Schnabeltier Deluxe

Autor*in
Jäger, Sarah
ISBN
978-3-499-00911-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
208
Verlag
Rowohlt
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Hamburg
Jahr
2022
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüre
Preis
20,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

„Erst wirft sie mich in die Welt, denke ich, nun wirft sie mich weg.“ So betrachtet die 15-jährige Kim die Entscheidung ihre Mutter, als diese sie in das entlegenste aller Dörfer schickt, um dort ihren Schulabschluss zu machen. Das Dorf ist die letzte Chance, niemand anderes will die Teenagerin mit enormem Aggressionspotenzial aufnehmen. Allein zieht sie in das Bastelzimmer im Haus des Ex- Freundes der Mutter. Von dort stellt sie sich dem neuen und dörflichen Leben mit einem festen Vorsatz, geschrieben mit Edding auf ihren Unterarm: Du vermasselst das nicht! Ob es ihr am Ende gelingt?

Beurteilungstext

„Mach kaputt, was dich kaputt macht“- das scheint ihr Lebensmotto zu sein! Mit dem „Urknall“ zu Beginn des Romans lernen wir Kim kennen, die 15-jährige Hauptprotagonistin. Kim bekommt eine schlechte Note in der Physikarbeit und als Reaktion darauf wirft sie die Siebträgerkaffeemaschine ihrer Lehrerin aus dem Fenster, gefolgt von Tellern und Tassen. Der Schaden ist groß, monetär, emotional und sozial. Der Schulleiter verweist sie der Schule, schließlich ist es nicht das erste Mal, dass es zu so einem Ausbruch gekommen ist. Die Dellen und Beulen an seinem Auto sprechen eine deutliche Sprache. In ihrer Stadt findet sich keine andere Schule, die sie aufnehmen will. Kims Aggressionsverhalten ist bekannt und die „fliegende Kaffeemaschine“ war nur der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte.

Kims Mutter nimmt Kontakt zu ihrem Ex-Freund René auf, der nach ihrer Trennung zurück aufs Land gezogen und dessen Sandkastenkumpel zufälligerweise Schulleiter ist. Dieser schuldet ihm noch einen Gefallen. Das ist Kims letzte Chance auf einen Schulabschluss. Kims Mutter beschließt, sie allein in die Provinz zu schicken. Als „die Neue“ im Dorf, wo jeder jeden kennt, nimmt sie einen Job in der Tankstelle an, um mit dem verdienten Geld die Schulden zu begleichen, die die Mutter aufgrund der von Kim verursachten Schäden zu zahlen hat.

Sie lernt schrullige Typen kennen. Da gibt es den Tankstellenbesitzer, der kaum spricht und die skurrile Tante im Haus, die große Mengen Essiggurken vertilgt, Schneekugeln im Akkord herstellt und in deren Bastelzimmer sie schläft. Sie trifft auf Janne, den Sohn des Dorffriseurs. Er soll unbedingt den elterlichen Betrieb übernehmen, obwohl er das gar nicht will und sichtlich untalentiert ist. Er kann noch nicht mal einen Pony gerade schneiden. Jannes Sucht nach Erdnussriegeln treibt ihn regelmäßig in die Tankstelle. Kim und Janne nähern sich freundschaftlich an - soweit Kim Nähe zulassen kann. Eigentlich lässt sie nur „Fernbeziehungen“ zu, auch zu ihrer Mutter. Den Glauben an eine zerstörerische Kraft durch zu viel Nähe trägt Kim tief in sich. Mit der Zeit merkt sie jedoch, dass Janne ihr gut tut und dass er zu ihr steht, sogar als etwas Schlimmes passiert.

Die Handlung des Romans verläuft weitgehend chronologisch, unterbrochen von gelegentlichen gedanklichen Rückblenden, in denen man erfährt, welche Ereignisse aus der Vergangenheit ursächlich für Kims extreme Ausbrüche sind. Die Romanhandlung steht im Präsens, die Kapitel sind recht kurz. Sie tragen keine Titel, jedoch sind die ersten beiden Worte fett gedruckt. Auffallend ist, dass sie häufig beginnen mit den Worten „Die Mutter“ oder „Ich“. Dass Kim ihre eigene Mutter zunächst ausschließlich als „die Mutter“ bezeichnet, zeigt dem Leser und der Leserin eine ungewöhnliche und erschreckende Distanz zwischen den beiden. Im Verlauf des Romans ändert sich das allerdings, „die Mutter“ wird irgendwann zu „meine Mutter“.

Der Roman ist im Blocksatz geschrieben und es gibt viel wörtliche Rede, die an die Sprache von Jugendlichen angelehnt ist. Das bezieht sich zum einen auf die Wortwahl, zum anderen auf die Intonation. Janne spricht alle Sätze, als würde es sich um Fragen handeln. Die Komplexität der Sprache ist niedrig und der Roman leicht lesbar, es gibt keine besonders langen oder verschachtelten Sätze. Schnell taucht man in diese Romanhandlung ein, leidet und hofft mit Kim, die neben ihren gelegentlichen Aussetzern durchaus auch liebenswerte Seiten und humorvolle Ideen und Einfälle hat. Kim beeinflusst das Leben ihrer neuen Mitmenschen im Dorf durchaus auch positiv durch ihren eigenen Blick auf die Dinge. In der Mitte des Romans liest Kim ihr Tageshoroskop. Dort steht: „Dinge, an die Sie ein Leben lang blind geglaubt haben, zeigen Ihnen plötzlich eine andere Seite.“ (S.121) Den blinden Glauben aufzugeben hilft am Ende vielleicht auch Kim, es dieses Mal nicht zu vermasseln!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von AvB; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 22.02.2023

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