Vier Wünsche ans Unversum

Autor*in
Kelly, Erin Entrada
ISBN
978-3-423-64044-2
Übersetzer*in
Kollmann, Birgitt
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
288
Verlag
dtv
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2018
Lesealter
10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Der elfjährige Virgil Salinas bittet die ein Jahr ältere Kaori, die sich als Hellseherin vermarktet, um Hilfe, weil er sich in ein Mädchen verliebt hat, das mit ihm die Förderstunde besucht und dieselben Initialen trägt. Fünf verschiedene Steine sollen sein Schicksal in passende Bahnen lenken.

Beurteilungstext

Virgil ist alles andere als ein Held und passt damit überhaupt nicht in das Erfolgsschema seiner Familie. Der Vater ist Arzt, die Mutter arbeitet als Krankenschwester, seine älteren Brüder, die eineiigen Zwillinge Julius und Joselito, sind in jeder Hinsicht die Aushängeschilder einer amerikanischen Mittelschichtfamilie mit philippinischen Wurzeln. Virgil ist der Kleinste in der Klasse, das Mobbingopfer von Chet, einem Jungen seiner Klasse, der ihn um Köpfe überragt und massiv übergriffig ist. Die Schule bereitet ihm somit nicht nur in Bezug auf das Lernen Probleme, sondern auch in Bezug auf das soziale Miteinander. Virgil hat wenige Vertraute – nur seine Großmutter Lola, die vor sechs Jahren bei seiner turbulenten und immer fröhlichen Familie eingezogen ist, sein Meerschweinchen Gulliver und Kaori Tanaka, die sich als Hellseherin für Kinder und Jugendliche bezeichnet, unterstützt von ihrer siebenjährigen Schwester Gen.
Lola ist die Einzige in Virgils Familie, die zu ihm steht und ihn nicht wie die anderen Familienmitglieder wegen seiner Zurückgezogenheit ‚Turtle‘ nennt. Vor ihr kann er nichts verbergen, deshalb ahnt Lola am letzten Schultag, als Virgil bedrückt nach Hause kommt, dass irgendetwas nicht stimmt. Aber auch ihr verrät Virgil seine Problem nicht, sondern nur Kaori bei der am nächsten Tag stattfindenden Sitzung: Er ist seit einem Jahr in ein Mädchen seines Förderunterrichts verliebt, hat sich aber bis zum letzten Schultag nicht getraut, mit diesem in irgendeiner Weise in Kontakt zu treten. Kaori, der Virgil nicht den Namen, sondern nur die Initialen des Mädchens, nämlich V.S., nennt, erkennt, dass die beiden wegen der Übereinstimmung ihrer Initialen füreinander bestimmt sind. Um eine effektive Hilfe durchführen zu können, fordert sie Virgil auf, fünf unterschiedliche Steine zu sammeln und zur nächsten Sitzung, die am folgenden Samstag stattfinden soll, mitzubringen.
Valencia Somerset besucht wegen ihrer Gehörlosigkeit einmal in der Woche die Fördergruppe ihrer Schule und übt dort mit ihrem Lehrer. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit Gleichaltrigen, die sie wegen ihrer Einschränkung entweder ausgrenzen oder beleidigen, hat sie beschlossen, keine Freunde zu brauchen – „Solo – das ist überhaupt das Beste.“ (S. 21) Durch Zufall entdeckt sie in einem Supermarkt eine ‚Visitenkarte‘ von Kaori, die Virgil dort aufgehängt hat, und beschließt, Kaoris Hilfe wegen ihres Albtraums, der sie inzwischen keine Nacht mehr schlafen lässt, in Anspruch zu nehmen. Ihr Gesprächstermin wird ebenfalls auf den nächsten Samstag datiert.
Doch für Virgil hält das Schicksal keine glückliche Fügung oder Lösung parat, sondern lässt seinen Widersacher Chet beim Gang zu Kaori aufkreuzen. Der reißt ihm seinen Rucksack vom Rücken, in dem Virgil sein Meerschweinchen Gulliver transportiert, und wirft diesen, nachdem er eine Abdeckplatte von einem alten Brunnen geräumt hat, in dessen Schacht. Virgil überwindet seine Angst vor Dunkelheit, legt seine fünf Steine sorgfältig auf den Brunnenrand und klettert die wackelige Leiter, die an der Mauer befestigt ist, hinunter. Obwohl er feststellt, dass die letzte Sprosse deutlich höher als seine Körpergröße ist, springt Virgil zu Gulliver auf den Brunnenboden - und sitzt fest.
Die Handlung nimmt rasant an Fahrt auf, denn Valencia, die sich gut im Wald auskennt, bemerkt die verschobene Brunnenplatte sowie die Steine und stellt die frühere Ordnung wieder her, ohne zu ahnen, dass sich jemand in dem Schacht befindet. Kaori und Gen kennen Virgil als überpünktlichen Menschen und vermuten bzw. hellsehen, dass sich ihr ‚Kunde‘ in Schwierigkeiten befindet. Eine spannende und knifflige Puzzlearbeit beginnt, die Mädchen nehmen allen Mut zusammen, um die Geschichte zu einem fulminanten Ende zu führen.
Der Autorin ist es gelungen, eine abenteuerliche Geschichte mit wunderbaren Charakteren zu besetzen, die überhaupt nicht das Bild des Helden bedienen, die selbst bei der negativen Gestalt des Chet Erklärungen für dessen widerwärtiges Verhalten parat hält und die die Erwachsenen – mit Ausnahme von Lola – in ihrer ‚Einfalt‘ entlarvt. Am Ende sind Virgil und Valencia ‚innerlich‘ gewachsen, reifer und reicher geworden.
Das Buch ist ein Appell an Mitmenschlichkeit und Offenheit sowie eine Aufforderung, die Menschen mit ihren Besonderheiten wahrzunehmen und zu schätzen. Daher eignet es sich, sobald es als Taschenbuch erschienen sein wird, sehr gut als Klassenlektüre, die viele Möglichkeiten der Bearbeitung bietet.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Veröffentlicht am 29.04.2019

Weitere Rezensionen zu Büchern von Kelly, Erin Entrada

Kelly, Erin Entrada

Die Nelsons greifen nach den Sternen

Weiterlesen
Kelly, Erin Entrada

Die Nelsons greifen nach den Sternen

Weiterlesen
Kelly, Erin Entrada

Charlotte & Ben

Weiterlesen
Kelly, Erin Entrada

Charlotte & Ben. Ein Freund kann alles verändern

Weiterlesen
Kelly, Erin Entrada

Charlotte & Ben

Weiterlesen