Mein Name ist Mina

Autor*in
Almond, David
ISBN
978-3-7725-3132-3
Übersetzer*in
Ernst, Alexandra
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
271
Verlag
Freies Geistesleben
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Stuttgart
Jahr
2023
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüre
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wenn man ein nachdenkliches und zugleich phantasievolles Mädchen im Alter von etwa elf Jahren ist, können Gleichaltrige und Erwachsene Schwierigkeiten haben. Mina schreibt ein Tagebuch, das anders ist, als ein übliches. Sie schreibt ihre Gedanken in Nonsensversen, in Gedichten oder Märchen, sie schreibt ihre Sicht auf die Welt, die um sie herum ist und die sie in Frage stellt. Und damit eckt sie an.

Beurteilungstext

William Blake (1757 - 1827), ein englischer Dichter und Kupferstecher, hat ein Werk geschaffen, das auch heute noch schwer einzuordnen ist. Er orientierte sich an den Mystikern Swedenborg und Böhme. Und so sind seine Werke gekennzeichnet von Phantasie, von Erinnerungen an alte Mythen und seiner Suche nach einer harmonischen Weltordnung. Für seine Zeitgenossen galt er oft als Spinner.
Die Protagonistin Mina von David Almonds neuem Kinderroman nimmt sich Blake zum Vorbild und hängt sich ein Zitat von ihm über das Bett - als Motto für ihr Leben oder zumindest für ihr neues Tage- oder Notizbuch: "Wie kann der Vogel, zur Freude geboren, im Käfig noch ans Singen denken?" (S. 17).
Mina fühlt sich auch als Außenseiterin. Auch sie wird über traurige Sachen schreiben. Doch. so stellt sie fest, führen die traurigen Dinge meist zu glücklichen Situationen. "Das ist paradox!", stellt sie fest und spielt inhaltlich und graphisch mit diesem Wort.
Und so wie sie über dieses Wort ins Staunen gerät, stolpert sie immer wieder über neue Wörter, die sie zur Phantasie anregen, zum Schreiben und Beschreiben von Situationen oder Empfindungen, die sie ins Tagebuch einträgt. So wird dieses Tagebuch ein Sammelsurium von kuriosen und nachdenklichen Einträgen. Es folgen in kunterbunter Reihenfolge unkonventionelle Texte und Mondschein-, Fliegen-, Wunder-, Vögel-, Katzen- oder Nonsens-Einträge. Gerade Nonsenstexte haben es ihr angetan. Sie liebt sie, diese scheinbar sinnlose Folge von sinnlosen Wörtern. Bei einem Schulaufstatz hat sie zwei Seiten abgegeben, die in einer Nonsens-Sprache geschrieben sind.
Damit eckt sie an: bei Lehrkräften und Mitschülern*innen. Nur manche verstehen sie. So wird sie zu Hause von ihrer Mutter unterrichtet - was in England möglich scheint. Nur einmal besucht sie für einen Tag eine besondere Schule für besondere Kinder, aber auch dort will sie nicht bleiben. Noch will sie zu Hause sein, auf ihren Baum klettern, in die Nähe des Amselnestes sitzen und schreiben. Auch, dass im Nachbarhaus neue Mieter eingezogen sind, interessiert sie im Moment noch nicht. Erst am Ende des Buches beschließt sie aus eigenem Antrieb Bekanntschaft mit dem Nachbarjungen zu schließen.
David Almond, der vielfach international preisgekrönte Kinder- und Jugendbuchautor aus England, hat mit Mina eine unkonventionelle Protagonistin geschaffen, die anders ist und ihre Andersartigkeit auch praktiziert. Sie ist wie der Vogel - frei und doch in Konventionen eingesperrt. Ihre Gedanken wirbeln wie fallende Blätter im Herbstwind auf das Blatt Papier und es entstehen Märchen, Geschichten und Gedichte, die philosophisch und zugleich kindlich naiv klingen. Das sind Minas Gedanken, Wortspiele und ihr Nonsens, der auch unserer sein könnte, wenn wir den Mut dazu hätten. Gäbe es doch mehr "Minas" auf dieser Erde!
Man sollte unbedingt auch den dazugehörigen Band "Skellig" lesen, der einen Folgeband darstellt.
Die Umschlaggestaltung von Franziska V. Zobel und das graphische Layout dieses Romans spiegeln die Gedankenwelt und Phantasie von Mina. Alexandra Ernst hat diesen poetischen Text feinfühlig und behutsam in die deutsche Sprache übertragen.
Übrigens: Folgt man den Namensforschern*innen, so kann der Name "Mina" aus dem Althochdeutschen kommen, wo er mit "Siegerin" übersetzt wird. Einleuchtender scheint in diesem Zusammenhang die persische Herkunft zu sein: Jasmina, was "Blume" oder "Himmel" bedeutet.
"Mina" von David Almond ist ein feinfühliges und geheimnisvolles Buch für Kinder und Erwachsene - ein Buch so poetisch und voller Rätsel wie die Bilder von William Blake.

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Diese Rezension wurde verfasst von Walter Mirbeth; Landesstelle: Bayern.
Veröffentlicht am 15.05.2023