Rattensommer

Autor*in
Pickel, Juliane
ISBN
978-3-407-75687-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
256
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Weinheim
Jahr
2023
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die beiden Teenager Lou und Sonny sind seit frühester Kindheit beste Freundinnen. Aus der engen Freundschaft entwickelt sich eine zarte Liebesbeziehung. Als Hagen Bender, der Mörder von Sonnys Mutter, vorzeitig aus der Haft entlassen wird, will diese sich unbedingt an ihm rächen. Diesen Schritt geht Lou nicht mit.

Beurteilungstext

Dieser Roman, den man auf Neudeutsch Coming-of-Age-Roman nennen würde, ist die großartige Erzählung vom Beginn und Ende einer jahrelangen Freundschaft zwischen den Mädchen Lou und Sonny. Die Autorin lässt die 15jährige Lou das Erlebte selbst erzählen, was eine große Authentizität bewirkt. Die Familien der beiden Mädchen sind durch jeweils einen harten Schicksalsschlag traumatisiert worden, der auch Lou und Sonny schwer belastet. Lous Mutter hat ihr erstes Kind verloren und Lou leidet darunter, weil sie sich nur als „Ersatz“ fühlt. Sonnys Mutter ist im Verlauf einer Streiterei unter Jugendlichen von Hagen Bender eher unabsichtlich getötet worden. Umso enger schließen sich die beiden Freundinnen zusammen und schaffen sich ihre eigene kleine Welt im leeren Schwimmbecken des ehemaligen Freibads. Hier ist ihr kleines Reich, das niemand sonst kennt. Eine zärtliche und beglückende Liebesbeziehung nimmt hier ihren Beginn zwischen den Beiden. Als jedoch Hagen Bender wieder in der Kleinstadt auftaucht, ist Sonny nur noch darauf aus, diesem weh zu tun und ihre Mutter zu rächen. Weil Lou sich weigert, dabei mitzumachen, sucht sich Sonny in der Schule Verbündete und geht deshalb sogar eine Beziehung mit deren Rädelsführer Tayo ein. Während Lou mit dem von allen verachteten und völlig isoliert lebenden Hagen Mitleid empfindet, steigert sich Sonny, auch unter Einfluss von Drogen und Alkohol, immer mehr in ihren Hass hinein. Die Gang um Tayo entführt das Liebste, was Hagen noch hat: seine Katze. Nach einer Alkohol-Orgie auf dem Seefest überfallen die Jugendlichen Hagen und werfen den hilflosen Nichtschwimmer in den See. Lou, die das Geschehen beobachtet hat, versucht ihn zu retten, obwohl auch sie nicht schwimmen kann. Beide drohen zu ertrinken. Sonny besinnt sich ein letztes Mal auf ihre einstige Freundschaft und zieht die zwei aus dem Wasser, bevor sie selbst leblos zusammenbricht. Hagens Katze hatte ihr üble Kratzer und Bisse zugefügt, die zu einer lebensgefährlichen Blutvergiftung geführt haben. Dieser Jugendroman ist nicht nur inhaltlich sehr spannend. Mindestens genauso fesselnd erzählt Lou das gesamte Auf und Ab ihrer Gefühlswelt während der Wochen seit Hagen Benders Auftauchen. Jetzt ist sie mit größter Heftigkeit allem ausgesetzt, was dieses Ereignis ausgelöst hat: Liebe, Eifersucht, Enttäuschung, Hoffnung, Wut und Hass. Bis dahin hat sie sich immer als andere Hälfte von Sonny gefühlt, nur gemeinsam bildeten die Mädchen ein Ganzes. Nun entfernt sie sich innerlich Schritt für Schritt aus der einst so engen Beziehung zu Sonny. Sie fühlt sich jetzt allein als „Ganzes“. Dieses Buch lässt niemanden unberührt. Es ist nicht nur die sehr gelungene einfühlsame Sprache, die die Autorin der erzählenden Lou gegeben hat. Sie schafft auch eine passende und dichte Atmosphäre durch Beobachtungen im Städtchen oder am naheliegenden See, der eine wichtige Rolle spielt. Der mal weniger, mal heftiger wahrnehmbare Gestank des düsteren Sees begleitet den Verlauf des gesamten Geschehens. Auch die tote Ratte auf dem Grund des stillgelegten Freibad-Beckens wird wiederholt erwähnt. Und regelmäßig kreist ein Milan über den Ereignissen. Neben all der Symbolik taucht wie ein roter Faden das Thema „Schwimmen“ immer wieder auf. Sonny ist begeisterte Schwimmerin, aber auch sie schafft es nicht, Lou die Angst vor dem Wasser zu nehmen und ihr Schwimmen beizubringen. Trotzdem versucht Lou im dramatischen Finale, den Nichtschwimmer Hagen zu retten, und riskiert ihr eigenes Leben. Und sie lässt den Ertrinkenden nicht los, als Sonny nur sie aus dem See ziehen will. So rettet die ehemalige Freundin auch den verhassten Mörder ihrer Mutter. Es ist ein denkwürdiges Ende des Romans, der viel Stoff bietet, über Freundschaft, Liebe, Hass, Rache, Verrat, Hilfsbereitschaft, Schuld und Sühne nachzudenken. Eine großartige Lektüre!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Gertrud Mürle; Landesstelle: Baden-Württemberg.
Veröffentlicht am 10.12.2023

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