Wo ein bißchen Zeit ist...
- Autor*in
- Ostrovski, Emil
- ISBN
- 978-3-8414-2160-9
- Übersetzer*in
- Gunkel, Thomas
- Ori. Sprache
- Englisch
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 303
- Verlag
- FISCHER FJB
- Gattung
- –
- Ort
- Frankfurt/Main
- Jahr
- 2014
- Lesealter
- 14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- –
- Preis
- 16,99 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Der 18-jährige Jack entführt seinen neugeborenen und zur Adoption freigegebenen Sohn, um ihn seiner dementen Großmutter zu zeigen. Gemeinsam mit der Kindsmutter und einem guten Freund ist er zwei Tage lang auf der Flucht vor der Polizei. Er bespricht während dieser Zeit nebenbei die großen, philosophischen Fragen des Lebens mit seinem kleinen Sohn, den er für sich Sokrates nennt.
Beurteilungstext
Emil Ostrovski ist mit diesem Roadtrip ein erstaunlich witziger und gleichzeitig nachdenklicher Roman gelungen. Wenn man bedenkt, dass der Autor erst 23 Jahre alt ist, überrascht es, wie tiefgründig seine philosophischen Überlegungen sind. Hier lässt der Autor sein Alter Ego Jack ein profundes Wissen über die antiken Philosophen zeigen, während er gleichzeitig im realen Alltag überfordert wirkt. Er handelt, ohne sich die Konsequenzen bewusst zu machen. Er weiß zwar, dass die Entführung des Babys zu Problemen führen wird, blendet sie aber aus, um sein Ziel durchzusetzen. Auf der einen Seite sind die Protagonisten des Romans, besonders Jack und sein Freund Tommy, noch recht unreife, fast noch spätpubertäre, Teenager, auf der anderen Seite bedeutet ihnen die Frage nach der Sinnhaftigkeit des menschlichen Lebens sehr viel. So offen und ohne bereits eingefahrene Denkmuster können vermutlich nur sehr junge Menschen diese Sinnfrage stellen und zu lösen versuchen. Jack, der aus Überdruss sogar an Suizid dachte, wird durch die, für ihn überraschende, Wendung, plötzlich Vater zu sein, in eine Verantwortung genommen, die ihn erst überfordert, dann aber zum Nachdenken zwingt. Als er seinen Sohn im Arm hält, wird ihm klar, dass er sich dieser Verantwortung stellen muss, dass er handeln muss, auch wenn andere sein Handeln als falsch betrachten werden. Die Unterstützung durch seinen Freund, der bedingungslos zu ihm hält, und auch durch seine Exfreundin, die Mutter seines Sohnes, hilft ihm, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Die junge Frau wirkt reifer als die beiden jungen Männer, verantwortungsbewusster, aber auch sie lässt sich auf die absurde Reise zu der ihr unbekannten Großmutter ein. Es kommt, wie es kommen muss, sie erreichen zwar ihr Ziel, aber sie werden am Ende für ihre Flucht zur Rechenschaft gezogen.
Ostrovski beginnt seine Ich-Erzählung in der Gegenwart, sein Erzähler trifft den, mittlerweile erwachsenen, Sohn und erzählt ihm im Rückblick die Geschichte seiner Entführung. Durch diesen Kunstgriff weiß der Leser bereits zu Beginn, dass Jack den Kontakt zu seinem Sohn über die Jahre halten konnte. Das ist ein tröstlicher Aspekt, ebenso die Ähnlichkeit der Interessen von Vater und Sohn. So schließt sich der Kreis, Prolog und Epilog umschließen auch die eigentliche Handlung.
Obwohl das Thema eigentlich recht ernst ist, gelingt es dem Autor, seine Figuren in immer neue, absurde Situationen zu bringen, die reichlich Komik beinhalten. So fällt das Lesen trotz der geballten, philosophischen Dialoge zwischen Vater und Sohn nicht schwer, schließlich möchte man wissen, wo das alles enden wird. Der Sprachstil ist dem Alter der Personen angepasst, ohne in eine “anbiedernde” Jugendsprache abzugleiten, wie man es von manchen Jugendromanen kennt.