Wer tanzt schon gern allein? Bilder, Geschichten und Gedichte zur Demokratie

Autor*in
Gruß, Karin
ISBN
978-3-7795-0634-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
112
Verlag
Peter Hammer Verlag
Gattung
Buch (gebunden)
Ort
Wuppertal
Jahr
2020
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
22,00 €
Bewertung
nicht empfehlenswert

Teaser

Eine Anreihung von preisgekrönten AutorInnen und IllustratorInnen um Demokratie zu thematisieren. Nett gedacht, leider unzureichend umgesetzt.

Beurteilungstext

Ein Werk, dass den Anspruch erhebt, Demokratie in Bildern, Geschichten und Gedichten zum Ausdruck zu bringen und Anlass geben möchte „über die Grundlagen einer Gesellschaft nachzudenken, die von Respekt, Toleranz und Fürsorge geprägt ist“ (Klappentext) sollte dies sowohl sprachlich, inhaltlich als auch bei der Wahl der AutorInnen widerspiegeln. Leider ist dies jedoch nicht durchgängig der Fall. Ein Buch, das im Jahre 2020 mit der Lobby für Demokratie e.V., Düsseldorf veröffentlicht wird, „um von Demokratie im Alltag zu erzählen“ (S.99) sollte sich der Verantwortung bewusst sein, die es beinhaltet. Sprache ist machtvoll und beeinflusst, wie wir Menschen wahrnehmen. Und auch wenn dahinter keine böse Absicht stecken mag, so haben doch Redewendungen und Begriffe wie 'zum „schwarzen Schaf“ gemacht werden' (S.74) oder das ausgeschriebene N-Wort (S.80) in diesem Buch meines Erachtens nichts zu suchen. Wenn also davon berichtet wird, wie König Karl einem Kind helfen kann, dass sich „in der Schule nicht mehr wohlfühlte und von einigen Lehrern zum schwarzen Schaf gemacht worden war“(S.74) stellt sich mir die Frage, wieso sich offensichtlich gar keine Gedanken darüber gemacht wurde, dass an dieser Stelle eine rassistische Redewendung des Deutschen verwendet wird. An keiner Stelle im Buch ist darüber hinaus eine Anmerkung oder Kennzeichnung zu finden, dass in verschiedenen Geschichten rassistische Sprache reproduziert werden könnte. Dies scheint nämlich der Gedanke hinter der Geschichte „Jemand wie Sie“ von Hermann Schulz (S.80-82) zu sein. Den Lesenden einen Eindruck davon zu geben, wie verletzend es ist, wenn man mit Sexismus und Rassismus konfrontiert wird und das solche Situationen, wie die in der Geschichte, für viele Menschen leider Realität sind. Dieses Gefühl wird auch durchaus erzeugt, jedoch fehlt meines Erachtens eine Kennzeichnung am N-Wort (das meiner Meinung nach auch nicht ausgeschrieben werden sollte!), welche darauf verweist, dass der Begriff an jener Stelle konstruiert wurde. Auch eine Erklärung, welche Verletzung und Schmerz dieser Begriff bedeutet, wäre wünschenswert. So jedoch, völlig unkommentiert, fehlt den (kindlichen) Lesenden diese Information, um das Trauma zu begreifen, welches der Begriff und die ganze Situation bei der Protagonistin auslöst. Darüber hinaus irritiert es, wenn ein weißer Autor und ein weißer Illustrator vermitteln möchten, wie sich eine Schwarze Frau fühlt, wenn sie von einem weißen Mann mit extrem rassistischem und sexistischem Verhalten konfrontiert wird. An dieser Stelle wäre ein Kommentar zur Recherchearbeit sinnvoll gewesen. Die Reaktion der Frau in der Geschichte, die die Schuld bei sich sucht „Was habe ich getan, dass man so mit mir umspringt?!“ (S.82) und nichts auf die Beleidigungen des Mannes entgegnet, sondern nur die Tür hinter sich zuknallt und sich nach ihrem Papa sehnt, der ihr in dieser Situation beistehen sollte (vgl. S.81), fördern und festigen das Bild einer schwachen Frau, die sich nicht selbst zu helfen weiß. Ich frage mich, inwiefern diese Geschichte dazu beitragen kann, Respekt und Toleranz in unserer Gesellschaft zu fördern. Wie genau soll diese Geschichte das Thema Demokratie näherbringen?
Meiner Ansicht nach verfestigt, bedient und bestätigt sie nur alte Strukturen, die schon längst hätten aufgebrochen werden sollen.

Wenn im Vorwort also von der Vielfalt der Menschen gesprochen wird, die unser Land bereichern (vgl S.7), warum wird diese Vielfalt nicht auch bei allen AutorInnen und IllustratorInnen sichtbar? Wieso gibt es kaum BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) in der Liste der AutorInnen und IllustratorInnen? Der Gedanke hinter dem Buch ist sicherlich gut und es gibt wunderbare Geschichten und Gedichte, die vor allem für Kinder Demokratie erfahrbar machen. Die genannten Beispiele machen jedoch deutlich, dass sich zu wenig Gedanken darüber gemacht wurde, wie man auch sprachlich das Thema Demokratie umsetzen kann und scheinbar mehr Wert darauf gelegt wurde, dass möglichst viele preisgekrönte AutorInnen und IllustratorInnen in dieser Anthologie zu finden sind, statt eben jenen Menschen eine Stimme zu geben, die viel zu oft in unserer Gesellschaft ungehört bleiben.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von RPZT; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 03.10.2020

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