Zebra

Schlagwörter

• Familie
• Freundschaft

Teaser

“Zebra” heißt eine der sechs Erzählungen dieses Sammelbandes, die uns einerseits US-Amerikanische Wirklichkeit und Traumata und andererseits die Erschütterungen und Veränderungen beim Erwachsen werden vor Augen führen.

Beurteilungstext

Allen Geschichten ist gemeinsam, dass ein Junge oder ein Mädchen durch ein Ereignis in der Familie, eine Begegnung oder eine Verletzung erschüttert und verunsichert wird. Diesen Moment der Irritation, der tiefen Beunruhigung und der Veränderung von gewohnten alltäglichen Dingen gestaltet der Autor in einer klaren, schlichten Erzählhaltung und einer berührenden Sensibilität für die inneren Konflikte der Jugendlichen auf dem Weg zu einer sicheren und stabilen Identität, die um die Geheimnisse und Verletzungen auch der Erwachsenen weiß.
Da ist in der Erzählung der blauhaarige, punkige Moon, dem es ziemlich stinkt, dass seine Eltern sich dauernd um die Schicksale anderer Menschen kümmern. Er fühlt sich übergangen und zurückgesetzt und reagiert seinen Zorn und seine oft aufkommende Wut mit Trommeln ab. Als er dann durch die Initiative seiner Eltern dem pakistanischen Jungen Ashraf begegnet, der mit einer Reise durch die USA auf die erniedrigenden Arbeits- und Lebensbedingungen von Kindern in seinem Land aufmerksam machen will, ist er zunächst wütend. Dann irritiert, als der Junge so offen auf ihn zugeht und schließlich mag er ihn, als sie feststellen, dass sie beide gerne trommeln. Als später die Nachricht kommt, dass Ashraf tot ist, weiß Moon, dass er der harten Realität des Lebens begegnet ist. Durch eine Tonbandaufnahme der Musik von Ashraf kann Moon dazu beitragen, dass diesem Jungen in seiner Schule eine würdige Gedenkveranstaltung gewidmet werden kann.
Oder da ist “Zebra”, eigentlich heißt er mit Nachnamen Zebrin, aber alle nennen ihn so, auch weil er so gerne rennt. Eines Tages passiert ein Unfall - Zebra konnte nicht mehr bremsen und ein Auto fährt ihn an. Nun kann er nicht mehr rennen und er hat eine verkrüppelte Hand, die ihm oft Schmerzen bereitet. Durch die Begegnung mit einem Vietnamveteranen mit nur einem Arm, der an der Schule einen Kunstkurs anbietet, beginnt Zebra sich selbst und die anderen neu zu sehen und lernt seine Hand auch wieder zu benutzen.
In einer der Erzählungen geht es um die mögliche Trennung der Eltern, in einer anderen um die neue Beziehung der Mutter eines Mädchens (Isabel) oder um die Auseinandersetzung mit der Kultur der Navajos im Zusammenhang mit dem Abwehr von Übergriffen von Jungs auf ein Mädchen (Nava).
Nicht zu Unrecht heiß der Untertitel des Buches “Geschichten aus Amerika”, denn in allen Erzählungen sind sehr typische US-amerikanische Elemente enthalten, vor allem der Vietnamkrieg spielt eine nicht unwichtige Rolle, als Trauma der Erwachsenen; die Traditionen der indianischen Ureinwohner bestimmen die Entwicklung eines Mädchens, dessen Vater sich mit der Heilkunst der Navajos beschäftigt oder auch die Bedeutung der Jagd, die im amerikanischen Westen auch heute noch eine nicht unwesentliche Rolle, für das Bewußtsein “Amerikaner” zu sein, spielt.
Der Hanser Verlag hat sich für die Gestaltung des Buches etwas besonderes ausgedacht: Es ist fest gebunden, mit den schwarz-weißen Zeichnungen eines Zebras versehen und so samtweich anzufassen, wie das zarte Fell des Tieres.
Leider werden wir keine weiteren Jugendbücher von diesem Autor lesen können, denn der Verlagsmitteilung ist zu entnehmen, dass er im Sommer 2002 73jährig verstorben ist.