Mauern. Aus Stein, Stacheldraht und in den Köpfen

Autor*in
Janiszewski, Boguś
ISBN
978-3-407-75695-4
Übersetzer*in
Breuer, Marlena
Ori. Sprache
Polnisch
Illustrator*in
Skorwider, Max
Seitenanzahl
62
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Weinheim
Jahr
2022
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Büchereididaktisches Material
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Sie begrenzen Grundstücke oder gar Länder, trennen Menschen physisch oder im Geiste voneinander: Mauern. In beiden Fällen ist dies wohl nur durch umfangreiche Bildung zu überwinden. Davon ist der polnische Pädagoge Boguś Janiszewski, der von Beltz & Gelberg verlegt wurde, fest überzeugt und schafft es mit diesem eindrücklichen Bilderbuch Leichtigkeit in ein aktuell brisantes Thema zu bringen.

Beurteilungstext

Im fest eingebunden DIN-A4-querformatigen Bilderbuch demonstriert Janiszewski jeweils eine altbekannte oder erst seit kurzem existierende Mauer auf der Welt. Er erklärt dabei eindrücklich, weshalb es Mauern seit jeher gibt: Um Schutz zu bieten oder ein- bzw. auszugrenzen. Auch erzählt er, dass Menschen ebenso lange versuchen Mauern zu überwinden, und welch abenteuerliche Wagnisse sie dabei eingehen.
Auf jeweils einer Doppelseite wird eine berühmte Mauer dargestellt, illustriert vom Landskollegen Max Skorwider, der die Ideen des Autors malerisch und auch mit Witz in Szene setzt. Dabei spart er auch mit intertextuellen Verweisen für die erwachsenen Leser*innen nicht.
Dabei wird auf der linken Seite meist eine Anekdote zu dem jeweiligen Bauwerk erzählt, auf der rechten Doppelseite findet sich ein Steckbrief mit wichtigsten Angaben zu Erbauungsjahr, Länge, Material, Zweck und auch, ob diese Mauer noch existiert.
Die 62 Seiten sind dabei in vier Kategorien unterteilt. Im ersten Teil wird zunächst geklärt, wozu es Mauern gibt – „Früher haben sich die Schwächeren durch Mauern vor den Stärkeren geschützt. Heute tun es die Reichen vor den Armen“. Die Chinesische Mauer, die zur Abwehr gegen die Mongolen errichtet wurde und ohne die das Reitervolk wohl nie bis Europa vorgedrungen wäre, wird in diesem Teil ebenso wie die ersten Ghettomauern Europas verhandelt. Diese entstanden nicht etwa in der Zeit des Nationalsozialismus, sondern gut 400 Jahre früher in Venedig, aus Angst und Neid der Venezianer vor den Juden; Teile der Mauer um den Stadtteil Cannaregio herum sind heute noch erhalten. Andere Mauern stehen heute nicht mehr, dienen aber dazu eindrucksvolle Geschichten zu erzählen – wie die Geschichte der Mauern von Jericho. Auch die Berliner Mauer, Hadrians Mauer oder die Klagemauer in Jerusalem werden eindrücklich beschrieben.
Im zweiten Teil geht Janiszewski der Frage nach, wie Mauern überwunden werden können: durch Belagerung, Erfindungen wie Rammböcken, Hütten auf Rädern zur Belagerung, durch List (Trojanische Pferd), Verrat oder auch Verhandlungen. Immer bietet er anschauliche Beispiele verpackt in spannende kleine Geschichten an.
Im dritten Teil schaut er auf aktuell errichtet Mauern. So erzählt er vom Nobelpreisträger und späteren Präsident Polens Lech Walesa, der mit seinem Mauersprung 1980 zugleich das Überwinden eines politischen Systems verkörpert. Benannt werden die Amerikanische Mauer hin zu Mexiko, die Israelischen Sperranlagen, der 900 km lange Grenzzaun, den Saudi-Arabien in den Jahren 2006-2014 unter anderem durch die Wüste errichtet hat, um den Irak abzugrenzen. Dabei erfahren Lesende von Hightech-Bewegungsdetektoren im Sand, Kameras und – wie überall an Mauern – vielen Wachen.
Zuletzt wendet sich der Autor immateriellen Mauern, die als Kunst- und Protestwerke dienen, zu. So erfahren Lesende vom Baltische Weg, einer Menschenkette zwischen den heutigen Staaten Litauen, Lettland und Estland, die am 23. August 1989 für 15 Minuten errichtet wurde. Über zwei Millionen Menschen demonstrierten damit ihren Wunsch sich von der Herrschaft der Sowjetunion zu befreien und Unabhängigkeit zu erlangen. Kunstwerke wie Christos „Running Fence“ in Kalifornien, die aufrüttelnden Wandmalereien des Banksy weltweit oder die aktuell aus Büchern entstehende „Wall of Knowledge“ in Stockholm belegen eindrücklich, wie Kunstwerke Zeichen des Protestes sein können.
Ein äußerst informationsreiches Bilderbuch, mit welchem der Autor seine Botschaft einlöst und somit einen literarischen Beitrag leistet, künftige Mauern eher zu überwinden als zu errichten. Als didaktisches Material bietet es vielfältige Gesprächsanlässe zu diesem aktuellen Themenschwerpunkt. Mit dieser Idee entlässt Janiszewski seine Leserschaft und schließt letztlich mit der Frage: „Was willst du bauen?“
Für Lesende jeden Alters sehr zu empfehlen!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Raila Karst; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 20.03.2023

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