Nichts für den König

Autor*in
Tallec, Olivier
ISBN
978-3-8369-6238-4
Übersetzer*in
Kronenberger , Ina
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Tallec, Olivier
Seitenanzahl
40
Verlag
Gerstenberg
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)
Ort
Hildesheim
Jahr
2024
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiVorlesen
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der König hat alles und das nicht nur, weil er reich ist. Er ist außerdem ein großer Sammler und besitzt die merkwürdigsten Dinge: Raupenräder, Karamelleisbären, Elefanten ohne Rüssel… Nun sucht er „Nichts“, stöbert danach in Bibliotheken und forscht unterm Mikroskop, sucht in der Wüste und am riesigen Nachthimmel. Überall aber entdeckt er etwas: ein winziges Tierchen, Mikroben, Sternschnuppen. Wie und wo kann er das Nichts finden?

Beurteilungstext

Der König war nicht zufrieden, obwohl ihm fast nichts fehlte. „Besser gesagt, genau das fehlte ihm: Nichts.“ Wo versteckte es sich bloß? Immer blieb noch irgendetwas übrig, auch wenn man von den kleinsten Dingen etwas wegnahm. Lief der Hund weg, hinterließ er ein Haar auf dem roten Teppich. In der scheinbar leeren Wüste fand der König Steine und Sand; in den Büchern gab es Geschichten, Bilder, Rezepte zu entdecken. Auch die Beratung mit seinen Eltern, dem Premierminister, dem Narren und anderen Menschen halfen dem König nicht weiter. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken, er merkte: „…Vor-sich-hin-Träumen ist nicht Nichts!“

Trotzdem suchte der König weiter. Er überlegte, falls er endlich Nichts gefunden hätte, würde er es gerne ausstellen; dafür aber brauchte er Platz. Also räumte er alles, was er besaß, weg: die Bücher, seine Sammlungen, die Regale und Schubläden. Auch seine Krone, seine Kleidung räumte er beiseite - und so sieht man am Ende den kleinen nackten König ganz allein auf der letzten (leeren, weißen) Doppelseite. „Jetzt hatte er Platz für Nichts.“

Beim ersten Lesen kann man sich über den König nur wundern. Was hat er bloß für seltsame Gedanken? Warum ist er nicht zufrieden mit alldem, was er besitzt? Lässt sich der Leser, die Leserin aber auf seine Überlegungen ein, kommt man schnell ins Philosophieren. Kann etwas oder jemand ganz und gar verschwinden? Gibt es Menschen, die gar nichts ihr Eigen nennen? Ist es möglich, keine Gedanken zu haben? Bleibt etwas von einem kleinen Blatt übrig, wenn man es verbrennt? Macht Besitz glücklich? Auch schon mit Kindern im Vorschulalter kann man über diese Fragen nachdenken. Anfangs werden sie über den kleinen König und seine Fragen nur staunen, über ihn und seine Sammlungen schmunzeln, sicher aber auch bald über Antworten auf seine Fragen nachdenken.

Die wunderbar poetischen Illustrationen helfen dabei, sich dem Thema zu nähern: die übervollen Seiten mit den Sammlungen, die Leere der Wüste, in der sich dann aber doch Kleinigkeiten finden lassen, der Nachthimmel, das „Volk“ des Königs und am Ende in der großen weiten Leere der kleine König mit seinem fragenden Blick. Die comicartigen Bilder sind zugleich witzig und gefühlvoll; mal sieht man bizarre Mikrobengesichter oder die absurden Sammlerstücke, dann den grübelnden König mit einem winzigen grünen Blatt oder träumend auf der Wiese im Wald. Tallec arbeitet mit leuchtenden Farben, er nutzt in diesem Buch viele rote Flächen für den Hintergrund und wichtige Objekte und ein strahlendes Gelb für die Kleidung des Königs.

Das große Format des Buches (33 cm x 24,5 cm) ist ideal für den Einsatz in einer Kindergruppe. Mit den ausdrucksstarken Bildern und dem gut verständlichen kindgerechten Text lassen sich die philosophischen Themen der Geschichte bereits mit Vierjährigen ansprechen, besser noch können jedoch Grundschulkinder zusammen mit Erwachsenen über die „Frage nach dem Nichts“ nachdenken. Dabei sollte man sich beim Lesen und Betrachten viel Zeit gönnen, auf Details hinweisen, die Überlegungen der Kinder aufgreifen. Zudem wird es allen Jungen und Mädchen guttun zu wissen, dass nicht nur ihre Eltern, Lehrerinnen und Erzieher auf viele Fragen keine Antworten haben, sondern auch die berühmtesten Philosophen sich darüber schon den Kopf zerbrochen haben.

Dem französischen Autor und Illustrator Olivier Tallec ist ein ungewöhnliches, sehr empfehlenswertes Buch gelungen. Tallec hat in seiner Heimat Frankreich bereits über 60 Kinderbücher illustriert und dafür viele Preise und Auszeichnungen erhalten. Bei uns wurde er vor allem durch die drei Geschichten vom ,,Großen Wolf & Kleinen Wolf“ und dem 2022 erschienenen Buch „Ich will kein Eichhörnchen mehr sein“ bekannt. „Nichts für den König“ wurde im Januar 2024 mit dem Luchs-Preis der "Zeit" ausgezeichnet.

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Diese Rezension wurde verfasst von Dagmar Haunert; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 04.03.2024

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