Lara oder Der Kreislauf des Lebens

Autor*in
Bueno, DavidMacip, SalvadorMartorell, Eduard
ISBN
978-3-446-25477-0
Übersetzer*in
Lohmann, Kristin
Ori. Sprache
Katalanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
236
Verlag
Hanser
Gattung
Ort
München
Jahr
2017
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Lara liegt nach einem akuten Schub ihrer Autoimmunerkrankung auf der Intensivstation. In der Nacht kommt eine Ärztin an ihr Bett und verwickelt sie in ein Gespräch über den Ursprung des Lebens, die Wunder der Natur, den Tod. Da Lara sich sehr für Naturwissenschaften interessiert, vertieft sie sich in die Diskussion und lenkt sich so von ihren Schmerzen ab. Zudem erkennt sie immer mehr, dass sie trotz ihrer Krankheit nicht auf Freunde verzichten muss und Zukunftspläne schmieden darf.

Beurteilungstext

Auf der ersten Buchseite ist Laras Krankenakte abgedruckt, aus der der informierte Leser ersehen kann, dass ihr akuter Schub von Lupus erythematodes lebensbedrohliche Ausmaße angenommen hat. Die Erzählung beginnt damit, dass Lara im sterilen Zimmer der Intensivstation erwacht, sich kaum bewegen kann, große Schmerzen hat und sich an das ernste Gesicht ihres behandelnden Arztes erinnert, woraus sie schließt, dass sie eine "schwierige Nacht" (Seite 13) vor sich haben wird. Plötzlich steht eine junge Frau in weißem Kittel neben ihrem Bett, für Lara eine typische Ärztin, die ihr anbietet sich mit ihr zu unterhalten, bis sie eingeschlafen ist. Einerseits will Lara ihre Ruhe haben, andererseits freut sie sich über die Zuwendung, so dass sie zunächst etwas schroff reagiert ("Ich bin am Arsch, so viel ist klar." - Seite 14), sich dann aber auf das Gespräch mit der Besucherin einlässt.
Angesichts von Laras immer reger werdender Gesprächsteilhabe kann sich der aufmerksame Leser fragen, ob die "junge Frau im Kittel" (Seite 13), "die so strahlend weiß ist, dass sie im Halbdunkel des Raumes fast aus sich selbst heraus zu leuchten scheint", wirklich existiert. Auch im weiteren Verlauf der Erzählung gibt es immer wieder Hinweise, die an der Realität der Ärztin Zweifel aufkommen lassen können. Sie hat beispielsweise den gleichen Lieblingssong wie Lara und Gerardo (Seite 112). Und im siebten Kapitel hilft sie Lara sogar trotz aller Apparaturen aufzustehen und zum Fenster zu gehen. Erst am Ende, als Lara die kritische Nacht überstanden und sich quasi wieder gesund geschlafen hat, bekommt der Leser durch die Reaktion der Krankenschwester die Gewissheit, dass es keine Ärztin gab, die an Laras Bett gesessen hat. Handlung und Informationen der vorangehenden mehr als zweihundert Buchseiten machen Laras Vermutung nachvollziehbar. ("War sie ein Engel? War das möglich? Hatte ihr jemand einen Schutzengel gesandt, der sie retten sollte? Genau in dem Moment. In dem sie völlig am Boden und bereit war, aufzugeben?" - Seite 235)
Und genau darin liegt der Zauber des Buchs: Es ist nicht nur eine Erzählung von Lara, die eine kritische Nacht auf der Intensivstation überlebt, sondern auch ein Sachbuch mit Themen aus Naturwissenschaften, Medizin und Philosophie, die durch die Gesprächsform auch für jugendliche Leser verständlich diskutiert werden und bei denen vor allem immer der Bezug zum eigenen Leben hergestellt wird.
So lenkt Carmen, die Dame im weißen Kittel, Laras Aufmerksamkeit zu Beginn ihres Gesprächs auf Mikroorganismen wie Viren und Bakterien, die für ihre Krankheit verantwortlich sind, dass sie einen eigenen wundervollen Kosmos bilden und sogar miteinander kommunizieren. Sie sind die wahren "Herrn der Erde", so dass Carmen schlussfolgert, dass der Mensch eigentlich dankbar sein muss, "mietfrei" in diesem Lebensraum der Mikroorganismen leben zu dürfen.
Am Beispiel eines Ameisenstaates verbildlicht Carmen das Zusammenspiel aller Zellen in unserem Körper: Der ungeordnete Ameisen- bzw. Zellhaufen entpuppt sich als ausdifferenzierter und hochkomplexer Organismus auf Grund der Spezialisierung und Aufgabenteilung ihrer Einzelwesen, den Ameisen bzw. Zellen. (Seite 55ff)
An Riesenkalmar und Pottwal verdeutlicht sie Koevolution (Seite 58ff), aus der sie folgert, dass letztlich alle Lebewesen miteinander in Verbindung stehen und Teil eines großen Ganzen sind, das koordiniert als Einheit funktioniert, so dass nach der Gaia-Theorie auch die Erde als eigenständiges Lebewesen innerhalb eines riesigen Kosmos angesehen werden kann (Seite 62).
Durch diese Themen versteht Lara ihren Körper und ihre Krankheit besser und erkennt, dass sie sich aus Wut auf ihre Krankheit immer mehr in sich selbst zurückgezogen und von ihren Freundinnen und der Familie abgekapselt hat. Diese Einsichten werden noch vertieft durch Gespräche über Bausteine und Ursprung des Lebens (Rolle des Kohlenstoffs), der Frage, ob Leben an anderen Orten denkbar ist, Erklärungen zu DNA, Gen und Genom, die "Gebrauchsanweisungen" für das Leben enthalten, aber nicht das Leben selber sind (Seite 119ff), Selbstheilungsmechanismen und Stammzellenforschung sowie den Telomeren, der "Inneren Uhr" der Zellen (Seite 176).
Diese theoretisch anmutenden Ausführungen werden - weil sie ja in Gesprächsform dargeboten werden - immer wieder unterbrochen bzw. transferiert, indem Lara ihre Erkenntnisse formuliert. Sie wird sich bewusst, wie sehr sie sich durch die Krankheit verändert hat, weil sie sie die Oberhand hat gewinnen lassen. Durch das Gespräch kann sie erst wieder zulassen, sich an ihren ersten Kuss mit Gerardo zu erinnern und darüber zu sprechen. Am Ende ist Lara fest entschlossen, gegen ihre Krankheit anzukämpfen und dafür zu arbeiten, Wissenschaftlerin zu werden.
Dass ihre Wandlung, initiiert durch ihr Gespräch mit der fiktiven Ärztin, real ist, erkennt der Leser am Ende, weil Lara trotz schmerzender Finger endlich Gerardo per Handy antwortet und ihn bittet sie zu besuchen.
Den Autoren ist es gelungen, aktuelle wissenschaftliche Antworten auf Grundfragen zu Leben und Welt so zu geben, dass sie anschaulich und auch für Jugendliche verständlich sind, und ihre Leser dabei mit Lara erkennen lassen, dass alles mit allem zusammenhängt und das Leben ein immerwährender Kreislauf ist; Erkenntnisse, die dazu führen, sich selbst und das eigene Schicksal nicht immer so wichtig zu nehmen, sondern lieber die Gegenwart mit anderen zu genießen und seine Träume nicht aufzugeben. Ein wundervolles Buch!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Anmq.
Veröffentlicht am 01.04.2017

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