Die Nelsons greifen nach den Sternen

Autor*in
Kelly, Erin Entrada
ISBN
978-3-423-64089-3
Übersetzer*in
Schäfer, Beate
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
299
Verlag
dtv
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2022
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüre
Preis
14,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

„Du musst träumen. Wir alle müssen Träume haben.“ Dieses Zitat der Astronautin Christa McAuliffe ist dem Kinderroman der US-amerikanischen Autorin Erin Entrada Kelly, die für ihren früheren Text „Vier Wünsche ans Universum“ mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Kinderbuch ausgezeichnet wurde, als Motto vorangestellt. Mitreißend und sensibel erzählt sie hier von drei Geschwistern, die im Januar 1986 auf den Start des Space-Shuttles „Challenger“ warten. Die Erzählung ist ebenso preiswürdig wie der kinderliterarische Vorgänger.

Beurteilungstext

Zunächst einmal ist es ein besonderes Thema, das Erin Entrada hier anfasst: Die erzählte Zeit ist auf die ersten Januarwochen im Jahr 1986 verdichtet, während der die ganze USA dem Start des Space-Shuttles „Challenger“ entgegenfiebert. Damit entsteht ein historischer Kontext, der absolut neu ist in der Kinderliteratur. Die tragische Explosion des Shuttles schockiert gleichermaßen wie der Untergang der Titanic und eröffnet damit kindlichen Leser*innen einen Einblick in ein wenig beleuchtetes Kapitel der US-amerikanischen Raumfahrtsgeschichte. Aber nicht nur deshalb ist „Die Nelsons greifen nach den Sternen“ ein besonderes Buch, sondern es überzeugt von der ersten bis zur letzten Seite durch eine gelungene Erzählkomposition und eine spannende, berührende Handlung. Diese entfaltet sich multiperspektivisch: Die Kapitel sind wechselweise auf die drei Geschwister Cash, Fitch und Bird fokalisiert. Sie kämpfen alle drei mit unterschiedlichen Problemen und einem gemeinsamen, das sie alle verbindet, über das sie sich untereinander aber nicht austauschen: der ewige Streit der Eltern untereinander und die damit einhergehende lieblose Atmosphäre, die zu Hause herrscht. Dieser versuchen sie alle auf differenten Wegen zu entkommen: Fitch verbringt jeden Nachmittag mit Flippern und kämpft gegen seine inneren Wutausbrüche, die sich im Laufe der Handlung entladen und sich gegen seine Mitschülerin Rachel richten, die seine Nähe sucht. Fitchs Freunde hänseln ihn wegen der Zuneigung des Mädchens, was schlussendlich dazu führt, das Fitch Rachel aufs übelste beschimpft und bloßstellt, was ihm schnell leid tut. Fitchs Zwillingschwester hingegen konzentriert sich verbissen auf ihre schulischen Leistungspotenziale, vor allem im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Ihr großer Traum ist es, die erste Shuttle-Kommandantin der NASA zu werden. Inspiriert ist sie von ihrer Lehrerin Ms Salonga, die sich ihrerseits beworben hatte, die erste Lehrerin im Weltraum zu werden – eine Funktion, die in der Realität Christa Mc Auliffe übernahm. Sie war, so lässt es die Leser*innen das informative Nachwort wissen, „eine Sozialkundelehrerin aus Concord, New Hampshire“ aus „über 11000 Bewerberinnen und Bewerbern ausgewählt worden. Sie gehörte zu den sieben Menschen auf der Challenger, die an diesem Tag starben.“ (S. 296) Dass sie diesem tragischen Schicksal entkommt, ahnt die Romanfigur Ms Salonga in den ersten Januartagen freilich nicht (das Unglück geschah am 28.Januar 1986). Sie bereitet ihre Klasse fieberhaft auf diesen Tag vor, denn die NASA hatte für die amerikanischen Schulen „extra Satellitenübertragungen auf Fernsehgeräte organisiert, damit die Schülerinnen und Schüler mitverfolgen könnten, wie Christa MCAuliffe zur ersten Lehrerin im Weltraum wurde.“ (S. 295). Aus diesem Umstand speist sich die Tragik der Geschichte, den die Schüler*innen verfolgten die Explosion unmittelbar mit. Das wirft vor allem Bird aus der Bahn, die sich akribisch auf diesen Moment vorbereitet hat und imaginär ständig Dialoge mit der Astronautin Jennifer Resnik führt, die ihr Vorbild ist.
Ihr älterer Bruder Cash hingegen droht zum zweiten Mal, die 7. Klasse nicht zu schaffen: Das Lernen fällt ihm schwer, er interessiert sich mehr für Sport. Die Handlung wechselt in regelmäßigen Abständen zwischen den drei Geschwistern hin und her und stellt jeweils ihre Sichtweisen auf das Geschehen und ihre Erlebnisse in den Mittelpunkt. Die Story lebt einerseits von der äußeren Spannungsstruktur, die sich auf den Start des Space-Shuttles bezieht, andererseits von den inneren Konflikten der sensibel konzipierten Kinderfiguren, die es am Ende schaffen, sich einander zuzuwenden und sich von den ewig streitenden Eltern abzusetzen. Ein facettenreicher, komplexer Kinderroman, der sowohl für die schulische als auch häusliche Lektüre sehr empfehlenswert ist.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Kirsten Kumschlies; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 09.06.2022

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