Jockels Schweigen

Autor*in
Stern, Adriana
ISBN
978-3-941787-26-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
318
Verlag
Jacoby & Stuart
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Berlin
Jahr
2011
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Als David für seinen kleinen Bruder Jockel die Unterschrift seiner Eltern fälscht, um ihm die Aufnahme in eine Schauspielagentur zu ermöglichen, ahnt er nicht, in welche Katastrophe diese Lüge führt.

Beurteilungstext

Es ist ein tiefes, schweres und über alle Maßen wichtiges Thema, eine viel besprochene und doch verschwiegene Gewalttat, ein Tabu. Der sexuelle Missbrauch, hier im speziellen die Pädophilie, gehört noch immer zu den bestgehüteten Geheimnissen vieler Opfer. Daran haben die mit Empörung in der Öffentlichkeit hitzig diskutierten Vergehen der Kirchenmänner wenig geändert. Adriana Stern erzählt in ihrem Buch "Jockels Schweigen" von einem organisierten Kreis von Männern, verborgen hinter der Fassade einer Schauspielagentur und mit dem Anstrich eines Zufluchtsortes für Alleingelassene, die Jungen in großer Zahl missbrauchen. Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt: Da ist zum einen Jewdokim Sapoznikow, von seinem besten Freund Chip, in seinem "Parallelleben" Jeff genannt. Mit seinen Eltern und der jüngeren Schwester kam er aus Russland in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft nach Deutschland. Gemeinsam mit David Rafael Grün entwickelt und programmiert er Computerspiele. Chip fällt durch verbale Gewaltausbrüche immer wieder auf und auch David, der ihn sehr schätzt, weiß bald nicht mehr so recht, wie weit er sich die Beleidigungen seines Freundes gefallen lassen will. Er ist es auch, aus dessen Sicht die Geschichte in einem anderen Licht erscheint.
David verliebt sich in Chips jüngere Schwester. Julia ist das absolute Gegenteil des sortierten, wohlbehüteten, in Anzug gekleideten Davids. Mit rosa Haar, zerrissenen Jeans und viel zu großer zerschlissener Lederjacke wird das zwei Jahre jüngere Mädchen jedoch nicht nur Davids Liebe, sondern auch seine Verbündete. Gemeinsam versuchen sie das Geheimnis zu lüften, welches nicht nur Chip, sondern auch Davids kleinen Bruder Jockel zu verschlingen droht. Stück für Stück liefert die Geschichte Mosaiksteinchen eines entsetzlichen Szenarios. Dabei vermischen sich Angst, Ekel, Hass und Aggression der Opferperspektive mit dem langsam wachsenden Gefühl der Unsicherheit, der Sorge und der Ohnmacht der Unwissenden. Entstanden ist daraus ein Text, der die Anzeichen eines Missbrauches darstellt und einen psychologischen Blick auf die Auswirkungen auf das Wesen eines Opfers wirft. Und auch die Beobachtenden bekommen einen Raum ihre Hilflosigkeit zu erklären. Adriana Stern hat ein großes Anliegen. In ihrem durchaus spannenden Roman erzählt sie von der Zerstörung zweier Kinderseelen, aber auch von einer ersten zarten Liebe. Damit stellt sie das grausame Deckmäntelchen "Liebe" der Täter dem wahren, reinen Gefühl der Zuneigung gegenüber. Allein damit ließen sich viele Seiten füllen. Und es wäre schon fast zuviel. Doch Adriana Stern erzählt mehr - und das ist schade. Die Eckdaten der psychologischen Aspekte wirken abgearbeitet. Dabei geraten Plattitüden ("Vielleicht war es ja ein Fehler, wieder arbeiten zu gehen. Die Arbeit macht aber Spaß. Nie hätte ich gedacht, dass mir das so leicht fällt. Aber vorher hatte ich einfach viel mehr Zeit für euch.") und fast ärgerliche Sätze in den Text. " (...) die Berührung genoss. Viel mehr genoss, als für einen Jungen erlaubt war."
Das Personal wirkt durchorganisiert, die Figuren konstruiert. Der Roman weiß natürlich trotzdem zu berühren. Niemand kann sich diesem Thema entziehen. Eine Auseinandersetzung ist wichtig, das Lesen dieser Geschichte durchaus lohnenswert. Die Seele aber, sie fehlt.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ar.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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