Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen

Autor*in
Blum , Isaac
ISBN
978-3-407-75721-0
Übersetzer*in
Schiffer, Gundula
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
217
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Weinheim
Jahr
2022
Lesealter
14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Büchereididaktisches MaterialKlassenlektüre
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Hoodie Rosen lebt in einer jüdisch-orthodoxen Familie und Gemeinde. Er verliebt sich in ein nicht-jüdisches Mädchen.

Beurteilungstext

Hoodie Rosen ist ein 15jähriger Junge, der mit einem Teil seiner jüdischen Gemeinde in eine amerikanische Kleinstadt umgezogen ist. Er besucht die jüdisch-orthodoxe Schule und verliebt sich in Anna-Maria, die Tochter der Bürgermeisterin. Hoodies Vater plant ein großes Wohn- Und Gemeinschaftshaus mitten in der Stadt zu bauen, damit die restliche jüdische Gemeinde nachziehen kann. Die Bürgermeisterin befürchtet eine Überfremdung und der Stadtrat beschließt, die Wohnbebauung in eine gewerbliche Bebauung umzuwandeln.
Das liest man schon auf den ersten Seiten und es lässt sich eine klassische Romeo und Julia Geschichte erwarten. Doch dann merkt man schnell, dass es in diesem Roman um sehr viel mehr geht.
Hoodie beschreibt aus seiner Sicht den familiären und schulischen Alltag in einer orthodoxen Gemeinschaft. Dieses Leben ist so stark von Tradition, Regeln und Verboten geprägt, dass es schwerfällt, sich mit der erzählenden Person zu identifizieren. Die eigenen Wertvorstellungen von Entscheidungsfreiheit, Emanzipation oder dem Nutzen von digitalen Medien werden hier auf den Kopf gestellt und man wird mit einer altertümlichen und oftmals überheblichen Sichtweise konfrontiert. Der konservative Vater und die Lehrer der Schule, die zugleich auch Rabbis sind, vertreten deutlich die Meinung, dass auserwählte Volk zu sein und alle Nichtjuden werden als Schickse oder Goij bezeichnet.
Alleine die Tatsache sich mit einem nicht-jüdischem Mädchen zu treffen und mit ihr gemeinsam antisemitische Schmierereien auf jüdischen Grabsteinen zu entfernen, löst ein Familiendrama aus. Der Vater fühlt sich durch das Verhalten seines Sohnes beschämt und als später Hoodies Klassenkameraden von Jugendlichen aus der Stadt beleidigt, verhöhnt und sogar geschlagen werden, während Hoodie sich zeitgleiche mit Annamaria trifft, wird er sehr ungehalten. Die Schande, die sein Sohn über ihm gebracht hat, kann er kaum verkraften. Für Hoodie hat das Hausarrest bei offenen Zimmertüre mit Pflichtlektüre von heiligen Schriften zur Folge und in der Schule wird er aus dem Klassenverband ausgeschlossen.
Trotz der naiven und humorvollen Schilderung, die Hoodie der Leserschaft präsentiert, fällt es schwer, einen verständnisvollen Sinn hinter diesen Verboten zu erkennen. So ist es für ihn selbstverständlich, dass Mutter und ältere Schwester am Sabbat das Haus putzen, verheiratete Frauen Perücken tragen, recht viele Kinder zur Welt bringen und sich das gesamte Leben ausschließlich innerhalb der jüdischen Gemeinschaft abspielt. Sehr deutlich wird, dass die fundamentalistische Lebensweise immer auf Abgrenzung zielt und nicht nach Konsens oder Diskurs sucht. Ein Verständnis oder eine ehrliche Auseinandersetzung mit einer anderen Lebensweise scheint gar nicht gewünscht. Dann kommt zu einem schrecklichen Attentat auf ein koscheres Lebensmittelgeschäft. Zwei fanatische Antisemiten erschießen mehrere Menschen und Hoodie wird von zwei Kugeln getroffen.
In vielen konfliktreichen Situationen reagiert Hoodie mit ironischen oder sarkastischen Kommentaren. Doch immer mehr stellt er die vorgegebenen Regeln in Frage und verstößt manchmal bewusst dagegen. So scheint es anfänglich nur ein dafür oder dagegen zu geben. Der Preis für den Kontakt mit einer Nichtjüdin, ist die Verbannung aus der Familie. Die einzige Person, die zu Hoodie steht, ist seine Schwester Zippy. Sie kann als gläubig Jüdin glaubhaft vertreten, dass Regeln auch umgangen werden können, wenn man es nicht öffentlich macht.
So bleibt am Ende des Romans die leichte Hoffnung, dass Hoodie den Spagat zwischen orthodoxem Glauben und persönlichem Lebensstil gelingen wird, auch wenn es bestimmt ein schwerer Weg werden wird.
Im schulischen Kontext könnte sich diese Lektüre als Anstoß für eine Diskussion anbieten, da sie durch die zum Teil radikalen Ansichten, einlädt sich zu positionieren. Eine größere Akzeptanz zum jüdischen Glauben bietet dieses Buch leider nicht an. Im Gegenteil besteht die Hoffnung, dass Hoodie es schafft sich als Erwachsener von dieser fundamentalistischen Sichtweise zu emanzipieren.
Ein Glossar mit Erklärungen der jüdischen oder hebräischen Begrifflichkeiten, hätte die Lektüre vereinfachen können.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von 9; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 26.02.2023

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