der Hauptsache die Wünsche ihrer Eltern zu erfüllen hatte.
Der Unfall bietet diesem Kind nun auf der Schwelle zum Erwachsen werden eine Chance: Es kann sich abgrenzen, eigene Entscheidungen treffen, und das, obwohl doch nur 10 % ihres alten Selbst gerettet werden konnten und obwohl sie doch gerade nun so sehr abhängig von ihren Eltern ist.
Eigentlich, so spürt der Leser, sind die höchst existenziellen Fragen der Jenna genau die gleichen Fragen, die sich normale Jugendliche ihres Alters (aus Fleisch und Blut) stellen: Inwieweit ist mein bisheriges (langweiliges) Selbst in der Lage mich in die Zukunft zu tragen? Wieso erscheint mir nun alles neu? Kann ich meinen Gefühlen trauen? Wer meint es wirklich ernst mit mir?
Die Großmutter ist letztlich die, die dem "Kind" vertraut, es ermutigt eigene Wege zu gehen und "gefährliche" Fragen zu stellen. Sie steht dabei für all die Erwachsenen, die Heranwachsende benötigen, damit ihr noch labiles Selbstwertgefühl zum Wachsen angeregt wird.


Auf über 300 Seiten bekommen die jugendlichen Leser Jennas Entwicklung präsentiert. Dies geschieht in sprachlich angemessener Art und Weise: Die Sätze sind kurz, die Ich-Form der Hauptperson erleichtert eine Identifikation.
Etwas halbherzig wirkt der ganze medizinische Hintergrund. Etwas mehr Details würden (erwachsene) Leser schon verstehen können, als das, was dort sehr oberflächlich angesprochen wird. Das gilt auch für die hinter allem stehende ethische Frage: Inwieweit ist es für die Menschheit zuträglich, "Gott" zu spielen und was schadet? Etwas mehr Konturen hätten den Charakteren gut getan - wohl wissend, dass ein Buch für Jugendliche auch vonseiten der Quantität nicht ausufern darf.
Gesamt lässt sich also sagen: Es ist ein lesenswertes Buch für Jugendliche, das Fragen aufwirft, die diese beantworten können. Die Facetten der zukunftsträchtigen, medizinischen Forschung zum Erhalten von Leben sind dabei schmückendes Beiwerk und wirken wie ein Reiz, der den Jugendlichen das Weiterlesen erleichtern soll. Für Erwachsene ist genau dieser Themenbereich qualitativ unter repräsentiert.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von GM.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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