Wir mussten flüchten. Was es bedeutet, die Heimat zu verlassen und irgendwo neu anzufangen

Autor*in
Drösser, Christoph
ISBN
978-3-522-30633-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Coenenberg, Nora
Seitenanzahl
109
Verlag
Thienemann
Gattung
Buch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Stuttgart/Wien
Jahr
2023
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Yes! They did it again! Das kongeniale Duo Drösser/Coenenberg hat sein viertes Buch veröffentlicht – und wieder ist es unbedingt empfehlenswert! Dieses Mal haben sich die beiden das Thema „Flucht“ vorgenommen. Es gelingt ihnen in Text und Bild exzellent, komplexe Zusammenhänge klar zu erklären und dabei das Kunststück zu bewältigen, tiefe Humanität mit einer großen Selbstverständlichkeit zu paaren.

Beurteilungstext

Diese solidarische Grundhaltung gegenüber Menschen, die geflüchtet sind, zieht sich durch das gesamte Buch. Hier wird unaufgeregt und einfach – ohne zu simplifizieren – erklärt, was Flucht bedeutet, wie das Phänomen historisch einzuordnen ist und welche Erfahrungen viele Menschen teilen, die ihr Heimatland verlassen mussten. Besonders gelungen ist die konsequente Fokussierung auf das Leben von Kindern. Stellvertretend für viele andere werden zehn Kinder aus unterschiedlichen Heimatländern vorgestellt. Diese Kinder gibt es wirklich. Sie werden auf einer Seite kurz illustrativ vorgestellt: einer größeren Zeichnung aus dem jeweiligen Leben werden zwei kleine Kästen mit Begebenheiten aus der Vergangenheit und/oder Flucht an die Seite gestellt. Eine Karte zeigt, von wo nach wo sie fliehen mussten. In der Zusammenschau ergibt sich ein komplexes Bild, ähnlich einem Mosaik.
Das Buch schildert darüber hinaus auch, welche Erfahrungen Kinder nach der Ankunft in Deutschland machen, was Asyl bedeutet und welche Bedeutung der Kontakt zu Gleichaltrigen in der Schule hat. Und schließlich werden den jungen Leser:innen Vorschläge unterbreitet, wie sie helfen können, dabei werden eher allgemeine Tipps mit konkreten Beispielen unterfüttert.
Das Buch schließt mit sieben Lebensgeschichten von berühmten geflüchteten Menschen – eine schöne Idee, den in der Öffentlichkeit oft überwiegenden Problemschilderungen Erfolgsgeschichten gegenüber zu stellen.
Nora Coenenbergs Illustrationen sind erneut auf sonnengelbe, meerblaue, grüne, orange oder pinkfarbene Seiten gesetzt. Das schafft Leichtigkeit und Frische. Hier bietet das Layout ein gelungenes Gegengewicht zum manchmal schwer verdaulichen Thema. Die Zeichnungen sind gewohnt lebendig und visualisieren meist, was im Text beschrieben ist. So kann der Inhalt noch besser erschlossen und können sich Details besser gemerkt werden. Ein Beispiel für die wunderbar kreative Herangehensweise ist die Doppelseite zum Thema Asyl. Mit Hilfe von Smiley-Stempeln wird dargestellt, wie viele von 100 Anträgen eine Anerkennung erhalten (lachende grüne Smileys), Schutz vor Abschiebung bieten (neutrale gelbe Smileys) oder Ablehnung (traurige rote Smileys) erfahren. Die Gegenüberstellung von Einwohnerstärke eines Landes und Anzahl der aufgenommenen Geflüchteten in zwei Kreisen verdeutlicht, welche Länder besonders viel leisten. Hier entstehen Sprechanlässe, genauso wie beim „Realitätscheck“ zu Vorurteilen wie „Die Flüchtlinge bekommen mehr Unterstützung als arme Deutsche“.
Die Texte sind – obwohl manchmal recht lang – gut lesbar geschrieben. Auch wenn die Sätze gern einmal etwas komplexer sind, werden Wörter verwendet, die viele Kinder im Wortschatz haben. Der Verlag hat sich erfreulicherweise für eine serifenlose Schrift in mittlerer Größe und genügend Zeilenabstand entschieden – das trägt ebenfalls zur Lesbar- und Verständlichkeit bei. Abgerundet wird das Buch durch ein umfangreiches Quellenverzeichnis und ein übersichtlich gestaltetes Register.
Dieses Buch darf es gern in alle Klassenzimmer und Schulbibliotheken schaffen: Es nimmt Kinder ernst, erklärt ihnen die Verwendung von Begriffen, traut ihnen etwas zu und steht für selbstverständliche Mitmenschlichkeit. Mögen sich der Autor und die Illustratorin gemeinsam noch vielen Themen widmen!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ah; Landesstelle: Berlin.
Veröffentlicht am 06.05.2023

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