Sultan und Kotzbrocken in einer Welt ohne Kissen

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• Freundschaft

Teaser

""Der Sultan soll eine Fälschung sein. Unser Sultan!"", so ist es auf den Straßen zu hören. Und da dieses Gerücht durch einen richterlichen Beschluss beglaubigt wird, muss ‚Sultan' seine Welt der Kissen hinter sich lassen und mit seinem Diener ‚Kotzbrocken' in dessen Hütte ziehen. Ein Fußmarsch von 1.000 Kilometern liegt vor den Freunden.

Beurteilungstext

Die Geschichte erzählt eine neue Episode aus dem Leben von ‚Sultan' und seinem Diener ‚Kotzbrocken' (die erste Episode war 2004 erschienen und zählt nach Angaben des Verlags bis heute zu den beliebtesten Kinderbüchern im Programm von Hanser). Einen Wiedererkennungseffekt für Liebhaber und Fans bietet der leitmotivisch wiederkehrende Bericht davon, wie Kotzbrocken den Sultan in einem eigens gebauten Kran nach oben auf seinen Kissenberg zieht, ihn aber Mitte des Weges ""sssssipppppp"" loslässt, wodurch ‚Sultan' ""bums"" und ""knall"" auf seinen Popo fällt. Aus der gemütlichen Welt der Kissen verbannt, ist diese Episode für die beiden Freunde zum nostalgischen ""Weißt-du-noch?"" geworden. Für alle, die den ersten Band nicht kennen, wird die Vorgeschichte im Prolog ""Was vorher geschah"" ausführlich wiedergegeben. Die Namensgebung und die damit verbundene Typisierung der Figuren wird ironisch reflektiert, etwa wenn die beiden Protagonisten darüber witzeln, sich normale Namen wie ‚Bruno' oder ‚Detlef' zu geben.
Wie schon in der ersten Episode arbeitet Claudia Schreiber im Entwurf dieser ungewöhnlichen Freundschaft mit einem altbewährten Muster zahlreicher (orientalischer) Erzählungen und Märchen: Der faulen und ignoranten Herrscherfigur steht eine tüchtige und weise Bettlerfigur gegenüber, die von ihrer Umgebung für einen Narren gehalten wird, jedoch den dummen und trägen Herrscher am Ende auf den richtigen Weg bringt. Das Hochziehen und Fallenlassen steht symbolisch für die Umkehrung der Herrschaftsverhältnisse.
Wie fragil Herrschaftsanspruch sein kann, erfährt ‚Sultan' jedoch insbesondere dadurch, dass er nach richterlichem Beschluss nicht mehr der rechtmäßige Sultan ist. Sein Vermögen gehört ihm nicht mehr und seine fast hundert Frauen wollen lieber weiterhin im Luxus leben, als ihn in die Armut zu begleiten. Nur ‚Kotzbrocken' steht weiterhin zu ‚Sultan' und begleitet ihn auf seinem Weg aus der Welt der Kissen, der zugleich ein Weg zu sich selbst werden wird.
So lernt ‚Sultan' auf seinem 1.000 Kilometer-Marsch vom luxuriösen Palast in die ärmliche Hütte nicht nur, woher die Milch und die Eier kommen, er wird auf dieser Reise auch erwachsen. Vom egozentrischen Faulpelz, der nur auf seinen Kissen ruht, entwickelt er sich zu einem verantwortungsvollen Herrscher - und Vater seiner künftigen Kinder, denn auch, woher die Kinder kommen und wie sie entstehen, lernt der ‚Sultan' am Ende seiner Reise.
Sowohl im Text als auch in den Illustrationen von Sybille Hein wird liebevoll-ironisch mit gängigen Orient-Märchen-Mustern gespielt. Dabei unterstreichen die Illustrationen in der Tradition Wolf Erlbruchs die skurril-komische Wirkung des Textes und stellen damit eine kongeniale Ergänzung und Bereicherung dar.
Die Geschichte bietet einen lustigen Lesespaß für Kinder, der auch zum Nachdenken anregt. Das Buch eignet sich sehr gut zum Vorlesen.