Ich will doch nur frei sein

Autor*in
Mebrhatom, Filimon
ISBN
978-3-407-81315-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
296
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
TaschenbuchErzählung/Roman
Ort
Weinheim
Reihe
Gulliver
Jahr
2023
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüreVorlesen
Preis
10,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Filimon Mebrhatom schildert seine Flucht aus Eritrea. Es dauert fast ein Jahr, bis der 14-Jährige in München ankommt. Die Route führt ihn über Äthiopien und den Sudan durch die Wüste bis nach Tripolis ans libysche Mittelmeer. Nach der Rettung durch die italienische Marine gelangt er dann nach Italien und schließlich nach München.

Beurteilungstext

Das Taschenbuch umfasst 296 Seiten und ist in 16 Kapitel gegliedert. Die Kapitelnummern und die Titel der Kapitel sind oben auf den Buchseiten durch Fettdruck hervorgehoben. Dadurch findet man sich leicht zurecht. Im Vorwort erfahren wir, warum Filimon im Alter von 14 Jahren 2014 aus Eritrea floh. Der Hauptgrund war, dass er nicht zum Militärdienst eingezogen werden wollte. Auf keinen Fall wollte er gezwungen sein, auf seine Landsleute zu schießen. Er liebt seine Heimat, aber es herrscht Diktatur und es gibt für ihn keine Lebensperspektive.

In den ersten 3 Kapiteln erfahren wir einiges über die Kindheit, die Schulzeit und die Ausbildung unseres Protagonisten zum Kameramann. Sie eröffnen Einblicke in wenig privilegierte Lebensumstände, die dazu noch ständig bedroht sind. Dann folgt ein zehnseitiger Exkurs. Unter der Überschrift „Warum fliehen Menschen aus Eritrea“ folgt die politische Entwicklung Äthiopiens und Eritreas. Eine wechselvolle Geschichte, geprägt durch Kolonisation und immer wieder enttäuschte Hoffnungen auf eine freiheitliche Gesellschaft. Die zuletzt mit vielen Opfern erkämpfte Unabhängigkeit Eritreas mündete so auch wieder in Unfreiheit und Diktatur.

Es ist jedenfalls mehr als plausibel aus diesem Land, wenn möglich, zu fliehen. Filimon beschreibt diese Flucht in den folgenden Kapiteln. Die Überschriften lassen erahnen, was darin im Einzelnen beschrieben wird, z. B. "Mein Weg durch die Wüste", "In der libyschen Hölle" und "Das Massaker im libyschen Gefängnis".
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In einem weiteren zehnseitigen Exkurs geht es dann um „Libyen - vom Bürgerkrieg zerrissen“. Bis heute gibt es keine einheitliche Regierung. Verschiedene Interessengruppen unterstützen die verfeindeten Lager mit Waffen und z. T. mit Söldnern. IS, verschiedene Dschihadistengruppen, örtliche Milizen kontrollieren jeweils kleinere und größere Gebiete.

Unter der Überschrift „In der Gewalt der Dschihadisten“ beschreibt Filimon diese ganz besonders grausame Etappe seiner Flucht. Die Internierung im Lager war schon grausam genug, aber dann überfallen Dschihadisten das Lager und Filimon und andere werden entführt. Man zwingt ihn, einen orthodoxen Christen, unter Folter zum Islam zu konvertierten. Bei einer günstigen Gelegenheit kann er entfliehen, landet aber wieder in dem Lager, aus dem ihn die Dschihadisten entführt hatten.

Im Buch folgt noch ein achtseitiger Exkurs zu den Themen Libyen, Europa und die Flucht über das Mittelmeer. Die europäische Politik, die versucht, mit fragwürdigen Verhandlungspartnern die Flucht über das Mittelmeer zu verhindern und so schwere Menschenrechtsverletzungen ermöglicht, muss dringend nach anderen Lösungen suchen.

Noch einmal gelingt es Filimon über telefonische Kontakte von Verwandten Geld für Schlepper zu organisieren. Sie bringen ihn trotz aller Kriegsereignisse nach Tripolis. Einige Zeit muss er hier mit anderen noch warten. Dann gelangt er auf ein altes Fischerboot und wird schließlich von der italienischen Marine an Land gebracht. Da er nicht in Italien bleiben will, geht die Flucht weiter und er gelangt schließlich nach München.

Die beiden letzten Kapitel des Buches sind mit “Mein Leben in Deutschland“ und “Meine Zukunft in Deutschland“ überschrieben. Nach schlechten Erfahrungen in Heimen darf Filimon zu Pflegeeltern ziehen. Trotz deren Hilfe gelingt es ihm erst nicht, mehr als einen subsidiären Schutz zu erreichen. Eine Odyssee durch die verschiedenen Ämter und andere widrige Umstände wie Schwierigkeiten mit Dolmetschern und Nichtanerkennung von Papieren folgen. Er erlebt Racial Profiling, wird also immer wieder von Polizisten ohne ersichtlichen Grund kontrolliert und entwürdigend behandelt. Es dauert bis 2019, dann erst wird Filimon als Flüchtling anerkannt. Nun erhält er einen deutschen Pass und kann reisen.

Mit seinem Buch reist der Autor zusammen mit seinem Co-Autor durch Deutschland und Österreich zu Lesungen und hält Vorträge, einmal sogar vor dem Europa-Parlament. Er rappt auf einem YouTube-Kanal und setzt sich für Fluchtretter ein.

Die im Buch geschilderten grausamen Erlebnisse sind schwer zu ertragen. Das Geschehene aufzuschreiben war für Filimon, wie anfangs im Buch erwähnt, auch eine wichtige Therapie, um Erlebtes zu verarbeiten. Seine Zukunft sieht er auch darin, sich für sichere Fluchtrouten einzusetzen. Gerade Jugendliche wird das Buch sicher anregen, die Situation Geflüchteter besser zu verstehen. Als Klassenlektüre ist es in jedem Fall zu empfehlen.

Anmerkung

In der Reihe Lesen-Verstehen-Lernen im Unterricht „Ich will doch nur frei sein“, erhält man dafür weitere Unterstützung. Auch als Download unter www. Beltz.de/lehrer verfügbar.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von arkr; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 24.10.2023

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