Unter Palmen aus Stahl: Die Geschichte eines Straßenjungen

Autor*in
Bloh, Dominik
ISBN
978-3-407-81256-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Hintzmann, Charlotte
Seitenanzahl
230
Verlag
Gattung
BiografieTaschenbuch
Ort
Weinheim
Jahr
2021
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
8,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Im Februar 2005 wird der 16-jährige Schüler Dominik zu einem Obdachlosen. Mit zwei Koffern steht er auf der Straße – rausgeworfen von seiner überforderten Mutter. Jahrelang ist er allein auf den Straßen Hamburgs unterwegs. Kälte, Krankheiten, Schmutz ausgesetzt. Dabei gab es bessere Zeiten. Aber mit dem Stiefvater hatte Gewalt Einzug in sein Leben genommen. Schon früh wird er zum Dieb, folgt falschen Idolen. Der Absturz nach ganz unten beginnt.

Beurteilungstext

Ein Junge – 16 Jahre alt – nachts allein unterwegs. Nicht von einer Party kommend auf dem Weg nach Hause, sondern auf der Suche nach einem warmen Platz. Denn das Zuhause hat dieser Junge verloren.
Es ist unvorstellbar, was Dominik Bloh als Ich-Erzähler berichtet. Es ist seine Geschichte. Er erzählt sie schonungslos und unverblümt. Es sind die kurzen Sätze, die so viel sagen: „Das Licht ging aus. Die Tür blieb zu. Da wusste ich nicht mehr, wohin.“
1988 wird er geboren. Seine Mutter ist 18. Die Großeltern, die ihn aufziehen, beschreibt er als liebevoll. Aber das Verhältnis zwischen ihnen und der Mutter ist schwierig. Mit dem Stiefvater zieht die Gewalt ein. „Kaba-Zeit“ heißt die Zeit, in der er nicht stören darf. Der Fernseher wird zum Freund. Aber die Großeltern geben Liebe. Mit dem Umzug nach Schleswig-Holstein verliert er sie. Die Rückblicke in die Vergangenheit sind in Unterkapitel eingeteilt. Es sind Berichte, die nachempfinden lassen, wie er darunter leidet, dass er Liebe und Halt verliert. „Das Reich meines Stiefvaters. Neu Lankau, 1996“ heißt das Kapitel, in dem er von dem Umzug in den Norden berichtet, von dem Gefühl sich fremd zu fühlen, von der Prügel seines Stiefvaters.
„Zuhause, verloren.“ In dem ersten von insgesamt drei Kapiteln blickt er zurück auf die Anfänge seines Absturzes: Aus dem Kind wird ein Jugendlicher, der zum Dealer wird, der von der Polizei geschnappt wird, der von der Schule fliegt. Auf fast 50 Seiten beschreibt er, wie er auf der Straße landet. „Routine“ heißt das Kapitel, in dem er von der Scham spricht, die ihn ergreift, wenn er bei Freunden die erste Mahlzeit des Tages isst. Und diese Scham begleitet ihn. Er führt ein Doppelleben: Das Leben des Schülers und das Leben des Obdachlosen.
Es gibt Chancen, aber die nutzt er nicht, so landet er auf dem Kiez. Es ist die unverblümte Ehrlichkeit, die besonders berührt. Er schreibt, wie er wieder auf der Straße landet: Niemand hilft ihm, niemand interessiert sich für ihn – auch nicht die Behörden: „Die Bürokratie ist ein Labyrinth.“ Er wird zur Person OFW – ohne festen Wohnsitz. Was das heißt, beschreibt er auf den verbleibenden Seiten. Es ist ein Bericht, der berührt, weil er das Leben des Obdachlosen zeigt, wie es wirklich ist: Eine ständige Suche nach dem was lebensnotwendig ist, ein ständiger Kampf und das Überleben und die Flucht vor dem, was das Leben noch schwerer macht.
„Unter Palmen aus Stahl“ ist ein Buch, das Rezipienten in eine unbekannte Welt führt. Es ist eine Welt, vor der die meisten Menschen die Augen verschließen. Dominik Bloh hält ein Plädoyer für diese Menschen, die ganz unten sind. Menschen, die nach einem warmen Platz suchen, die nicht wissen, wo sie sich waschen können. Menschen, die sich schämen, weil sie betteln. Menschen, die der Gewalt ausgesetzt sind. Menschen, die im Sommer dehydrieren. Er hält dieses Plädoyer, weil er weiß wovon er spricht. Den Weg hinaus aus der Obdachlosigkeit schafft er, als er sich für die Flüchtlingshilfe engagiert. Er lernt Menschen kennen, die ihm helfen. Heute hilft er selbst.
Wer dieses Buch liest, wird die Mitmenschen, die kein zu Hause haben, die obdachlos sind, mit anderen Augen sehen. (Beu)

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Diese Rezension wurde verfasst von bega67; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 15.06.2021

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