Steppenwind und Adlerflügel - Winterabenteuer in der Mongolei

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Teaser

Die 12-jährige Galshan wohnt mit ihren Eltern in einem Vorort in der Mongolei. Da es Komplikationen in der Schwangerschaft ihrer Mutter gibt und der Vater sich als Fernfahrer nicht um Galshan kümmern kann, beschließen die Eltern, dass sie die restliche Schwangerschaft bei ihrem Großvater in der mongolischen Steppe leben soll. Galshan, die diesen kaum kennt und nicht leiden mag, hat ihre eigene Meinung. Widerwillig lässt sie sich auf das Abenteuer ein und ahnt nicht, wie diese Tage sie verändern

Beurteilungstext

Das Verhältnis zwischen Galshan und ihrem Großvater Baytar ist zunächst schwierig. Beide kennen sich kaum und mögen sich nicht. Zu viele unausgesprochene Dinge aus der Vergangenheit und aus der belasteten Vater-Sohn-Beziehung beeinträchtigen den Umgang miteinander. Zudem fällt es dem traditionsverhafteten Großvater schwer, ein Mädchen als "Nachfolger" zu akzeptieren. Durch die Enge der Jurte und die Einsamkeit kommen sich die beiden näher. Die Liebe beider zur Natur und zu Tieren verbindet sie. Als der Großvater mit der Tradition bricht und Galshan als Mädchen das Fangen, Zähmen und Abrichten eines Adlers beibringt, ist das Eis endgültig gebrochen. Galshan schafft es durch ihren starken Willen und ihre Naturverbundenheit den Respekt und das Herz ihres Großvaters zu gewinnen. Dies kann der Leser auch in den Gesprächen zwischen Galshan und ihrem Großvater erkennen: Die Gespräche, die zunächst fast nur aus einzelnen Worten, Gesprächsfetzen und abgebrochenen Sätzen bestehen, werden immer länger. Hier wird die immer enger werdende Beziehung zwischen den beiden deutlich.
Der Autor versteht es durch den Wechsel von ernsten und liebevollen Passagen, sowie den Wechsel zwischen Dialog und Erzählung eine Spannung zu erzeugen, dass es dem Leser schwer fallen wird, das Buch nicht in einem Stück lesen zu wollen. Auch regen die kurzen Kapitel zu einem stetigen Weiterlesen an ("Ein Kapitel noch, dann hör ich auf.").

Als die Beziehung zwischen Enkelin und Großvater gefestigt scheint, wartet ein neues Abenteuer auf die beiden. Ungefähr zur Hälfte des Buches bringt der Autor nicht nur einen heftigen, lebensbedrohlichen Schneesturm ins Spiel, auch ein hungriger Schneeleopard bedroht beide. Dieses Abenteuer können sie nur gemeinsam überleben: der Großvater spendet sein Wissen und seine Erfahrungen, Galshan ihren jugendlichen Überlebenswillen und ihre Zuversicht.

Dem Autor gelingt es, ein spannendes Winterabenteuer aus einer anderen Welt zu erzählen. Zwei Menschen, die zuvor nur Hass füreinander übrig hatten, erfahren Verbundenheit und Dankbarkeit. Dabei beschreibt der Autor die Personen mit ihrem Charakter sehr sensibel und eindrücklich. Daneben erfährt der Leser etwas über das Nomadenleben in der mongolischen Steppe. Die in der Erzählung verwendeten mongolischen "Fachbegriffe" werden am Ende des Buches mit einfachen Worten erklärt. So kann auch ein jugendlicher Leser diese Worte in ihrem Zusammenhang gut verstehen. Die klare Serifenschrift lässt sich von ungeübteren Jugendlichen gut lesen. Trotz des nicht geringen Buchumfanges kann das Buch auch dieser Lesergruppe empfohlen werden, da Spannung und kurze Kapitel zum Lesen motivieren werden.

"Steppenwind und Adlerflügel" wurde in Frankreich mit dem Prix Saint-Exupéry 2003 ausgezeichnet und für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Der Autor hat ein Werk geschaffen, bei dem man für ein paar Stunden die Welt um sich herum zu vergessen kann: Eine spannende Geschichte, mit Einblick in eine fremde Lebensweise, sensibel beschriebene Hauptpersonen und einen gelungenen Erzählverlauf samt dramatischem Höhepunkt. Mit wenigen Worten gelingt es Petit eine Atmosphäre zu schaffen, die den Leser gefangen nimmt.