Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse

Autor*in
Meyer, Thomas
ISBN
978-3-257-86242-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
284
Verlag
Diogenes
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Zürich
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
10,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Den Roman über die Selbstfindung von Mordechi Wolkenbruch und seiner Emanzipation erzählt dieser selbst in einer grandiosen Mischung aus Deutsch und Jiddisch. So wie er sich eine Welt außerhalb der eng begrenzten jüdischen Welt erobert, so öffnet sich uns seine Welt. Das ist so humorvoll und liebenswert geschrieben, dass man sich fast wünscht, an Stelle von ""Motti"" zu sein und ebenfalls eine Nichtjüdin (""Schickse"") still anzubeten.

Beurteilungstext

Den Ausdruck ""tuches"" sollten wir uns gleich merken, denn er taucht häufiger auf. Tuches ist der Hintern, auch in der deftigen Form. Mottis Mutter (""mame"") hat einen mächtigen tuches, und so soll auch der tuches der Frau sein, die sie für ihren dritten Sohn aussucht. Das wird auch Zeit, denn der ist inzwischen bereits 25 Jahre alt und immer noch ""Jungfrau"", und die von seiner mame ausgesuchten frojen sind nicht das, was Motti sich erträumt.
Das Aufgewachsen in einer stark reglementierten Umgebung mit festen Ritualen und konservativer Haltung in deutlicher Hierarchie fördert zwar Halt und Sicherheit der Personen, schränkt aber den ""freien Willen"" erheblich ein und fordert Gehorsam. Motti sieht das bei seinem tate, seinem Vater. Das Aufbegehren kann kurz und erfolglos sein oder in ziemliche Unordnung stürzen. Motti lässt uns in drei großen Kapiteln teilhaben an seinem Leben, und er findet in Michele und in seinem Onkel in Israel kleine Verbündete. Dort schläft er auch das erste Mal mit einer Frau und merkt, dass er seinen eigenen Weg gehen muss, ""nicht den deiner Mutter"" sagt Onkel Jonathan. Und Frau Silberzweig meint, dass sich Motti offensichtlich für seine Zukunft keinen breiten, einfachen Weg vorstellt, sondern eher den ""schmalen, steilen, steinigen"".

Einen sehr sympathischen Charakter hat sich Thomas Meyer ausgedacht, einen Motti, der nicht lügt, obwohl es das Leben in den jeweiligen Situationen (scheinbar) einfacher machen würde. Und eine ungewöhnliche Schreibweise hat sich der Autor auch ausgewählt, indem er seine Texte ununterbrochen mit jiddischen Ausdrücken würzt, uns allerdings nicht allein lässt damit, denn er fügt ein mehrseitiges Vokabel-Glossar an.

Ja, man muss sich ein bisschen auf den Text einlassen, aber wenn das Motto des ersten Teils so heißt (Itzt, bruder, trink ich, / un wen es rojscht in kop, / faif ich oif der ganzer welt / un tanz mir hop-hop-hop!), dann weiß man, auf was man sich einlässt. Es soll der Schade nicht sein.

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Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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