Ohne Fehl und Makel

Autor*in
Theisen, Manfred
ISBN
978-3-570-40029-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
285
Verlag
Gattung
Ort
München
Jahr
2010
Lesealter
12-13 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
7,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Fritz wächst in einem Lebensborn-Heim im von den Nazis besetzten Luxemburg auf. Er ist langsam im Denken und glaubt felsenfest an alles, was sein Vater, der Arzt im Heim ist, ihm erzählt: lupenreine Nazi-Ideologie. Aber mit 14 Jahren beginnt er selbst zu denken und entdeckt, dass diese Heime nicht nur für das Leben existieren, sondern dass Gewalt und Menschenvernichtung zum Programm gehören. Er liebt eine Helferin und als sie flieht, versucht er ihr zu helfen, aber sein Vater verrät ihn.

Beurteilungstext

In der ersten Hälfte des kleinen Romans habe ich mich immer wieder gefragt, wo der Autor eigentlich hin will. Der Ich-Erzähler ist ein zwar naiver, aber 100%ig von der Nazi-Ideologie überzeugter Junge. In den langen inneren Monologen - wirkliche Gesprächspartner hat er keine - wird dem Leser eine lupenreine Rassenlehre der Nazis und der damit verbundenen Idee der Lebensborne dargeboten. In aller Absurdität der Ideen, manches erscheint uns heute geradezu lächerlich, wenn wir nicht wüssten, dass alle Gegner und alle, die den Ideen nicht entsprechen konnten, ermordet wurden, in all dieser Absurdität tauchen dann beim Leser doch Irritationen auf. Fritz hat von Geburt an gelernt, dass er behindert ist, vor allem nur langsam denken kann. In der Tat hat er nie gelernt, eigene Ideen zu entwickeln. Wird er vor eine Situation gestellt, die so etwas erfordert, weiß er einfach nicht weiter. Andererseits kann er Gelerntes sofort behalten, einmal vollzogene Denkmuster jederzeit wieder abrufen. Zum Anderen scheint ihn die wie er 14-jährige Waschküchenhelferin zu lieben, nicht den behinderten Nazisohn in ihm zu sehen. Zudem erzählt er zwar wie Simplizissimus, aber das gerade ist ja nicht das Zeichen einer Beschränktheit. Was also ist hier los?
Im Lebensborn gebären junge blonde Mädchen am laufenden Band. Eines Tages ist auch die Schwester seiner Freundin dabei, bringt aber ein Mongolchen zur Welt. Damit bricht die scheinbar heile Lebensbornwelt auseinander. Das Kind soll beseitigt werden, die junge Mutter flieht mit Kind und Schwester in die Berge, Fritz hinterher.
Und hier erst muss der Junge erkennen, in welcher Welt er lebt. Er tut sich noch schwer mit der Erkenntnis, als aber sein Vater ihn benutzt, um der Mädchen habhaft zu werden, bricht die Welt für ihn zusammen.
Im Epilog findet er vielleicht zu seiner Jugendliebe zurück - das Ende ist offen.

Der Autor spielt ein gewagtes Spiel. Der erste Teil - fast die Hälfte - bietet die Nazi-Rassenlehre so offen an, dass sie leicht missbraucht werden kann. Vom Leser muss man also erwarten, dass er durchhält. Dafür sind aber Sprache und Handlung gut geeignet und spätestens im zweiten Teil - im ersten gibt es nur Andeutungen, die aber auch schon genügend für sich selbst sprechen könnten - wird das Weltbild wieder zurecht gerückt und die Verbohrtheit und Selbstgerechtigkeit, die Skrupellosigkeit und Menschenverachtung der Nazis werden deutlich beschrieben.
Hinzu kommt, dass es über die Lebensbornheime bislang wenig für Jugendliche Lesbares gibt und im Nachwort schreibt Theisen Klartext über das, was man weiß, und das, was man kaum noch rekonstruieren kann, weil die Opfer - vergewaltigte Mütter, ob “nur” ideologisch oder körperlich und deren Kinder - sich ihr Leben lang schämten und weitgehend schwiegen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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