Mit Kindern Regeln regeln

Autor*in
Leubner, Ulrike
ISBN
978-3-9818883-0-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
66
Verlag
Edition Claus
Gattung
Taschenbuch
Ort
Limbach-Oberfrohna
Jahr
2017
Lesealter
0-3 Jahre4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
9,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Regeln sind wichtige Helfer im sozialen Miteinander einer Krippe, eines Kindergartens oder einer Grundschule. Doch wer erstellt sie? Die Erzieher? Die Kinder? Gemeinsam? Wie werden Regeln sichtbar gemacht? Wie ist der Umgang mit ihnen? Was passiert bei Regelbrüchen?

Beurteilungstext

Das Zusammenleben in einer Gruppe funktioniert mit einer guten Mischung aus Regeln, Freiheit, Rücksichtnahme, Empathie, Kommunikation. Es ist ein ständiges Aushandeln, bedingt durch die Individuen in der Gruppe bzw. im Kindergarten oder Hort auch durch die Erwartungen der Eltern an die pädagogischen Fachkräfte, durch die Erziehung in der Familie, durch die Erfahrung und das pädagogische Talent der Erzieher und letztlich auch durch die aktuelle gesellschaftliche Meinung, wie mit Kindern in den Einrichtungen umgegangen werden soll.
Die Notwendigkeit von Regeln wird heuer in KITAs und Hort nicht bestritten, sondern als wichtiges Gerüst für die Kindergruppengemeinschaft gesehen. Dass Kinder an der Erstellung von Regeln partizipieren sollen, steht auch nicht zur (theoretischen) Diskussion. Jedoch in welcher Form, in welchem Maße wird heftig erörtert, darüber gestritten. Ulrike Leubner, Erzieherin und Fachberaterin in Sachsen, widmet sich intensiv diesem Thema in ihrem Fachbuch "Mit Kindern Regeln regeln", das 2017 bei Edition Claus erschienen ist.
Leubner möchte eine praktische Handreichung für Pädagogen in KITAs (Kindergarten, Krippe, auch Tageseltern) bis zu Erziehern in der Grundschule über dieses streitbare Thema geben. In einer Vielzahl an ein- bis doppelseitigen Kapiteln nähert sie sich konzentrisch dem Thema an. Zunächst erörtert sie, was Regeln sind, warum sie für die Gemeinschaft notwendig sind. Dann geht es schnell ans Eingemachte, wobei Leubner wohltuend beim Praktischen bleibt, ja mit vielen Fallbeispielen aus ihrer erzieherischen Arbeit und aus der Fachberatung schöpft. Damit bleibt sie nicht nur in ihren Aussagen anschaulich, sondern wirkt auch manchem Zweifel vor. Sehr strittige Diskussionspunkte scheut sie nicht. Da fragt sie nach echter Partizipation der Kinder. Wer soll die Regeln aufstellen? Dürfen Kinder selbst Regeln aufstellen? In welchem Umfang? Wer sanktioniert? Wie sehen die Sanktionen aus? Was ist der Unterschied zwischen Regeln und Verbot? Wie unterscheiden sich Regeln in der Krippe von denen im Kindergarten, im Hort oder in der Familie? Wann und inwiefern ist Scheitern bzw. eigene Erfahrungen machen erlaubt? Wie gehen Erzieher mit Wut bei Regelbruch vor?
Leubner hat stets das Kind als Individuum, das seine Persönlichkeit hat und Erfahrung machen muss, im Blick. Gleichzeitig verliert sie keineswegs die Gemeinschaft (andere Kinder aus der Gruppe, gesamter Kindergarten, Erzieher) aus den Augen. Grundlage ihrer Aussagen finden sich in der Bindungstheorie, in der Bedürfnisorientierung sowie in der seelischen und geistigen Entwicklung der Kinder. Partizipation als Erfahrungsmöglichkeit steht im Vordergrund. Pflichten und Sanktionen vernachlässigt sie nicht, denn Regeln sind nicht einseitig.
Die große Stärke des Buches liegt in der Praxisnähe. Da werden Fälle wie Bobbycarfahren der Kleinkinder (wie Regeln Unfälle vermeiden), Umgang mit Rechtschreibfehlern bei von Kindern aufgestellten Regeln im Hort, Anziehregeln in der Krippe, Wutraum, offenes Konzept in der Kita und Regeln, Ordnung in der Garderobe oder vor Funktionsräumen etc., Kinderkonferenzen in Wort und Bild (!) gezeigt. So manches Mal schafft sie einen Perspektivwechsel, zumindest ein Nachdenken über Regeln und Regeleinführung beim Lesen. Zumindest letzteres ist ja der Grundstein für die Reflexion.
Die klare Sprache, das Schöpfen aus der Praxis und der eigenen langjährigen Erfahrung, die vielen Fotos zu den Fallbeispielen, die Zugewandtheit zum Kind, die klare Position zu den Regeln für ein gutes Zusammenleben in der Kindergruppe, die Bejahung der Selbsterfahrung machen das Fachbuch "Mit Kindern Regeln regeln" zu einer wahren Fundgrube an Anregungen, Hilfestellungen für moderne Pädagogen. Aus diesem Buch können Erzieher (auch Lehrer) viel für ihre Arbeit schöpfen. Auch wenn nicht jede Idee beispielsweise aufgrund der personellen Rahmenbedingungen übernommen werden kann, so stößt sie doch die Diskussion beispielsweise innerhalb des Teams an. Und dann öffnet sich so manches Mal eine Tür in einer verfahrenen Situation. Dieses Buch ist für jeden Kindergarten, jeden Hort eine wertvolle Bereicherung!

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Diese Rezension wurde verfasst von BW; Landesstelle: Sachsen.
Veröffentlicht am 01.10.2018

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