Never Coming Home

Autor*in
Williams, Kate
ISBN
978-3-499-01253-2
Übersetzer*in
Münch, Bettina
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
369
Verlag
Rowohlt
Gattung
Buch (gebunden)
Ort
Hamburg
Jahr
2023
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
20,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

10 sehr junge Menschen werden auf eine einsame Insel eingeladen – sie sollen die ersten Gäste eines Ferienressorts der ganz besonderen Art sein. Alle sind im Social-Media-Bereich aktiv und erfolgreich – als Influencerinnen, You-Tuber, Gründerinnen von Start-ups oder beim Gaming. Sie rechnen mit einer paradiesischen Woche; damit, dass Hochglanzfotos und -storys über Instagram & Co. einer weltweiten Gemeinde von Followern präsentiert werden. Sie erleben einen tödlichen Alptraum …

Beurteilungstext

Was die Gruppe, die auf „unknown island“ eintrifft verbindet, ist zweierlei. Zum einen ihr jugendliches Alter – Celia, die jüngste, ist erst 16, die anderen sind zwischen 17 und 20 Jahren alt. Zum anderen sind sie alle die wahren „digital natives“ – Internet und Social Media stehen im Zentrum ihrer Lebenswirklichkeit. Frankie, die erfolgreichste, hat eine digitale Fangemeinde in dreistelliger Millionenhöhe, die ihre Tanzvideos ebenso wie ihre Shopping-Tipps verfolgt. Aber auch die anderen sind überaus erfolgreich – Chelsea als Beauty-Bloggerin; Xander als Betreiber einer You-Tube-Kanals, auf dem er Sportvideos postet; Robby ist mit Kochvideos populär geworden und betreibt schon ein eigenes Restaurant; Graham und Justice sind in den Bereichen Politik und Umweltschutz aktiv. Celia fällt ein wenig heraus – die ist eine sehr erfolgreiche Gamerin in der Männerdomäne der Ego-Shooter-Spiele. Mit ganz wenigen Ausnahmen kennen die zehn einander nicht persönlich. Sie alle eint die Vorstellung, durch den Aufenthalt auf der kleinen Pazifikinsel ihre Bekanntheit weiter zu steigern und daraus auch kommerziellen Erfolg zu ziehen. Die Umstände der Ankunft sind seltsam. Sie werden nur direkt auf das Eiland gebracht; die wenigen Angestellten verschwinden sofort. Das gesamte Ressort macht einen provisorischen Eindruck und ist weit vom Luxus entfernt, auf den der vorab erstellte Werbefilm hinzuweisen schien. Seltsam ist schon, dass ausgerechnet ihnen, den digitalen Vorreitern, kein W-LAN zur Verfügung gestellt wird. Schlimmer jedoch ist der Brief, der jedem einzelnen ausgehändigt wird, identisch im Inhalt: Alle zehn werde bezichtigt, einen oder mehrere Menschen umgebracht zu haben. Einige aus der Gruppe geben zu, dass die Beschuldigungen einen wahren Kern haben; wenngleich sie die Vorkommnisse als tragische Unfälle verstanden wissen wollen. Andere lehnen die Anschuldigungen vehement ab. Keiner weiß, was mit den Briefen bezweckt wird. Das aber stellt sich sehr schnell heraus – es scheint den unbekannten Organisatoren der angeblichen Wellness-Woche um ein Racheunternehmen zu gehen. Nacheinander sterben die jungen Besucher der Insel selbst, beginnend mit Chelsea. Bei einigen ist nicht klar, woran sie sterben; bei anderen ist offensichtlich, dass die ermordet werden. Die Jugendlichen geraten in Panik und belauern sich gegenseitig aus dem Verdacht heraus, ein Mitglied der Gruppe könnte der Mörder sein; sie suchen aber auch erfolglos „unknown island“ nach einem anderen Täter ab. Makabere Postings auf einem Screen im Speisesaal verstärken das Entsetzen. Einige fassen Vertrauen zu einzelnen anderen und öffnen sich einander, erzählen ihre Lebensgeschichten und vor allem die Vorkommnisse, deren sie beschuldigt werden. Ihr Bemühen, einen Ausweg, eine Rettung zu finden, erweisen sich allerdings als erfolglos. Als letzte lebt Frankie und nimmt schließlich eine Überdosis von starken Medikamenten. Wie sich im Nachgang herausstellt, hat aber Celia, die vergiftet zu sein schien, überlebt.
Die amerikanische Autorin Kate Williams legt einen Thriller vor, der sich – neben der spannenden Handlung – einem wichtigen Thema widmet: Wie sehr das Internet, wie stark Social-Media-Plattformen das Leben von jungen Menschen bestimmen, ihre Handlungsweisen wie auch ihre Einstellungen zeigen, wie eine artifizielle Welt zur Realität wird und wie unmöglich es wird, Aspekte der eigenen Persönlichkeit vor einer großen Öffentlichkeit geheim zu halten. Die Handlung ist chronologisch aufgebaut, erzählt werden die wenigen Tage der Gruppe auf der Insel. In kleinen Rückblenden werden Aspekte der Biografien der zehn Protagonistinnen und Protagonisten berichtet. Die Perspektive wechselt beständig von einem oder einer der Hauptpersonen zur nächsten. Damit ist auch einer der Schwachpunkte des Romans verbunden – es fällt sehr schwer, den Überblick über das Figurenensemble zu behalten. Details aus dem Leben der zehn Hauptpersonen werden mosaikartig bekannt, ohne dass einer der Figuren tiefgründiger dargestellt wird. Vermutlich soll mit der Erzähltechnik eine Art Abbild der kurzen Informationsschnipsel auf Internetplattformen nachgestellt werden; leider gehen dadurch Tiefe und Nachvollziehbarkeit verloren. Die Handlung wird sehr rasch vorangetrieben, die Dialoge sind spritzig und jugendgemäß. Allerdings werden die schrecklichen Ereignisse, die auf der Insel vor sich gehen, recht lapidar geschildert – es wird zwar von tiefer Betroffenheit angesichts des Todes der einzelnen Gruppenmitglieder bei den anderen berichtet, es werden Angst und Verzweiflung benannt, aber auf eher oberflächliche Weise. Die Kausalitäten, die zum Ableben der Jugendlichen führen, sind kaum überzeugend. Die Gespräche, die einzelne miteinander führen, haben Potenzial, bei Leserinnen und Lesern zur Auseinandersetzung mit eigenen Erlebnissen zu führen; werden dann aber jeweils wieder zu schnell von Thrillerpassagen „gebrochen“. Das eigentliche Kernthema, also wie die Kunstwelt des Internets, Persönlichkeiten verändert und manipuliert, wird nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit behandelt. Dabei ist das Buch durchaus spannend und fesselnd und am Ende gelingt der Autorin, mit einem Bericht einer Journalistin und Chateinträgen von Menschen, die die mysteriösen Ereignisse auf er Insel aufklären wollen – all das in Hinblick auf die Überlebende Celia – ein erzählerischer Coup, der zu eigenen Mutmaßungen anregt. Das Buch liest sich gut, wenn man es als bloßen Thriller konsumiert; wer nach tieferen Einsichten verlangt, wird eher enttäuscht.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von RPKJ; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 14.08.2023

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