Von riesengroß bis klitzeklein

Autor*in
Klee, Julia
ISBN
978-3-480-23654-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Rothmund, Sabine
Seitenanzahl
44
Verlag
Esslinger
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Stuttgart
Jahr
2021
Lesealter
6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Auf 20 farbenfrohen gemalten Doppelseitenbildern gewinnen die Betrachtenden im Zoom-Effekt immer mehr Abstand von dem dargestellten Objekt und nehmen immer mehr von dessen Umgebung wahr, was immer neue Überraschungen zeitigt.

Beurteilungstext

Inhalt
Auf Wiesenblumen krabbeln viele Insekten. Nach dem Umblättern sehen wir, dass da auch eine Kuh zwischen den Blumen sitzt und im Hintergrund Alpenberge aufragen. Umblättern. Nein, die Kuh ist nicht real, sondern der Aufdruck auf einer Milchpackung. Umblättern. Diese Milchpackung schwimmt mit anderem Müll im Meer. Umblättern. Unter dem Müll schwimmt in der Tiefe des Meeres ein Wal. Auch dieser Wal ist nicht real, sondern der Aufdruck auf einem T-Shirt – das ein Junge trägt, der im Zoo vor einem Eisbären steht. – Das ist die Illustration einer Zeitung, in die ein Paket eingewickelt ist, das eine Frau unter dem Arm trägt. Sie und ihr Junge gehen neben einem Elefanten her, der durch einen Ort mit tropischen Pflanzen geführt wird. Dies ist wiederum das Bild auf einer Briefmarke. Die Briefmarke klebt auf einer Postkarte, die Kinder von einem Strand an einem roten Luftballon in die weite Welt schicken. Er fliegt so hoch hinauf in den Weltraum, dass die Erde nur noch als blaue Kugel sichtbar ist. Dies wiederum ist das Plakat mit der Aufschrift „Rettet unser Klima“, das Kinder mit den Händen hochhalten. Dies wiederum ist die Doppelseite eines Bilderbuchs, das eine Frau mit ihrem Kind betrachtet, wobei ihr Blick auch hinaus aus dem Fenster auf die von Insekten bevölkerte Blumenwiese geht.

Form
Die Illustrationen des großformatigen Bilderbuchs sind malerisch gestaltet. Gelegentlich wurden ein oder zwei Sätze Text in das Bild hineingesetzt, die man als Kommentar der vermittelnden Mutter und als Ausrufe des Erstaunens des betrachtenden Kindes lesen kann.
Autorin und Illustratorin spielen mit dem Sachverhalt, dass unser Auge und unsere Aufmerksamkeit sich auf einen bestimmten Fokus konzentrieren. Wir nehmen unsere Umwelt jeweils nur in einem kleinen Ausschnitt wahr, den unser Gehirn nach dem Prinzip der Wahrscheinlichkeit nach unseren bisherigen Erfahrungen ergänzt und komplettiert. Dies kann zu einer Überraschung führen, wenn wir den Blick erheben, sich der Ausschnitt weitet und das Blickfeld nun etwas anderes bietet als vorher angenommen. Wenn der Abstand zur eigenen Position immer größer wird, weitet sich der Blick bis in kosmische Räume.

Die Autorin/Illustratorin hat zusätzlich zu diesem Prinzip noch mit dem Wechsel zwischen Realität und Medium gespielt. Durch Identifikation versetzen sich die Betrachtenden in die Szenerie des gemalten Bildes hinein und erleben sie in diesem Augenblick als real. Sie werden überraschenderweise aus dieser Identifikation herausgerissen, wenn ihnen eröffnet wird, dass ihr Erlebnis nur ein mediales aus zweiter Hand war.
Dafür spielt die Materialität des Bilderbuchs eine wichtige Rolle, dass nämlich die Narration auf jeder Doppelseite angehalten wird und der Fortgang erst durch das Umblättern auf die nächste Seite ermöglicht wird. Vorher ist der Rezipient angehalten, seine eigenen Mutmaßungen anzustellen.
Nach dem Prinzip des „Bild im Bild im Bild“ schachtelt die Autorin/Illustratorin außerdem mehrere Erzählebenen ineinander, um zuletzt zur ersten Einstiegssituation mit den Insekten auf der Blumenwiese zurückzukehren, um als letzten Gag die Rezeptionssituation auf dem Schoß der Mutter in das Medium Bilderbuch hineinzuziehen. Im Akt des Lesens und Betrachtens tauchen die dargestellte Vermittelnde und ihr Kind in das Buch ein und zum Schluss wieder aus ihm auf und mit ihnen die realen Betrachtenden. So schafft die Rahmenhandlung eine starke Verbindung zwischen Rezipienten und Buch.
Diese Verschränkung der Metaebenen ist hier mit vielen Ideen sehr kreativ erfunden.

Botschaft
Die Botschaft an die kindlichen Rezipienten wird am Schluss in die Worte auf den Plakaten einer Demo gefasst „Rettet das Klima“, „Fridays for Future“ und „Es gibt keinen Planeten B“. Es bleibt nicht nur bei den Worten, sondern es werden die Bildikonen der Umweltschutzbewegung eingesetzt: Wildblumen mit Insekten, glückliche Kühe, schwimmender Müll, die bedrohten Arten Biene, Wal, Eisbär und Elefant.

Vermittlung
Der Titel gehört zu dem neuen Trend auf dem Bilderbuchmarkt, mit ästhetisch anspruchsvoller Gestaltung sehgeübte und ältere Kinder anzusprechen. Das Buch wechselt immer wieder die Erzählebenen und die Perspektive und verlangt den Betrachtern viel Vorstellungskraft und aktive Leistung bei der Rezeption ab, zumal der kurze Text wenig Hilfestellung gibt.
Die Seitenanordnung spielt mit dem Überraschungsmoment. In der Gruppe können vor dem Umblättern einer jeweils neuen Seite Mutmaßungen über die Fortentwicklung der Geschichte angestellt werden. Es können auch selbst Ausschnittbilder gezeichnet und der Gemeinschaft zum Raten präsentiert werden. Besonders pfiffig sind dann diejenigen Zeichnungen, auf denen ein Detail bereits auf den Kontext der größeren Umgebung hinweist, sozusagen den Ratenden einen kleinen Tipp gibt.
Kinder haben auch Freude daran, auf den Bildern mit der größeren Gesamtschau den nun kleiner gewordenen vorhergehenden Ausschnitt zu suchen.

Das Bilderbuch eignet sich für den Einsatz in Umweltschutzprojekten, bei denen eventuell auch die Teilnahme an einer Demo mit selbstgemalten Plakaten geplant wird.

Zur Autorin /Zur Illustratorin
Julia Klee wurde 1983 in Homburg/Saar geboren und wuchs in Kaiserlautern auf. Nach ihrem Studium der Kulturwissenschaften und Komparatistik in Paderborn und Durham/England arbeitet sie als Kinderbuchlektorin für verschiedene Verlage. Heute lebt sie in Stuttgart.

Sabine Rothmund wurde 1972 geboren, studierte Kommunikationsdesign an der FH in Mainz (Diplom 1997). Nach einer Zeit als angestellte Designerin ist sie jetzt selbstständig tätig als Illustratorin und Grafikerin für verschiedene Verlage und Auftraggeber.

Hamburg. Geralde Schmidt-Dumont

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von gsd; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 01.10.2021

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